Umstieg aufs Rad während Bahnsperrung

Die Initiativen zur Verbesserung der Radwege zwischen Waiblingen und Bad Cannstatt sollen womöglich erhalten und sogar ausgebaut werden.

Umstieg aufs Rad während Bahnsperrung

Das Fahrrad als Alternative während der Bahnsperrung? Symbolfoto: Michael Gaida/Pixabay

Rems-Murr. Während der elf Wochen langen Bahnsperrungen zwischen Stuttgart-Bad Cannstatt und Waiblingen warb die Initiative Radkultur entlang der Strecke dafür, das mehr Menschen mit den Fahrrad pendeln. Die Auswertung einer Aktion, bei der verschiedene Verbesserungen für die Radfahrer angeboten wurden, ergibt nun, dass sich während des Aktionszeitraums tatsächlich deutlich mehr Menschen als üblich aufs Fahrrad gesetzt haben.

Mithilfe von Zählstationen wurde erfasst, wie viele Menschen zwischen Waiblingen und Stuttgart mit dem Fahrrad unterwegs waren. Stellenweise konnte eine Steigerung auf 160 Prozent beobachtet werden. In Waiblingen zählte die Stadt an zwei Stellen die Radfahrer sowohl vor Beginn des Aktionszeitraums als auch währenddessen. Der Vergleich zeigt, dass die Zahl während der Aktion für die Fahrradfahrer sprunghaft anstieg.

Eine verbesserte Infrastruktur, bewachte Fahrradparkplätze, Radchecks, Routenempfehlungen und geführte Radtouren: Mit einer Reihe von Angeboten hat die Initiative Radkultur des Landesministeriums für Verkehr gemeinsam mit dem „Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club“ (ADFC) und den beteiligten Kommunen elf Wochen lang von Mitte Mai bis Ende Juli Pendler zwischen Waiblingen, Fellbach und Bad Cannstatt dabei unterstützt, für die tägliche Strecke von und zur Arbeit auf zwei Rädern.

Temporäre Radstrecken in Fellbach bleiben vorerst bis Ende des Jahres

„Ich bin froh, dass es in einer gemeinsamen Kraftanstrengung gelungen ist, kurzfristig zusätzliche Angebote für Radfahrerinnen und Radfahrer zu schaffen. Dies hat sicher dazu beigetragen, die ausgesprochen schwierige Situation für Pendlerinnen und Pendler zu verbessern und manch einen zu motivieren, aufs Fahrrad umzusteigen“, sagt Sebastian Wolf, Oberbürgermeister der Stadt Waiblingen. Die Stadt hatte entlang der Verbindungsstrecke nach Stuttgart auf der Stuttgarter Straße temporäre Radspuren eingerichtet. Diese bleiben nun vorerst bis zum Ende des Jahres bestehen. „Die positive Entwicklung der Zahlen freut uns sehr und ist letztlich Ausdruck dafür, dass es geglückt ist, aus der misslichen Situation das Beste zu machen und Erfahrungswerte mit Pop-up-Radwegen zu sammeln.“

Auch in Fellbach standen mehrere Zählstationen der Initiative. Sie erfassten Tausende von Radlern; eine der Stationen zählte insgesamt mehr als 30000 Fahrten im Gesamtzeitraum der Zählungen. An der gleichen Stelle war bereits zwei Jahre zuvor für einen Tag, am 20. Juli, eine Zählstation aufgestellt worden. Der Vergleich ergibt: Am 20. Juli waren dieses Jahr mehr als anderthalbmal so viele Menschen mit dem Fahrrad in beiden Richtungen unterwegs als noch 2021. „Die Streckensperrung hat uns alle herausgefordert. Zehntausenden von Pendlern in kurzer Zeit alternative Mobilitätsformen aufzuzeigen, ist komplex“, sagt die Fellbacher Oberbürgermeisterin Gabriele Zull. „Die enge Zusammenarbeit zwischen den Kommunen und dem Verkehrsministerium hat aber gezeigt, was möglich ist, wenn alle an einem Strang ziehen. Die schnelle Ertüchtigung der Radwege und deren sicherere Gestaltung hat viele Pendler dazu gebracht, auf zwei statt auf vier Räder zu setzen. Ohne die Förderung durch das Verkehrsministerium und den kollegialen Austausch wäre eine solche Umsetzung kaum möglich gewesen.“

Eine Möglichkeit, auch in Zukunft den Umstieg auf das Rad attraktiver zu gestalten, bieten die im Rahmen der Aktion erprobten Bike-and-ride-Konzepte mit dem Ziel, das Fahrrad besser mit Bus und Bahn zu verbinden. Die Stadt Waiblingen hatte im Aktionszeitraum im P+R-Parkhaus am Bahnhof einen bewachten Fahrradparkplatz eingerichtet. Das Angebot wurde während des Aktionszeitraums von Hunderten Menschen genutzt, die ihr Rad dort sicher abstellten und dann mit der Bahn weiterfuhren. Die Stadt will weitere Radabstellmöglichkeiten für Pendler schaffen. Auch die Stadt Stuttgart richtete zusätzliche Stellplätze am Bahnhof Bad Cannstatt und am Hauptbahnhof ein. „Die Verbindung von ÖPNV und Fahrrad ist ein echtes Erfolgsmodell für Pendler“, sagt der Stuttgarter Bürgermeister für Städtebau, Wohnen und Umwelt, Peter Pätzold. „Aber es braucht dafür sichere Stellplätze für Fahrräder. Deswegen wollen wir das Angebot ausbauen.“ pm