dpa/lsw Pforzheim. Die Südwest-AfD beschäftigt sich bei ihrem Parteitag vor allem mit sich selbst. Der Riss durch den Landesverband ist tief, die Mitglieder sind frustriert. Die Machtfrage bleibt ungeklärt.
Bernd Gögel, Vorsitzender der AfD Baden-Württemberg, spricht beim 14. Landesparteitag der AfD Baden-Württemberg. Foto: Uli Deck
Nach heftigen Auseinandersetzungen auf dem Parteitag der baden-württembergischen AfD in Pforzheim bleiben die Fronten im Landesvorstand verhärtet. Abstimmungen über Abwahlanträge und lange Debatten brachten am Samstag keine Lösung des Machtkampfes. Der Landesvorsitzende, Bernd Gögel, sagte, wenn man keinen Weg finde im Vorstand, mit dem alle Mitglieder leben könnten, dann müsse der gesamte Vorstand zurücktreten. Bis zur Kreissprechertagung in sechs Wochen gebe es noch Möglichkeiten, Lösungen zu finden.
Der zweitägige Parteitag steht im Zeichen einer heftigen Schlammschlacht im Vorstand. Die Mehrheit von sieben Vorstandsmitgliedern um AfD-Landeschef Gögel steht dabei gegen den Co-Sprecher Dirk Spaniel und Schatzmeister Frank Kral. Seit Tagen kursieren Dokumente und Erklärungen, in denen sich beide Seiten üble Vorwürfe machen. Es geht um Intrigen, eine Schmäh-Mail, rüden Umgangston, um zu hohe Telefonrechnungen und Alleingänge.
Gögels Kontrahent Spaniel machte am Samstag deutlich, dass eine weitere Zusammenarbeit im derzeitigen Landesvorstand für ihn nicht mehr in Frage kommt. „Wir werden die Abwahlanträge und den Rücktritt des Vorstands zu einem anderen Zeitpunkt erleben“, sagte er. „Ich kann mir ein Arbeitsverhältnis, wie es momentan in der Landesgeschäftsstelle existiert, aufgrund des vollkommen nicht mehr vorhandenen Vertrauens einfach nicht mehr vorstellen.“
Am Samstag kam es weder zur Abwahl noch zum Rücktritt von Vorstandsmitgliedern, aber zu einer üblen Schlammschlacht. Die rund 550 Mitglieder lieferten sich über zehn Stunden heftige Wortgefechte. Zahlreiche Anträge und eine lange Aussprache über die Krise im Vorstand brachten keine Lösung. Der Parteitag lehnte einen Antrag zur kompletten Abwahl des Vorstands und Neuwahlen ab.
Die Mitglieder stimmten aber auch für die Nichtbefassung von Abwahlanträgen gegen Spaniel und Kral. Wie der Machtkampf ausgeht, ist offen. Spaniel bot unter großem Applaus seinen Rücktritt an, wenn alle anderen Vorstandsmitglieder auch zurücktreten würden. „Dieser Vorstand ist nicht arbeitsfähig“, sagte er.
„Das ist für mich der traurigste Tag, seit ich in AfD eingetreten bin“, sagte AfD-Vorstandsmitglied Marc Jongen. Die Gräben seien zu tief, der Streit in Pforzheim habe zu nichts geführt, bilanzierte Vorstandsmitglied Thilo Rieger. Man wolle bis zur Kreissprechertagung in sechs Wochen sehen, ob sich der Vorstand noch zusammenraufen könne. Ansonsten müsse der komplette Vorstand zurücktreten und ein Parteitag ein neues Führungsgremium wählen.
Gögel und Spaniel waren erst beim Landesparteitag in Heidenheim Ende Februar in den Vorstand gewählt worden. Unmittelbar nach der Europa- und Kommunalwahl drang ein heftiger Streit im Landesvorstand an die Öffentlichkeit. Die Vorstandsmitglieder um Gögel machen Kral und dem Co-Landesvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Spaniel schwere Vorwürfe - etwa, dass sie Falschbehauptungen verbreiteten, die Landesgeschäftsstelle unter ihre Kontrolle bringen und ihnen nicht genehme Beschäftigte loswerden wollten. Spaniel und Kral weisen die Vorwürfe zurück, sprechen von Verleumdung und einer Intrige.
Gögel rief die Partei zur Geschlossenheit auf. Er sagte mit Blick auf seine Gegner zu Beginn des Parteitags, er sei bereit für eine Zusammenarbeit ohne Vorbelastungen. Die Partei müsse einen Weg finden, wie alle Gruppierungen zusammenarbeiteten. „Eine Abwahlorgie bringt uns nicht weiter.“ Es gehe bei dem eskalierenden Konflikt auch nicht um die Auseinandersetzung über den politischen Kurs.
Spaniel beklagte hingegen eine „Selbstbedienungsmentalität“ in der Landesgeschäftsstelle. Der ordnungsgemäße Umgang mit Parteigeldern sei keine Petitesse. Er werde die Machenschaften nicht decken. Wer die Debatte über Facebook oder die Medien führe, „der versündigt sich an den Idealen der Partei“. Spaniel nannte die vergangenen Tage schockierend und katastrophal für die Partei.
Unter den Mitgliedern war viel Frust zu spüren am Samstag. „Wenn wir so weiter machen, lösen wir uns selber auf“, sagte ein Parteimitglied. Wenn jeder Parteitag den Vorstand in Frage stelle, sei man nichts anderes als die Piratenpartei, sagte ein anderes.Nach langer Debatte ging der Parteitag am Abend zur normalen Tagesordnung über - mit der Wahl eines noch fehlenden Mitglieds in den Landesvorstand: Am Sonntag kommt es zur Stichwahl zwischen dem Landtagsabgeordneten Rainer Balzer, der 154 Stimmen erhielt, und Alfred Bamberger aus dem Kreisverband Pforzheim, der 110 Stimmen auf sich verbuchen konnte. Am Sonntag will der Parteitag außerdem Landesschiedsgericht, Rechnungsprüfer und Konventsdelegierte wählen.