OB Frank Nopper und Kämmerer Thomas Fuhrmann (beide CDU) fordern im Verwaltungsausschuss die Stadträte zu sparsamem Haushalten auf. Die Fraktionen sind bereit, bleiben aber gelassen.
Im Rathaus ist eine Spardiskussion entbrannt. Die Einnahmen brechen ein, die Ausgaben steigen.
Von Jörg Nauke
Stuttgart - Der Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) hat bei der Einbringung des wegen einer extrem negativen Einnahmeprognose nötigen Nachtraghaushaltsplans für dieses Jahr (und informell der Finanzplanung bis 2028) die Lage als „sehr ernst“ beschrieben. Sein Finanzbürgermeister, Parteifreund Thomas Fuhrmann, verstieg sich darauf zur Behauptung, die Situation der bisher schuldenfreien Landeshauptstadt sei sogar „noch dramatischer“ als vermutet. Zum Glück waren in den vergangenen Jahren schwarze Zahlen geschrieben worden, sodass noch Geld in der Kasse ist – aber wohl nicht mehr lange.
Sollte der Gemeinderat in den Gesprächen über die Zukunft der Stadt – was als gesichert angenommen werden kann – nicht dem Vorschlag von AfD-Stadtrat Steffen Degler folgen, der es für geboten hält, dass man wie Donald Trump und sein milliardenschwerer Helfershelfer Elon Musk mit der Kettensäge durch die Verwaltung zieht, Strukturen zerstört und Personal rauswirft, so wird vom Gremium erwartet, dass es nun den Ernst der Lage erkannt hat.
Im Verwaltungsausschuss haben die meisten Stadträte bei der Einbringung des Nachtragshaushalts zu erkennen gegeben, dass sie in diesem Jahr noch davon ausgehen, mit einem blauen Auge davonzukommen. Das war auch schon die Haltung im Dezember, als sie die von der Verwaltung geforderte hauswirtschaftliche Sperre ablehnten, weil es schon nicht so schlimm kommen würde wie von den Skeptikern an der Rathausspitze vorhergesagt.
Um für die Zukunft die Bilanz in Ordnung zu bringen, benötige man Informationen, hieß es in der Sitzung. Die Abstimmung über den Nachtragshaushalt findet erst in zwei Wochen statt. Dazu zählt eine Liste der geplanten Bürobauten, die die Verwaltung anmietet, angemietet hat oder zu bauen plant. Vor allem aber richtet sich das Interesse auf die Liste von Investitionen, die OB Nopper am nächsten Donnerstag präsentieren wird. Er wird sie bis dahin nicht nur vervollständigen, sondern auch priorisieren müssen, was sich bei einer Summe von drei bis vier Milliarden Euro auch anbietet. Eine Kontroverse ist sicher, da sich darunter Kulturprojekte befinden, die sich als „nice to have“ betrachten lassen, aber auch als zwingend notwendig wie die Opernsanierung oder eine neue Schleyerhalle.
Der Gemeinderat hat bisher als Zeichen des guten Sparwillens lediglich die globale Minderausgabe – ein dünner Strich mit dem Rotstift auf allen Ausgabenbelegen – von 20 auf 49 Millionen Euro erhöht. Ein Tropfen auf den heißen Stein: Kämmerer Fuhrmann teilte mit, dass bei Umsetzung der bisherigen Planung innerhalb von vier Jahren die Rücklagen um 2,9 Milliarden Euro vermindert würden. Weil gleichzeitig 3,1 Milliarden investiert werden sollen, wären vier Milliarden Euro Kredite nötig. So ein Vorhaben würde das Regierungspräsidium als Rechtsaufsichtsbehörde niemals genehmigen – daraus resultiert ein erheblicher Kürzungsbedarf.
Die Verbesserung der Ergebnishaushalte, darin sind die Einnahmen und Ausgaben der Stadt berücksichtigt, habe „oberste Priorität“. Mehr Geld zu kassieren, ist aber schwer, weil sich etwa die Erhöhung der Grundsteuer verbiete – der Stadtkämmereichef Jürgen Vaas berichtet von Tausenden Beschwerden nach der erfolgten Reform. Die von Stadtrat Hannes Rockenbauch (Die Linke/SÖS+) angedeutete Gewerbesteuererhöhung stieß bei Rose von Stein (Freie Wähler) auf Widerspruch. Davon wären auch Kleinbetriebe betroffen, denen es jetzt schon schlecht gehe.
CDU-Fraktionschef Alexander Kotz sagte, eine Kürzung der Budgets und Zuschüsse mit Verweis auf eine Kreditermächtigung von 649 Millionen Euro wäre bei den Vereinen und Organisationen schlecht angekommen, da er damit rechne, dass die Darlehen bis Jahresende nicht in Anspruch genommen würden. Petra Rühle (Grüne) ist sich darüber im Klaren, dass sich die sehr positiven Jahresabschlüsse, die stets deutlich über der Prognose lagen, auch angesichts der kriselnden Wirtschaft so schnell nicht wiederholen ließen. „Sparen wird nötig sein, aber nicht kaputtsparen“, sagte sie.
Die Fraktionsvorsitzende verwies aber auch auf die „Bugwelle“ an beschlossenen und durchfinanzierten Projekten, die auf ihre Realisierung warten würden. „Geld ist genug da“, meint auch Rockenbauch. Es stelle sich nur die Verteilungsfrage. Nötig sei eine funktionierende Verwaltung und Investitionen in soziale Teilhabe und den Klimaschutz. Wie die Kollegen glaubt er, „für 2025 die Dramatik herausnehmen zu können“. Für die Folgejahre müsse man aber handeln.