Unterschrift gefälscht? Schmerzliche Geldstrafe wegen 120 Euro

Nachhutgefechte einer gescheiterten Ehe: Er will ihr die Steuerrückzahlung abluchsen – sie zeigt ihn daraufhin an.

Unterschrift gefälscht? Schmerzliche Geldstrafe wegen 120 Euro

Die Strafe beträgt insgesamt 7200 Euro. Symbolfoto: S. Cho/Pixabay

Von Hans-Christoph Werner

Backnang. Vor dem Amtsgericht musste sich ein 50-jähriger Kfz-Mechaniker wegen Urkundenfälschung und versuchten Betrugs verantworten. Er hatte gegen einen an ihn ergangenen Strafbefehl Widerspruch eingelegt. So gelangte die Sache vor den Amtsrichter. Der 50-Jährige wurde zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 120 Euro, sprich 7200 Euro, verurteilt.

Diese Summe sticht ins Auge, wenn man bedenkt, dass es in der Strafsache nur um 120 Euro ging. Der Kfz-Mechaniker hatte für sich und seine Ehefrau eine gemeinsame Einkommensteuererklärung betreffend die Jahre 2016/17 abgegeben. Ende vergangenen Jahres ergab sich, dass die Eheleute 120 Euro erstattet bekommen. Doch die Eheleute waren zu diesem Zeitpunkt gar keine Eheleute mehr. Der Erstattungsbetrag hätte ihnen je hälftig zugestanden. Der Kfz-Mechaniker setzte ein Schreiben an das Finanzamt auf, in dem er seine Bankverbindungen angab. Und legte das Schreiben in die Küche des noch gemeinsamen Hauses.

Als das Schreiben beim Finanzamt einging, trug es die Unterschrift der Ex-Ehefrau. Diese, eine 65-jährige Angestellte, erkundigte sich im Januar dieses Jahres in eigener Sache beim Finanzamt und erfuhr auf diesem Wege, dass ein Schreiben von ihr vorläge, die Steuererstattung auf das Konto ihres Ex-Mannes zu überweisen.

Bedauerlicherweise ließ sich die Sache nicht durch ein Gespräch der Ex-Eheleute klären, sodass die Angestellte die Sache schließlich anzeigte.

Vor Gericht bestreitet der Kfz-Mechaniker, die Unterschrift seiner Ex-Frau gefälscht zu haben. Die Ex-Frau wiederum, als Zeugin vor Gericht aussagend, weiß nichts von einem Schreiben, das er ihr auf den Küchentisch gelegt habe. Mittlerweile ist die Sache, was die Steuererstattung angeht, so sagt die Angestellte, abgeschlossen. Sie hat 60 Euro erhalten.

Als das Fragerecht an die Zeugin vom Richter weitergegeben wird, nutzt der Kfz-Mechaniker die Gelegenheit zu einer verbalen Abrechnung. Die Angestellte hält dagegen. Der Richter beharrt darauf, dass die Zeugin befragt wird und ihr keine Vorwürfe gemacht werden. Da dem nicht so ist, wird die Zeugin entlassen.

Der Angeklagte hatte zu Beginn der Verhandlung durch seinen Rechtsanwalt erklären lassen, dass er keine Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen machen wolle. Das schließt die Angaben zur finanziellen Situation ein. Der Richter, auf solch mangelnde Auskunftsfreudigkeit vorbereitet, berichtet von den Bankunterlagen, die er einsehen konnte. Das Einkommen des Angeklagten würde, so führt der Jurist aus, bei einer Geldstrafe eine Tagessatzhöhe von 140 Euro gestatten.

Die Staatsanwältin hat’s geflissentlich gehört. Denn sie geht in ihrem Plädoyer davon aus, dass der Angeklagte die Unterschrift seiner Ex-Frau gefälscht hat. Es sei zwar kein Schaden entstanden, aber dennoch müsse die Tat geahndet werden. Sprich 60 Tagessätze zu 140 Euro werden von der Anklagevertreterin beantragt. Zuvor hatte der Verteidiger des Angeklagten noch einen zusätzlichen Beweisantrag gestellt: Er bat um die Erstellung eines grafologischen Gutachtens. Nach kurzer Bedenkzeit wird der Antrag vom Richter abgelehnt, insbesondere weil eine Unterschrift zu wenig Schriftmaterial für die Erstellung eines Gutachtens bietet. Der Verteidiger, durch diesen abschlägigen Bescheid nicht irritiert, bleibt dabei: Sein Mandant habe das Schreiben an das Finanzamt nicht gefälscht. „Wegen 60 Euro,“ so sagt er, „würde man nicht straffällig.“ Für den Rechtsanwalt gibt es nur eines: Freispruch. Der Angeklagte, zum letzten Wort aufgefordert, weiß sich die Sache zu erklären: Seine Ex „wolle ihm eins reindrücken“.

Der Richter mildert die von der Staatsanwältin geforderte Geldstrafe. Er ist der Überzeugung, so führt er zur Begründung aus, dass der Angeklagte die Unterschrift seiner Ex nachmachte. Dem Mechaniker sei zum Zeitpunkt der Tat entgangen gewesen, dass seine Ex nicht mehr den gemeinsamen Ehenamen führte, sondern ihren früheren Namen wieder angenommen hatte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.