Düsseldorf /DPA - Um 21 Uhr schlagen die Fahnder zu: 1300 Polizisten rücken am Samstagabend zeitgleich im Ruhrgebiet zu einer groß angelegten Razzia gegen Clankriminalität aus. In Dortmund, Essen, Gelsenkirchen, Recklinghausen, Bochum und Duisburg durchsuchen Beamte bis in die Morgenstunden über 100 Shisha-Bars, Spielhallen, Diskotheken und Teestuben. Die Betreiber trifft der Einsatz besonders – am Wochenende sind viele Lokale gut besucht.
Das nordrhein-westfälische Innenministerium spricht von der größten Razzia gegen kriminelle Clanmitglieder in der Geschichte des Bundeslandes. Insgesamt seien mehr als 1500 Menschen kontrolliert worden, teilte das Ministerium am Sonntag mit. 14 Menschen wurden demnach festgenommen und über 100 Strafanzeigen erstattet. Hunderte Kilogramm unversteuerter Tabak, zehn Waffen wie verbotene Messer und Teleskopschlagstöcke und einige Tausend Euro Bargeld seien sichergestellt worden. Die Behörden schlossen 25 Betriebe wegen Baurechts- oder Hygienemängeln.
Die Beamten gingen nach eigenen Angaben dem Verdacht der Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit nach. „Der Einsatz zeigt, dass manche Clanmitglieder sich offenbar systematisch über Recht und Gesetz hinwegsetzen“, erklärte Innenminister Herbert Reul (CDU). In NRW gelte „nicht das Gesetz der Familie, sondern das Gesetz des Staates“. Reul war unter anderem bei den Aktionen in Bochum, Duisburg und Essen vor Ort. Unterstützt wurde die Polizei von Hunderten Mitarbeitern etwa von Zoll, Finanzbehörden, Ordnungsamt und Staatsanwaltschaften. Der Einsatz richte sich auch gegen die organisierte und die Bandenkriminalität, hieß es im Vorfeld. Zudem gab es über 800 Verkehrskontrollen. Auch in anderen Städten wie Mülheim, Witten und Herne liefen Maßnahmen.
Reul hatte die Bekämpfung der Clankriminalität zuletzt als große Herausforderung für die Sicherheitsbehörden bezeichnet. Das Treiben von rund 50 Clans in NRW, darunter türkisch- und libanesischstämmige, besorge ihn „extrem“, sagte Reul im Dezember. „Sie erheben den Anspruch zu bestimmen, was auf der Straße passiert. Das ist ein frontaler Angriff auf den Rechtsstaat.“ NRW fährt laut Reul eine Strategie der „1000 Nadelstiche“, mit gemeinsamen Razzien von Polizei, Gesundheitsämtern, Steuer- und Zollfahndern. „Wir schaffen Unruhe und signalisieren: Ihr könnt nicht machen, was ihr wollt.“ Besonders im Ruhrgebiet hatte es zuletzt Durchsuchungen gegeben.
Die deutsche Polizei geht immer wieder – und zuletzt verstärkt – gegen Clans und Mafia-Organisationen vor. Anfang Dezember hatten Ermittler bei Großrazzien gegen die italienische Mafia-Organisation ’Ndrangheta in Deutschland und anderen Staaten fast 90 Verdächtige festgenommen. Dabei ging es um Drogenhandel und Geldwäsche.
Im Juli und August war die Berliner Polizei mit einem Großaufgebot gegen kriminelle Mitglieder arabischstämmiger Großfamilien vorgegangen. Beamte durchsuchten Wohnungen und andere Objekte, es gab Festnahmen. Hintergrund auch dieser Razzia: der Verdacht des Drogenhandels im großen Stil.