Von Jutta Rieger-Ehrmann
Backnang. Ein junges Paar ist beschuldigt worden, im Herbst des vergangenen Jahres auf einem Feldweg das Fahren geübt zu haben, wobei die 19-jährige Fahrerin keinen Führerschein besaß. Ihr wurde vor dem Amtsgericht in Backnang daher das vorsätzliche Fahren ohne Fahrerlaubnis vorgeworfen. Ihr 29-jähriger Lebensgefährte und Beifahrer, der im Besitz eines Führerscheins ist und mit dessen Auto die „Fahrübung“ auch stattfand, musste sich wegen des Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis verantworten.
Beim Anblick der Polizei flüchten sie
Beide Angeklagten bestätigten den Vorfall vor Gericht und gaben als Begründung an, dass sie „halt ein bisschen üben wollten“, um die Kosten für die Fahrschule zu reduzieren. Als sich ein Polizeiauto näherte, hätten sie es mit der Angst zu tun bekommen und seien auf die Landstraße gefahren, um „weniger aufzufallen“. Dort wurden sie jedoch angehalten und kontrolliert. Die Frage, warum sie nicht auf einem Verkehrsübungsplatz gefahren seien, konnten sie nicht wirklich beantworten.
Die 19-Jährige ist zurzeit arbeitssuchend, hat aber konkrete Pläne für die nahe Zukunft. Sie möchte im Herbst ihre Ausbildung zur tiermedizinischen Fachangestellten wieder aufnehmen und in der Zwischenzeit ein Fernstudium zur Ernährungsberaterin für Hunde und Katzen absolvieren.
Da sie zum Zeitpunkt des Geschehens Heranwachsende war, kam bei ihr das Jugendstrafrecht zur Anwendung. Auch die Tatsache, dass sie von staatlicher Unterstützung und von ihrem Partner, mit dem sie eine Wohnung teilt, finanziell abhängig ist, sprachen dafür. Somit wurde das Verfahren gegen die Angeklagte, die bisher noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, gegen Auflagen eingestellt. Sie muss innerhalb eines Monats an einer Verkehrserziehungsmaßnahme teilnehmen und im Lauf von zwei Monaten 20 Stunden soziale Arbeit ableisten. Der Richter legte ihr ans Herz, die Formalitäten für Studium und Ausbildung baldmöglichst zu erledigen.
Etwas anders sah es bei dem Angeklagten aus. Für ihn galt das Erwachsenenstrafrecht. Er war auch kein „unbeschriebenes Blatt“ mehr, der Richter nennt verschiedene Einträge im Bundeszentralregister, darunter auch einen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Außerdem hatte er im Zusammenhang mit einer früheren Ermittlung seinen Führerschein abgegeben und diesen erst nach einer MPU (Medizinisch-Psychologischen Untersuchung) zurückerhalten, weswegen der Richter bei ihm einen „etwas lockeren Umgang mit dem Thema Fahrerlaubnis“ konstatierte.
Auf den Führerschein angewiesen
Der Angeklagte arbeitet als Gärtner und macht auf diesem Gebiet eine Weiterbildung. Er ist beruflich auf den Führerschein angewiesen, da er im Rahmen seiner Tätigkeit häufig Kunden besuchen muss. Die Beweisaufnahme war damit abgeschlossen, auf die Aussage eines Zeugen konnte verzichtet werden.
Unter Berücksichtigung aller Umstände wurde der 29-Jährige zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 30 Euro und dem Entzug der Fahrerlaubnis für einen Monat verurteilt. Er trägt zudem die Kosten des Verfahrens. In seiner Begründung führte Richter Florian Bollacher aus, dass das Urteil zwar ein „Denkzettel“ sein soll, ein längeres Fahrverbot und ein damit einhergehender möglicher Jobverlust jedoch nicht verhältnismäßig gewesen wären. Es werden keine Rechtsmittel eingelegt. Somit ist das Urteil rechtskräftig.