24 gebrauchte und wieder gefüllte Gläser schickt das Prima-Klima-Team auf die Reise (im Bild links unten). Aber auch aus alten Krawatten, Strumpfhosen, umwickelten Klopapierrollen oder Butterbrottüten lassen sich prima Kalender für den Advent gestalten. Fotos: A. Becher
Von Nicola Scharpf
BACKNANG. Hinter dem ersten Türchen vom Adventskalender eines Schokoladenherstellers verbirgt sich Schokolade, ist doch klar. Und hinter dem ersten Türchen vom Adventskalender eines Spielzeugproduzenten befindet sich Spielzeug, ist doch genauso klar. Aber was ist wohl im selbst gestrickten Socken versteckt, dem ersten von 24, die da mit Wäscheklammern befestigt und hübsch mit Tannengrün verziert an der gespannten Schnur baumeln? Überraschung pur und das 24-mal: Selbst gemachte und selbst bestückte Adventskalender haben in vielen Familien Tradition. Große und kleine Kinder, Partner, Omas, Freundinnen oder sogar Haustiere haben die gefüllten Säckchen, Schächtelchen, Täschchen oder Ähnliches lieb gewonnen. Derjenige, der den Adventskalender gestaltet, kann sich in vielerlei Hinsicht ausleben: Der Fantasie sind weder bei der Gestaltung des Kalenders Grenzen gesetzt noch bei der Auswahl der Geschenke. Er kann Tage, Wochen und Monate Zeit in den Kalender investieren oder ein paar Stunden. Er kann kaum Geld dafür ausgeben oder sogar ein kleines Vermögen.
Diana Wrobel zum Beispiel ist eine erfahrene Adventskalender-Macherin. Früher haben sie und ihr Mann Heiko sich gegenseitig einen selbst gemachten Adventskalender geschenkt. Da war schon mal ein Gutschein für einen Thermenbesuch oder für ein Restaurant enthalten. „Das ist richtig ins Geld gegangen“, sagt die Rietenauerin. Auch ihrer Oma hat sie jedes Jahr einen Kalender selbst befüllt. „Sie hat sich immer riesig gefreut, weil man ja sieht, dass sich jemand viele Gedanken bei der Auswahl der Überraschungen gemacht hat.“ Heute verkürzt ein überdimensional großer Tannenbaum aus Filz mit 24 Täschchen ihren beiden Töchtern Lia (sechs Jahre) und Isabella (drei Jahre) das Warten auf Weihnachten. Haarspängchen, Badezusätze, Büchlein, Ausstecherförmchen, Süßigkeiten oder Bügelperlenschablonen verstecken sich hinter den Zahlen. In anderen Familien bringt eine Zahl auch schon mal eine Beschäftigung oder Aktivität hervor – zum Beispiel gemeinsam Plätzchen backen, miteinander in der Dunkelheit eine Fackelwanderung unternehmen. Manche sammeln das ganze Jahr über Kleinigkeiten, die sie in den Adventskalender tun können, andere erledigen das kurz vor dem Advent in einem Aufwasch. So individuell die Adventskalender sind, so individuell sind die Möglichkeiten, dieses Thema anzugehen.
