Teilen statt haben: Carsharing für Einsteiger

Mit der Aktion #Sharewochen möchte das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg Fahranfänger dazu animieren, Carsharing-Angebote zu nutzen, statt ein eigenes Auto zu kaufen. Bei dem Projekt zeigen Fahrschullehrer ihren Schülern kostenfrei, wie die Ausleihe funktioniert.

Teilen statt haben: Carsharing für Einsteiger

Felix Knietsch zeigt Anna Reisbich, wie man das Stadtmobil-Auto startklar macht und was man bei der Ausleihe beachten muss. Foto: A. Becher

Von Melanie Maier

Backnang. Felix Knietsch weiß, wie und wo man in Backnang ein Carsharing-Auto ausleihen kann. Der 17-jährige Schüler aus Backnang ist schon zum dritten Mal mit seinem Fahrschullehrer Christian Rauscher auf dem Parkplatz neben dem Bahnhof. Ungefähr in dessen Mitte stehen, bei einem Schild mit der Aufschrift „Stadtmobil“, drei leuchtend rote Autos. Felix Knietsch geht mit Anna Reisbich zu dem Opel Corsa, der zwischen einem Toyota Yaris und einem Opel Astra geparkt ist. „Mit der Karte kannst du das Auto entsperren“, erklärt er der 19-jährigen Schülerin, die auch in Backnang lebt und ihren Führerschein zurzeit ebenfalls bei der Fahrschule Rauscher macht. Anna Reisbich setzt sich hinter das Steuer, Felix Knietsch zeigt ihr, wo sie den Schlüssel findet, und weist darauf hin, was sie vor dem Losfahren alles beachten sollte – zum Beispiel sollte kontrolliert werden, ob seit dem letzten Gebrauch des Autos neue Schäden hinzugekommen sind (die bekannten sind im Fahrtenbuch gelistet).

„In der Regel dauert das Ganze maximal 15 Minuten“

Normalerweise macht diese Einführung der Fahrschullehrer. Doch der ist an diesem Nachmittag damit beschäftigt, den Anwesenden zu erklären, wie genau die Aktion #Sharewochen des baden-württembergischen Verkehrsministeriums funktioniert. Zum Pressetermin sind auch Oberbürgermeister Maximilian Friedrich sowie der Baudezernent Stefan Setzer gekommen.

Als Geschäftsführer des Interessenverbands Deutscher Fahrlehrer Süd (IDF) war Christian Rauscher von Anfang an in das Projekt involviert. Vor etwa 1,5 Jahren sei er erstmals auf das Vorhaben angesprochen worden, sagt der Fahrschullehrer, dieses Jahr sei es umgesetzt worden. Bereits seit September laufen die #Sharewochen. Sie sollen noch mindestens bis März dauern – über eine Verlängerung oder Neuauflage wird laut Rauscher aber schon nachgedacht.

Er selbst hat mittlerweile schon viele Einweisungen hinter sich. „In der Regel dauert das Ganze maximal 15 Minuten – je nachdem, wie viele Fragen da sind“, sagt er. Dabei geht es tatsächlich auch nur um die theoretische Demonstration: Starten oder damit fahren dürfen die Fahrschülerinnen und Fahrschüler die Carsharing-Autos aus versicherungstechnischen Gründen nicht.

Den Opel Corsa, in dem Anna Reisbich nun sitzt, bucht Rauscher gerne über die Stadtmobil-App. „Ich schaue immer nach einer mechanischen Handbremse. Die hat das Fahrschulauto nämlich nicht“, erklärt er. Welches Fahrzeug er am Ende für die Einweisung reserviert, hängt aber vor allem davon ab, welches der drei Backnanger Stadtmobil-Autos gerade frei ist. „Es ist auch schon vorgekommen, dass ich den Termin mit den Fahrschülern fix gemacht habe und plötzlich war das Auto weg“, sagt er. Stadtmobil stellt den Fahrschulen in der Region die flotteneigenen Autos für die #Sharewochen zwar zur Verfügung, doch Priorität haben natürlich die zahlenden Kunden. Die Fahrschulen können die Autos erst eine Stunde vorab reservieren. Dafür kostet die Teilnahme an den #Sharewochen weder die Fahrschulen noch die Fahrschüler etwas. Die Fahrschulbetreiber erhalten vom Verkehrsministerium für jede Einweisung zur Kostendeckung sogar eine Aufwandsentschädigung; so viel wie eine Fahrstunde bringe sie aber nicht ein, verrät Rauscher.

Bei den Fahrschülern kommt die Aktion auf jeden Fall gut an. Sowohl Felix Knietsch als auch Anna Reisbich können sich gut vorstellen, Carsharing-Angebote zu nutzen, sobald sie ihren Führerschein haben. „Das ist gerade fürs Studium total geschickt“, sagt Felix Knietsch. „In der Stadt braucht man vielleicht einmal im Monat ein Auto, um zu Ikea oder zum Baumarkt zu fahren – da lohnt sich ein eigenes Auto nicht.“

Sein Fahrschullehrer kannte Carsharing vor den #Sharewochen noch gar nicht. „Ich habe ein eigenes Auto, seit ich 18 bin“, bekennt er. Oberbürgermeister Friedrich hat Carsharing bei einem Urlaub in Irland ausprobiert. „Das war doppelt spannend, weil da ja auch Linksverkehr herrscht“, erzählt er. „In der ersten Viertelstunde habe ich meiner Frau immer gesagt, wann ich auf die Kupplung trete, sie hat dann geschaltet.“ Baudezernent Setzer war bei einer Dienstreise in Berlin im Carsharing-Auto unterwegs. Die Nutzung war einfacher, als er erwartet hatte: „Man hat ja latente Ängste, wie dass nicht genug Sprit im Auto ist. Es hat aber alles wunderbar funktioniert.“

Auch um das Ziel der Klimaneutralität bis 2035 zu erreichen, hoffen Friedrich und Setzer, dass sich in Backnang künftig noch mehr Menschen für öffentliche Verkehrsmittel entscheiden und Carsharing-Autos gegebenenfalls für die Anschlussnutzung gebrauchen – dort, wo Bus und Bahn nicht hinkommen. Setzer zufolge hat sich das Mobilitätsverhalten der Backnanger seit der letzten Erhebung 2009 schon geändert. Das sei aber keine Verkehrswende auf einen Schlag, sondern eine, die sich über die Jahre hinweg vollziehe. „Deshalb ist es wichtig, ein entsprechendes Angebot zu schaffen“, sagt er. Die Stadt führe bereits Gespräche mit einem weiteren Carsharing-Anbieter.