Michael Buck zeigt auf einen kleinen schwarzen Punkt auf dem Drohnenbild. Dort befindet sich eine Wärmequelle, in diesem Fall ein deponiertes Wärmekissen. Im Seuchenfall will das Veterinäramt auf diese Weise infizierte Wildschweine finden. Fotos: Alexander Becher
Von Kornelius Fritz
Backnang. „Noch etwa drei Meter. Stopp! Jetzt links. Folgt dem Pfad. Noch ein Meter. Da müsste es sein.“ Per Funk dirigiert Jürgen Weber seine Kollegen im Wald. „Wir haben es“, kommt kurz darauf die Bestätigung aus seinem Walkie-Talkie. Wenig später kehren Stefanie Schwarz und Wolfgang Zinßer aus dem Wald zurück. Sie haben einen pinkfarbenen Gegenstand dabei, der an eine Frisbeescheibe erinnert. Es handelt sich um ein Wärmekissen, das in der Mikrowelle erhitzt wurde. Für den Test hatten es die Kollegen zuvor im Wald deponiert.
Auf einem Feld am Waldrand haben Jürgen Weber und Michael Buck einen batteriebetriebenen Monitor aufgebaut. Die beiden sind Mitarbeiter im Vermessungsamt des Landkreises. Die Aufnahmen, die sie auf ihrem Bildschirm sehen, stammen von einer kleinen Drohne, die Buck per Fernbedienung in 50 Metern Höhe über den Baumwipfeln schweben lässt. Sie ist mit einer Wärmebildkamera ausgestattet, die Temperaturunterschiede darstellt.
Das Wärmekissen ist dabei als schwarzer Punkt in der grau dargestellten Landschaft deutlich zu erkennen. Auch die Kollegen des Suchtrupps sind auf dem Monitor gut zu sehen. So ist es nicht allzu schwierig, sie zu der vermuteten Fundstelle zu lotsen. Der Drohnentest ist geglückt.
Seuche lässt sich bei Wildschweinen nur schwer eindämmen
Das „Geländespiel“, das gestern im Backnanger Plattenwald stattfand, hat einen ernsten Hintergrund: Von Osteuropa aus breitet sich die Afrikanische Schweinepest (ASP) seit zwei Jahren auch in Deutschland aus (siehe Infotext). Betroffen sind bislang vor allem Regionen in Ostdeutschland, doch im Mai dieses Jahres gab es auch einen ersten Fall in Baden-Württemberg, in einem landwirtschaftlichen Betrieb im Landkreis Emmendingen. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass die Schweinepest irgendwann auch den Rems-Murr-Kreis erreichen wird. „Darauf bereiten wir uns vor“, sagt Sonja Ruffer, die im Veterinäramt des Kreises für die Tierseuchenbekämpfung zuständig ist. Bereits vor Monaten wurde im Landratsamt eine Sachverständigengruppe gegründet, in der neben Tierärzten auch Förster, Jäger und Landwirte sitzen.
Das Problem bei der Schweinepest sei, dass die Krankheit sowohl Haus- als auch Wildschweine befällt, erklärt Ruffer. Lässt sich die Ausbreitung bei Ersteren durch Notschlachtungen und eine Abschottung betroffener Betriebe noch relativ gut verhindern, ist das beim sogenannten Schwarzwild wesentlich schwieriger. „Da können wir keine Stalltür zumachen“, verdeutlich Ruffer. Und die Tiere seien sehr mobil. In einer Nacht legten sie Strecken von bis zu vier Kilometern zurück.
Zu den wichtigsten Schutzmaßnahmen gehört es deshalb, infizierte Tiere, die an dem Virus verendet sind, möglichst schnell aufzuspüren, ehe sich Artgenossen anstecken können. Das ist mithilfe speziell ausgebildeter Kadaversuchhunde möglich oder eben mit einer Drohne. Für rund 5000 Euro hat das Landratsamt deshalb ein Fluggerät mit Wärmebildkamera angeschafft.
Die Steuerung übernimmt ein Team vom Vermessungsamt, das aus seinem Bereich bereits Erfahrungen mit Drohnenflügen hat und über die entsprechenden Lizenzen verfügt. In einer Stunde könne man ein Gebiet von etwa 16 Hektar Größe absuchen, schätzt Michael Buck. Das reicht natürlich nicht, um das Kreisgebiet flächendeckend zu überwachen, man werde die Drohnensuche aber ohnehin nur dann einsetzen, wenn es einen konkreten Verdacht auf Schweinepestfälle in einem bestimmten Gebiet gebe, erklärt Sonja Ruffer.
Würde etwa ein an ASP verendetes Wildschwein gefunden, könne man durch Drohnenflüge herausfinden, ob sich in der näheren Umgebung weitere Kadaver oder sterbende Tiere befinden. Allerdings funktioniert die Suche per Drohne nur, solange das Tier noch warm ist. Und wie gut die Bilder der Wärmebildkamera im Sommer sind, wenn die Temperaturunterschiede zwischen den Tieren und ihrer Umgebung geringer sind, ist auch noch nicht klar.
Auch die Jagd spielt eine Rolle
Die Drohne ist aber ohnehin nur einer von mehreren Bausteinen, auf die der Landkreis bei der Seuchenbekämpfung setzt. Bereits im vergangenen Jahr wurde in einer Übung bei Kaisersbach getestet, wie man betroffene Gebiete mit Elektrozäunen abschotten kann. Auch die Jagd spielt im Kampf gegen die Schweinepest eine Rolle, damit die Bestände nicht zu groß werden. Wichtig sei allerdings, dass die Jäger die Innereien der geschossenen Wildschweine nicht, wie es früher üblich war, als Futter für Fuchs und Dachs im Wald zurücklassen, sondern diese in extra dafür bereitgestellten Kühlcontainern entsorgen, erklärt Tierärztin Sonja Ruffer.
Schweinehalter können wiederum durch strenge Hygiene in ihren Ställen dazu beitragen, dass ihre Bestände von dem Virus verschont bleiben. Bei Tieren, die im Freien gehalten werden, ist laut Veterinäramt eine doppelte Umzäunung zu empfehlen, um einen direkten Kontakt zwischen Haus- und Wildschweinen auszuschließen.
Krankheit Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine Viruserkrankung, die nur Haus- und Wildschweine befällt und nicht auf den Menschen übertragen werden kann. Eine Impfung ist derzeit nicht möglich. Die gefährliche Tierseuche breitet sich seit einigen Jahren von Osteuropa auch in Richtung Westen aus. Die Erkrankung führt in nahezu allen Fällen zum Tod des Schweines innerhalb weniger Tage.
Übertragung Die Krankheit wird vor allem über den direkten Kontakt zwischen infizierten und nicht infizierten Tieren übertragen. Die Ansteckungsgefahr ist besonders hoch, wenn Schweine Kontakt zum Blut oder zum Kadaver eines infizierten Tieres haben. Darüber hinaus kann das Virus auch über verunreinigte Gegenstände, Lebensmittel oder kontaminiertes Futter übertragen werden. Selbst ein weggeworfenes Wurstbrötchen, das von einem Wildschwein gefressen wird, kann zu einer Infektion führen.
Quelle: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft