Das Wüstenbachtal war auch geprägt von Eschen. Doch das Eschentriebsterben machte umfangreiche Fällungen notwendig. Bäume waren zuvor zum Teil einfach so umgefallen. Foto: A. Becher
Von Ingrid Knack
Kirchberg/Burgstetten/Backnang. Zwischen Oktober und Februar ist die Zeit, in der Bäume gefällt werden dürfen. Groß angelegte Fällaktionen gab es beispielsweise im Backnanger Plattenwald und entlang eines Weges im Wüstenbachtal auf den Gemarkungen Kirchberg an der Murr und Burgstetten. Das Wüstenbachtal war in dem Bereich, in dem vor allem durch einen Pilz geschwächte Eschen wie aus dem Nichts auf den Weg zu fallen drohten, seit Sommer vergangenen Jahres gesperrt. Das bestätigte Ulrich Häußermann, stellvertretender Amtsleiter des Forstamts Backnang, auf Anfrage unserer Zeitung.
Um für Verständnis für die anstehenden Arbeiten rund um den Wüstenbach zu werben, wurden im Oktober 2021 Mitglieder der Gemeinderäte aus Burgstetten und Kirchberg, der Aktionsgemeinschaft Umweltschutz Kirchberg und interessierte Bürgerinnen und Bürger zu einem Vororttermin eingeladen. Sie konnten dabei mit Fachleuten aus dem Forstbereich sprechen. In Backnang fiel ein ähnlicher Termin der Coronalage zum Opfer. Doch wenn sich Gruppen für eine Besichtigung interessieren, können sie sich beim Forstamt melden.
Die Flächen gehören 25 Waldbesitzern, die meisten davon sind Privatleute
Die zu bearbeitende Fläche im Wüstenbachtal umfasste 70 Flurstücke, die 25 Waldbesitzern gehören. Zwei davon sind die Gemeinden Kirchberg und Burgstetten, die anderen sind Privatleute. Die Waldbesitzer werden im Auftrag des Landes vom Forstamt Rems-Murr unterstützt. „Wir haben keinen wirtschaftlichen Gewinn“, versichert Häußermann. Mit fälschlichen Unterstellungen, es werde nur Profit gemacht, muss er sich in solchen Fällen das eine oder andere Mal auseinandersetzen.
Hätte man die Aktion im Wüstenbachtal nicht auf mehrere Etappen aufteilen können? Diese Frage trug eine Leserin unserer Zeitung an uns heran. Ulrich Häußermann sagt dazu: „Ich kann nicht mal nur mit drei Flurstücken anfangen und dann erst in einem Jahr weitermachen. So bekomme ich die Verkehrssicherheit nie hin. Das heißt, ich komme nicht umhin, alles auf einmal in Angriff zu nehmen.“
Anders verhalte es sich bei den Pflegemaßnahmen im Plattenwald. „Da kann ich nach und nach vorgehen.“ Von einem fünf Hektar umfassenden Bestand wurden deshalb zunächst „nur“ drei Hektar bearbeitet. Dabei geht es darum, den Wald für die Zukunft fit zu machen. Der Mischwald wurde durchforstet. „Unsere Vorgänger haben dort sehr gut gepflanzt“, lässt Häußermann wissen. Sie setzten etwa auf die Eiche, die als klimastabile und klimatolerante Baumart gilt. Um zu erklären, was jetzt im Plattenwald gemacht wurde, richtet der Forstexperte zunächst den Blick zurück: Gepflanzt wurden dort vor Jahren viel mehr Bäume, als am Ende stehen bleiben dürfen. Und er nennt ein Beispiel: Im Extrem stünden anfangs einer Kulturphase 10000 Bäume auf einer bestimmten Fläche, am Ende seien nur noch 300 Bäume da.
Das ist so gewollt. Bei Pflegemaßnahmen wird ausgelichtet, damit die Zukunftsbäume, die im Plattenwald derzeit deutlich sichtbar mit weißen Ringen gekennzeichnet sind, Licht und Luft bekommen. Häußermann drückt es so aus: „Wir haben die Aufgabe, die klimastabilen Bäume herauszuselektieren. Das macht die Natur nicht alleine – das ist das, was wir im Plattenwald gemacht haben.“ Nur um die Zukunftsbäume herum sei in der Regel eingegriffen worden. „Wir müssen den Wald klimafit machen. Da muss man auch mal mit der Säge ran.“
In diesem Zusammenhang kommt Häußermann auf Zeitgenossen zu sprechen, die über Sperrungen hinwegsehen und dabei übersehen, dass sie sich in Lebensgefahr begeben. Oder es spielen sich Szenen wie diese im Plattenwald ab, bei der eine Bank dran glauben musste. Ein Rückeschlepperfahrer habe Spaziergängern ausweichen müssen, die auf der abgesperrten Fläche liefen. Dabei sei die Bank beschädigt worden, weiß der stellvertretende Forstamtsleiter.