Wer gerne bastelt und das, was andere in den Müll werfen würden, behält, hat zu Hause wahrscheinlich einen reichen Fundus an adventskalendertauglichem Material: Regina Münzenmaier ist so jemand, der nichts wegwirft und Jahr für Jahr mehrere Adventskalender für Freundinnen, die Schwiegermutter, den Sohn, das Patenkind selbst bastelt. Die pensionierte Lehrerin aus Affalterbach gibt an der VHS Backnang und anderen Volkshochschulen in der Region Kurse über Upcycling. Ihre Spezialität ist die Verarbeitung von alten Büchern zu etwas Neuem – zum Beispiel zu Adventskalendern: Die Buchseiten einzeln entnehmen, zur Hälfte falten, mit bunten Masking Tapes zusammenkleben, sodass Tüten entstehen. Diese verbindet sie mit doppelseitigem Klebeband miteinander. „Es ist dann wie eine Ziehharmonika.“ Gedichte, Sprüche, Lieder, flache Süßigkeiten, eine Weihnachtsgeschichte in Fortsetzungen, all das lässt sich gut in dieser Form des Adventskalenders verstecken. Wie die Tütchen beziffert werden, bleibt der Fantasie überlassen. Regina Münzenmaier hat beispielsweise schon Reiter daran befestigt nach dem Prinzip der Karteikarten oder sie verwendet die Zahlen aus alten Kalendern, die sie ausschneidet und aufhebt, wieder. „Man muss einfach ein bisschen überlegen, da fällt einem immer was ein.“
Silke Müller-Zimmermann gehört zu denen, denen immer etwas einfällt. Zusammen mit dem Prima-Klima-Team hat sie einen mobilen Adventskalender entwickelt, der am ersten Dezember von Unterweissach aus auf Reisen geschickt wird. Der Adventskalender besteht aus 24 Gläsern, die das Team an 24 Personen oder Institutionen weitergibt. Gefüllt sind die Gläser mit verschiedenstem: Kichererbsen inklusive Rezept für deren Zubereitung oder gelatinefreien Gummibärchen oder Mehl und Ei plus Keksrezept, Weissacher Brunnenfischen, Nudeln, Glühwein, Tee, einem Gutschein für einen Dämmerschoppen und, und, und. Derjenige, der ein Glas geschenkt bekommt, nimmt sich dessen Inhalt, füllt eine andere Kleinigkeit hinein und gibt es am nächsten Tag an jemand anderes weiter. Zu jedem Glas gibt es ein Logbuch, in das jeder einträgt, mit was er das Glas neu befüllt hat. Der Slogan des Projekts Prima Klima ist „Miteinander – Füreinander“ und der mobile Adventskalender fügt sich da gut ein.
24 gute Gedanken verbergen sich in einem mit Holzherzen gefüllten Glas.
Silke Müller-Zimmermann hat schon als Kind von ihrer Mutter immer selbst gemachte Adventskalender bekommen. Bis heute bastelt sie auch ihren beiden erwachsenen Kindern Kalender. „Und ich bekomme von meinen Kindern welche.“ Ein paar Anregungen, welche Möglichkeiten es gibt, führen sie, Sabine Löchelt und Tina Unold in den Räumlichkeiten von Klimaschutz konkret vor Augen: aus leeren Eierkartons lassen sich Adventskalender gestalten oder aus alten Kleiderbügeln, die einen Überwurf aus plüschigem Stoff bekommen und an deren Enden jeweils ein Säckchen baumelt. Es gibt ein Glas, das gefüllt ist mit 24 hölzernen Herzen. Auf jedem Herz steht ein guter Gedanke. Aus alten Tetrapacks oder Tapetenbüchern lassen sich Schachteln basteln und anschließend befüllen. Leere Klopapierrollen, in 24-facher Ausfertigung mit hübschem Stoff umwickelt, verwandeln sich zum Adventskalender. Eine alte, blaue Arbeitsschürze bildet die Basis für den Menükalender, dessen 24 Zutaten mit Sicherheitsklammern befestigt werden. Auch alte Jeans, Krawatten, Hemden, Kaffeesäcke lassen sich zum Adventskalender umfunktionieren. „Ich schenke gerne pragmatisch und bin trotzdem mit dem Herz dabei“, sagt Müller-Zimmermann. Das Anliegen des Prima-Klima-Teams ist, die Leute mit seinen Ideen anzuregen: „Es geht ums Denken um die Ecke, darum, Altes anders zu verwenden. Ein Adventskalender kann etwas anschieben. Und er muss nicht perfekt sein und auch gar nicht viel kosten.“