Stuttgart Die Präsidentin des Obersten Gerichts in Polen, Malgorzata Gersdorf (66), hat am Samstag in Stuttgart für ihren Einsatz für die Demokratie den diesjährigen Preis der Theodor-Heuss-Stiftung erhalten. Die Juristin habe Standhaftigkeit, Mut, Klarsicht und Zivilcourage bewiesen, teilte die Stiftung mit. Sie sei ein Vorbild. Als oberste Richterin verteidige sie Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung, Minderheitenschutz, Fairness in der öffentlichen Debatte und die Freiheit der Medien.
Die Richterin, seit 2014 Präsidentin des Obersten Gerichts, hatte sich 2018 mit Erfolg einer per Gesetz erzwungenen vorzeitigen Pensionierung widersetzt. Aus ihrer Sicht verstieß eine entsprechende JustizÂreform der nationalkonservativen Regierung gegen die Verfassung – und obwohl „pensioniert“, erschien Gersdorf weiterhin an ihrem Arbeitsplatz. Sie begründete ihr Tun mit dem Eid auf die Verfassung. „Ich konnte nicht anders, ich musste so handeln“, sagte Gersdorf. Dass die Regierung Polens letztlich eingelenkt habe, stimme sie optimistisch, sagte die Richterin. Für sie seien die Vorgänge „nur eine dunkle Wolke“.
Ex-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger rief in ihrer Laudatio zu mehr Verfassungspatriotismus angesichts rechtspopulistischer Tendenzen in Europa auf. „Eine wehrhafte Verfassung entbindet uns nicht davon, dass sie auch wehrhafter Demokraten bedarf.“ Sie plädierte für mehr Verantwortung zur Sicherung der Demokratie, „wenn wir nicht als Versager in die Geschichte eingehen wollen“. Der nach dem ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss benannte Preis wird seit dem Jahr 1965 vergeben.