97 Boote , so viele wie noch nie zuvor, haben am Samstag bei der 33. Ausgabe der Juze-Murr-Regatta teilgenommen. Für die meisten Teilnehmer geht es bei der Wettfahrt ums dabeisein – nicht ums gewinnen. Und auch für die Zuschauer ist das, in mehrfacher Hinsicht, feucht-fröhliche Vergnügen auf der Murr eine echte Gaudi.
Jim Knopf, Lukas der Lokomotivführer und ihre Freunde aus Lummerland sind mit zwei Booten unterwegs. Auch sie müssen das Wehr an der Bleichwiese überwinden. Fotos: J. Fiedler
Von Silke Latzel
BACKNANG/OPPENWEILER. Um 13.08 Uhr heißt es für das erste Boot „Ab in die Brühe“. Die Wiese in Oppenweiler-Zell, auf der sich die Teilnehmer der Regatta zum Start treffen, gleicht schon Stunden vor dem Startschuss einem Festivalgelände: Es wird gegrillt, Musik dröhnt aus den Boxen, die auf einigen Booten installiert sind und für viele der erwachsenen Bootskapitäne samt Crew fließt kühles Bier. Die Stimmung ist ausgelassen, nur wenige sehen die Regatta als einen Wettbewerb, den es zu gewinnen gilt. „Hauptsache Spaß“, ist der allgemeine Tenor.
Mit dabei sind echte Originale, wie Armin Knödler und seine Truppe. Er ist schon seit über 20 Jahren dabei Dieses Mal hat sich der Tüftler, der mit sehr viel Leidenschaft und Kreativität ans Werk geht, einen lang gehegten Traum erfüllt: Er ist verkleidet als Michael Endes „Lukas, der Lokomotivführer“. Jim Knopf, die Lokomotive Emma und viele weitere Einwohner Lummerlands begleiten ihn.
Doch nicht nur Murr-Regatta-Urgesteine wagen sich am Samstag ins kühle Nass. So ist zum Beispiel das Faschingskomitee Maubach das erste Mal dabei. Verkleidet als „Flotte Bienen“ wollen sie in diesem Jahr „erst mal abwarten und schauen, wie alles funktioniert und abläuft. Aber im nächsten Jahr greifen wir an.“ Dann allerdings nicht mehr im Bienenkostüm, denn „unser Fundus bietet so viele Outfits, da haben wir genug Abwechslung für die nächsten zehn Jahre,“ so die Truppe.
Ob Familien mit Kindern, Vereine, Firmen oder einfach eine Gruppe Freunde: Mitmachen kann bei der Murr-Regatta jeder. Einzige Bedingung: Das Boot muss selbst gebaut sein. Und dabei kommen dann mitunter sehr lustige Konstruktionen heraus, bei denen sich die Zuschauer wundern, wie diese Gefährte es überhaupt ins rund fünf Kilometer entfernte Ziel schaffen. Nicht immer bleiben die Boote dabei heil, denn es gilt einige Schwierigkeiten zu bewältigen. Eine echte Herausforderung ist etwa das Wehr an der Backnanger Bleichwiese. Dort warten auch die meisten Zuschauer. Sie wollen sich nicht entgehen lassen, wie die Bootsfahrer das Hindernis überwinden. Trocken bleibt dabei niemand – wer es schafft, nicht ins Wasser zu fallen, wird vom Publikum mit Wasserbomben oder -pistolen „erfrischt“. Das wiederum lassen sich viele Regatta-Teilnehmer nicht ohne Gegenwehr gefallen und so kommt es zur einen oder anderen wilden Wasserschlacht.
Damit niemandem etwas passiert, sind 30 Mitglieder der Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) Backnang über die komplette Regatta-Strecke verteilt. Sie helfen, wo immer sie gebraucht werden – ob beim Überwinden der Hindernisse oder aber mit Rettungsdecken gegen Unterkühlungen. Denn diese gehören, wie auch in den vergangenen Jahren, zu den häufigsten Einsatzgründen. „Im Prinzip lief alles wie immer, es ist nichts passiert, womit wir nicht im Vorfeld gerechnet haben,“ so DLRG-Einsatzleiter Markus Mulfinger und ergänzt: „Neben unterkühlten Teilnehmern beschäftigen uns vor allem Schnittverletzungen und Abschürfungen.“ Der DLRG zur Seite stehen auch die Ortsgruppen der Malteser und des Technischen Hilfswerks.
Das schnellste Boot der Regatta 2018 trägt den Namen Fischkopf und kommt nach rund 1,5 Stunden im Ziel am Juze Backnang an. Der Umweltpreis geht in diesem Jahr an die Freizeitkapitäne und -matrosen des Hauses „Samba“, einer Einrichtung der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart und der Diakonischen Jugendhilfe, die sich durch das Sammeln von Müll verdient gemacht haben.
Wie auch in den vergangenen Jahren räumen Henry Haußner und Werner Ufschlag den Kreativitätspreis ab. Sie sind verkleidet als Donnergott Thor und dessen Halbruder Loki, an den Fischtreppen brennen sie ein Feuerwerk ab. „Wir suchen uns immer ein aktuelles Thema aus, das sowohl Kinder als auch Erwachsene kennen“, erzählen die beiden. Die Vorbereitungen sind für sie fast ebenso wichtig wie das eigentliche Rennen. „Das ist bei uns schon ein richtiges Event, wir grillen und bauen, unsere Frauen nähen die Kostüme und die Nachbarn kommen und helfen mit“, so Haußner lachend.