Spieldorado in luftigen Höhen

Sei es im Geäst eines Kirschbaums oder auf dem Stumpf einer gefällten Fichte: Baumhäuser bieten Kindern Raum für Abenteuer. Bis heute sind Baumhäuser beliebte Eltern-Kind-Projekte, wie diese drei Beispiele aus Backnang und Umgebung zeigen.

Spieldorado in luftigen Höhen

Philipp Drießen und sein Sohn Gustav (Bild links) haben für das Spielhaus einen Kirschbaum integriert. Die Hütte von Jonas, Janne und Emilia Mayer (von links) hockt auf einem Stumpf. Foto: A. Becher

Von Nicola Scharpf

BACKNANG. Viele Wege führen nach oben zu den Ästen und Blättern des hochgewachsenen, alten Kirschbaums. Über die Leiter, die Kletterwand oder die Rutsche gelangt der achtjährige Gustav in sein Reich, das er und sein Vater Philipp Drießen auf dem elterlichen Grundstück in Schöntal erschaffen haben. Von der Plattform des Baumhauses aus, in rund zwei Metern Höhe, wird der Garten zum Erlebnis. Die noch nicht reifen Kirschen hängen in greifbarer, kindgerechter Höhe. Die Gabelungen der Äste laden zum Noch-höher-Klettern und Ausschauhalten ein. Das dichte Grün der Blätter, auch der Bäume und Sträucher ringsum, bietet sichtschützende Verstecke.

Vor rund einem Jahr haben Vater und Sohn mit der Umsetzung ihrer Idee und des bereits angefertigten Planes, ein Baumhaus zu bauen, begonnen. Im Baustoffhandel haben sie Terrassenbohlen, Fichtenbalken, OSB-Platten und Dachpappe gekauft. Die Griffe für die Kletterwand hat Mutter Vanessa Binder gebraucht erstanden. Und der Opa hat seinem Enkel zum Geburtstag geschenkt, dass er ihm eine Rutsche für sein Baumhaus anfertigt – mit Rutschfläche aus Blech vom Spengler. Denn keine Standardspielrutsche hatte die richtige Länge und wollte passen, um darauf von der Hütte in luftiger Höhe eine Etage tiefer auf die Wiese zu sausen. Eine Schaukel für die zweijährige Gwendoline ist genauso vorhanden wie eine Hängematte für Relaxmomente.

Die Konstruktion, mit biologischer Holzlasur zweimal gestrichen, steht auf Stelzen, die fest im Boden verankert sind. Der Kirschbaum ist durch ein ausgesägtes Loch in der Plattform zwar integriert, trägt aber kein Gewicht. Den Eltern war wichtig, den Baum durch den Bau des Spielhauses so wenig wie möglich zu beschädigen. Ein paar Äste mussten zwar weichen, aber bewusst haben sie darauf verzichtet, Nägel in das Kirschholz einzuhämmern. Nun wartet Gustav darauf, dass er sein Baumhaus auch einmal zum Übernachten nutzen darf.

Ein Abenteuer, das Jonas Mayer bereits erlebt hat. Der Neunjährige ist auch stolzer Besitzer einer kleinen, gemütlichen Kinderwohnung im Vorgarten seines Elternhauses in Backnang. Im vergangenen Sommer hat er zusammen mit einem Freund die Nacht in seinem Baumhaus verbringen dürfen. Familie Mayer hat eine kranke, krumme Fichte im Vorgarten im Jahr 2018 gefällt und den Stumpf mannshoch stehen lassen. Darauf thront nun das Spieldorado der Kinder. Die Idee, ein Baumhaus zu bauen, gab es schon länger. Im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 haben Vater Jochen und sein Erstgeborener sie dann in die Tat umgesetzt. Die Grundfläche beträgt etwa eineinhalb auf eineinhalb Metern. Die Pfosten für die Dachkonstruktion und als Stützen gegen den Stamm sind gekauft, das restliche Material haben Mayers zusammengesammelt, zum Beispiel die Paletten für die Wände, eine Plexiglasscheibe fürs Fenster. In den Baumstumpf genagelte Holzbalken dienen als Aufstieg. Eine Luke im Boden des Baumhauses lässt sich nach innen öffnen und rastet in eine Halterung ein, damit sie niemandem auf die Finger krachen kann. Es gibt sogar ein Schloss, damit es sich nur derjenige, der den Schlüssel dazu hat, im Baumhaus gemütlich machen kann. Und mit einer Glocke an der Luke können Gäste auf sich aufmerksam machen. Im Innenraum ist es wohnlich: ein Regal, eine Sitzgarnitur für Kinder. Das Fenster hat Läden und das Spielhaus ist sogar mit Hausnummer versehen. „Wenn es nach Jonas geht, gibt es auch noch Elektrik und Wasser“, scherzt Jochen Mayer. Er und sein Sohn haben rund 25 Stunden Arbeit in das Baumhaus investiert. Jonas habe es vor allem etwas für die handwerklichen Kompetenzen gebracht, zum Beispiel im Umgang mit Kreissäge und Hammer. „Es war gut und hat Spaß gemacht“, sagt Jochen Mayer rückblickend. Sogar ein Richtfest mit Brot und Salz hat die Familie gefeiert.

