Für die Mähdrescher bot die trockene Zeit Anfang Juli in der Region gute Bedingungen. Archivfoto: Alexander Becher
Von Lorena Greppo
Rems-Murr. Die Getreideernte ist in weiten Teilen des Rems-Murr Kreises abgeschlossen, teilt der Bauernverband Schwäbisch Hall/Hohenlohe/Rems mit. Das wäre vor einigen Jahren zu diesem Zeitpunkt vermutlich noch ungewöhnlich gewesen. Inzwischen verwundert es wohl kaum noch. „Generell ist im Zuge des Klimawandels ein Vorsprung in der Vegetation und damit auch dem Erntezeitpunkt im Vergleich zu den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zu beobachten“, teilen die Verantwortlichen des Landwirtschaftsamts des Rems-Murr-Kreises auf Nachfrage mit. Dabei hat es im Frühjahr noch gar nicht danach ausgesehen: Die feucht-kühle Witterung hielt bis etwa Mai an, ehe sie von einer trockenen, warmen Phase abgelöst wurde, welche wiederum bis vor Kurzem anhielt.
Das Ergebnis ist für die Landwirte je nach Standort und Kultur sehr unterschiedlich. Das Landwirtschaftsamt erkennt als Tendenz, dass frühe Getreidearten wie die Wintergerste von der Frühjahrsfeuchte profitiert haben. „Hier waren die Erträge durchschnittlich bis vereinzelt auch leicht überdurchschnittlich.“ Spätere Getreidearten wie Sommergerste und Hafer haben hingegen stärker unter der Sommertrockenheit gelitten. Aufgrund der fehlenden Niederschläge seien die einzelnen Körner teilweise deutlich kleiner geblieben. „Dort, wo der Boden die Feuchtigkeit aus dem Frühjahr gut halten konnte, sind aber auch hier die Erträge entsprechend gut“, teilt die Behörde mit.
Für Landwirt Stefan Wieland aus Oppenweiler-Schiffrain lief es beispielsweise nicht gerade reibungslos. Bei der Wintergerste lag der Ertrag im Durchschnitt für die sandigen Böden im Ort. Doch „der Winterweizen ist bei uns vertrocknet, theoretisch hätte man ihn bereits mit der Gerste ernten können“, sagt Stefan Wieland. Er brachte demnach nur einen schlechten Ertrag in diesem Jahr.
Gute Bedingungen für den Mähdrescher
Anders sieht es im Süden Backnangs aus: Im Stiftsgrundhof von Denis Schwaderer und seiner Familie wurden 70 Dezitonnen pro Hektar Gerste und zwischen 70 und 90 Dezitonnen pro Hektar Qualitätsweizen vom Halm geholt – beides gute Durchschnittswerte. Die Eiweißgehalte bei Letzterem lagen allerdings bei mäßigen 11,1 bis 12,7 Prozent. Die Strohmenge war in diesem Jahr besonders hoch, berichten Schwaderers, das sorgt für viele Extraballen.
Ein positives Fazit zieht auch Peter Treiber aus Fellbach-Schmiden. Sein Familienbetrieb im Osten Stuttgarts hatte in dieser Saison Weizen und Winterdurum (also Hartweizen) angebaut. „Die Ernte war zum Teil überdurchschnittlich“, resümiert der Fellbacher. Lediglich an schlechten Standorten, an denen das Wasser fehlte, war der Ertrag etwa zehn bis 15 Prozent geringer als im Mittel der vergangenen Jahre. Die sehr warmen Tage Anfang Juli haben dem Mähdrusch gute Bedingungen gegeben. Die Druschtage liefen ohne große Unterbrechungen. Unkraut bei der Ernte machte dem Mähdrescher in diesem Erntesommer auch keine Probleme. Auch die Preise, für die Peter Treiber seinen Weizen vermarktete, lagen mit 20 bis 22 Euro für 100 Kilogramm im Durchschnitt. Doch „für die hohen Kosten, die wir beim Dünger hatten“, hätte ein besserer Getreidepreis gutgetan.
Beim Blick in den Obstbau wird es noch spannend. Für die späteren Kernobstbestände von Martin Körner aus Backnang kam der Regen der vergangenen Tage gerade noch rechtzeitig. In etwa anderthalb Wochen wird er die bewässerten Frühäpfel ernten können. Die lange Trockenphase hatte jedoch auch Vorteile für den Obstbauern, nämlich vor allem was das Schädlingsaufkommen angeht. Die Kirschessigfliege machte in diesem Sommer kaum Probleme, „sodass die hängende Ernte weitestgehend verkaufsfähig war“, bilanziert Martin Körner. Auch die Platzverluste waren durch die trockene Witterung gering. Ein weiterer Pluspunkt: Pilzerreger wie der Grauschimmel machten wenig Probleme, was wiederum für hohe Qualitäten sorgte, stellt der Obstbauer mit Freude fest.
Zitterpartie bei den Maisbeständen
Für weitere Feldfrüchte zieht das Landwirtschaftsamt ebenfalls eine gemischte Bilanz: Beim Raps etwa seien gute, durchschnittliche Erträge erzielt worden. Beim Mais hingegen seien die Auswirkungen des feuchten Frühjahrs und der anschließenden Trockenheit am deutlichsten. Die Aussaat sei aufgrund der anhaltenden Niederschläge deutlich verspätet gewesen und fand teilweise unter erschwerten Bedingungen statt, sodass die Maisbestände teilweise schlecht aufgelaufen sind. „Die anschließende Trockenphase hat dann das weitere Wachstum gebremst, sodass die Bestände durchschnittlich eine niedrigere Wuchshöhe und damit geringere Masseerträge aufweisen als üblich.“ Wie sich die aktuelle Regenphase auf die Ausbildung der Kolben und damit auf die Qualität beziehungsweise den Energiegehalt (sei es für Futter oder Biogas) auswirkt, bleibe abzuwarten.
Im Grünland gab es durch das nasse Frühjahr einen sehr ertragreichen ersten Schnitt. Anschließend blieb das Wachstum aufgrund der Trockenheit nahezu aus und viele Betriebe befürchten bereits eine Futterknappheit. „Daher ist der aktuell einsetzende Regen sehr wichtig und könnte hoffentlich noch für eine gewisse Entspannung bei den Grassilageerträgen sorgen“, so die Behörde.
Fälle Im Zusammenhang mit der extremen Trockenheit gab es in diesem Jahr vermehrt Flächenbrände (Stoppelfelder und teilweise stehende Getreidebestände), teilt das Landwirtschaftsamt Rems-Murr mit. Am 22. Juli brannte in Backnang-Steinbach ein Stoppelfeld und auch in benachbarten Landkreisen gab es einige Vorkommnisse dieser Art.
Ursachen Die Auslöser sind oft nicht abschließend bestimmbar, können aber unter anderem auf technische Defekte beziehungsweise Überhitzung der Erntemaschinen sowie auf Unachtsamkeit von Dritten (etwa durch weggeworfene Zigarettenkippen) zurückzuführen sein.