Unverständnis zeigt eine Backnanger Bürgerin, die sich bei unserer Zeitung gemeldet hat, dass schwere Maschinen „den Wald kaputt machen und den Boden verdichten“. Der Einsatz der Rückepferde – wie unlängst im Plattenwald geschehen – sei nur Augenwischerei. Häußermann macht deutlich, dass es Standard sei, Pferde und Maschinen einzusetzen. Zum Stämme aufstapeln etwa sind die Pferde nicht geboren. Dafür und für so manchen anderen Arbeitsschritt werden Maschinen gebraucht. Diese bewegen sich laut Häußermann vorwiegend auf „historischen Gassen aus den 1970er-Jahren“, wo der Untergrund ohnehin schon verdichtet ist. „Deshalb ist es wichtig, dass man die Gassen dauerhaft markiert und immer wieder diese gleichen Gassen benutzt.“
Kein Verständnis hat Häußermann dafür, „wenn der Rückeschlepperfahrer oder die Rückemaschine angespuckt werden, die Leute sich fast vor die Maschine werfen, um diese aufzuhalten, und zu guter Letzt noch die Arbeiter beschimpfen, die einen sehr guten Job machen, und dann auch noch Reifen zerstechen. Da ist absolut eine Grenze überschritten. Das hat nichts mit einem fachlichen Austausch zu tun, den ich gerne mit der Bevölkerung machen möchte“.
Doch zurück ins Wüstenbachtal, das sich stark verändert hat und sehr viel offener, aber laut Häußermann „ökologisch nicht schlechter“ geworden ist. Neben den Eschen mussten auch Fichten im näheren Umfeld daran glauben, die nicht zukunftsfähig sind.
Im Wüstenbachtal gibt es nun einen kleinen Bannwald. Die natürlichen Zersetzungsprozesse haben fortan freien Lauf. Sowohl im Backnanger Plattenwald als auch im Wüstenbachtal werden die Wege noch gerichtet. Einladend werde es im Wüstenbachtal erst, wenn auch wieder der Bärlauch blühe, meint Häußermann, der zudem auf das Thema Neupflanzungen eingeht. In der Backnanger Bucht sollen in diesem Frühjahr fast 1000 neue Bäume gepflanzt werden. Darunter seltene heimische Baumarten wie der Speierling, die Elsbeere oder die Flatterulme.
Die privaten Waldbesitzer werden vom Forstamt bei den Neupflanzungen unterstützt, die vom Land Baden-Württemberg gefördert werden. Parallel dazu wird auf Naturverjüngung gesetzt.
Von Ingrid Knack
Werden irgendwo Bäume gefällt, sind auch diejenigen nicht weit, die sich darüber aufregen. Dass es Menschen nicht kalt lässt, wenn Eingriffe in die Natur gemacht werden, ist zunächst einmal positiv zu bewerten. Wer aber Sturm läuft gegen Fällaktionen, die zuvörderst dazu da sind, die Sicherheit von Passanten, Sportlern und Autofahrern zu gewährleisten, ist auf dem Holzweg. Wie gefährlich es sein kann, wenn kranke Bäume nicht beseitigt werden, zeigt ein Ereignis vom Dezember 2021 in Remseck im Landkreis Ludwigsburg. Eine rund 20 Meter hohe und etwa dreieinhalb Tonnen schwere Esche stürzte um und traf zwei Menschen, die in einer Gruppe von insgesamt elf Personen auf dem Neckarwanderweg im Stadtteil Neckarrems unterwegs waren. Die Feuerwehr musste die schwer verletzte 47-jährige Frau und den leicht verletzten 52-jährigen Mann befreien. Dass die Eschen hierzulande keine Zukunft haben, ist schon lange bekannt. Auch andere Baumarten halten dem Klimawandel nicht stand, der notwendige Umbau des Waldes ist bereits in vollem Gange. Was aber passiert mitten in dieser Transformation? Waldarbeiter werden mitunter bespuckt, verbal beleidigt oder die Autoreifen ihrer Pick-ups zerstochen. Auch im Forstamt Backnang ist man mit derlei Geschichten konfrontiert. Doch wehe, ein kranker Baum fällt um und es geschieht ein noch schlimmeres Unglück als in Neckarrems. Dann ist der Ruf nach Verantwortlichen, die gegen die Verkehrssicherungspflicht verstoßen haben könnten, sicher laut. In jedem Fall ist hier Kommunikation gefragt: Wie in Sachen Wüstenbachtal und Plattenwald angeboten, laden Forstämter Bürger zu Vorortbesichtigungen ein, bei denen sich Fragen klären lassen. Da erfährt man etwa, dass Gefahr im Verzug sein könnte, wenn nicht gleich alle kranken Bäume gefällt werden. Denn selbst an Wegsperrungen halten sich manche Leute nicht. Und dann wird’s lebensgefährlich.
i.knack@bkz.de