Wie ein richtiges Haus kann auch ein Baumhaus zu einer jahrzehntewährenden Sache werden: Auf dem Baum- und Wiesengrundstück von Familie Lauterwasser, oberhalb von Rietenau gelegen, wachsen die dicken Äste eines alten Mostbirnbaums so ums verwitterte Holz des Baumhauses herum, als würden die beiden schon immer zusammengehören. Dabei war der Baum bereits so gewachsen, als Heidrun Lauterwasser und ihr Mann das Grundstück vor 35 Jahren kauften. „Wir vermuten, das kam von falschem Baumschnitt.“ Für die drei Söhne, inzwischen um die 30 Jahre alt, hat das Ehepaar zunächst eine Plattform in den Baum gebaut – weil er sich so angeboten hat. „Als die Buben älter waren, haben sie beim Bauen mitgeholfen.“ Sie haben an vielen Wochenenden viele schöne Stunden an und in ihrer Hütte zwischen den Ästen verbracht, beim Baum gegrillt und dort gezeltet. Im Moment hat das Häuschen keine Wochenendgäste. Aber als Kulisse für die Sitzgelegenheit am Fuße des Baums ist es auch hübsch.

Sicherheit und Naturschutz

Bei der Suche nach einem geeigneten Baum für ein Baumhaus geht es vor allem um die Sicherheit. Er muss kräftig genug sein, um ein Baumhaus abzustützen und sollte daher einen ausreichenden Stammdurchmesser haben. Der Baum darf nicht morsch sein. Pappeln, Ulmen und Birken eignen sich nicht, da sie nicht sonderlich tragfähig sind und ihr Holz zu spröde ist. Bei diesen Baumsorten sind Stelzen zur Unterstützung notwendig.

Das Baumhaus sollte an einer Stelle im Baum angebracht werden, an der nur wenige oder kleine Äste entfernt werden müssen, sodass der Baum nicht allzu stark verletzt wird. Er muss sich bei Wind bewegen und wachsen können.

Um Ärger mit Nachbarn oder Behörden zu vermeiden, gilt es auch, sich vorab über Abstandsgrenzen zu anderen Grundstücken zu informieren. Von daher ist ein Baum, der zentral auf dem eigenen Grundstück steht, am geeignetsten für ein Spielhaus.

Das Backnanger Baurechtsamt ist für die Stadt und acht Umlandgemeinden die zuständige Genehmigungsbehörde. Laut Amtsleiter Helmut Wagner gibt keine Richtlinie, die sich auf Baumhäuser bezieht. Ob für ein Baumhaus ein Bauantrag notwendig ist, kommt auf den Einzelfall an. Baumhäuser für Kinder, die mit Rutsche, Schaukel oder Klettergerüst versehen sind, werden in der Regel als Spielgerät eingestuft. Dann ist eine Genehmigung nicht notwendig. Das Baumhaus sollte von der Größe her aber eindeutig für Kinder konzipiert sein. Selbst wenn das Spielbaumhaus genehmigungsfrei ist, müssen die Regelungen im Bebauungsplan eingehalten werden – zum Beispiel was die Abstände zu Nachbargrundstücken angeht. Das Amt kontrolliert von sich aus nicht, ob es wegen Kinderbaumhäusern baurechtliche Beanstandungen gibt.