Viele Backnanger sorgen sich wegen der aktuellen Entwicklungen

Teilnehmer der Demonstration sprechen sich gegen die Verrohung der Sprache aus und monieren, dass Tabu-Aussagen wieder salonfähig sind.

Viele Backnanger sorgen sich wegen der aktuellen Entwicklungen

Dass Menschenrechte gewahrt werden, ist den Teilnehmenden ein großes Anliegen.

Von Matthias Nothstein

Backnang. Die Beiträge der vier Redner auf dem Marktplatz wurden mit sehr viel Beifall bedacht. Aber auch die Demonstranten äußerten sich auf Nachfrage sehr deutlich und beschrieben ihre Motivation, warum sie sich an der Kundgebung beteiligen.

So erklärte etwa Patrick Miller aus Oppenweiler, dass er mit seiner Teilnahme seine Sorge über Entwicklungen zum Ausdruck bringen möchte, die derzeit oft in die falsche Richtung gehen würden. Der 45-Jährige blickte dabei auch über die Grenzen hinaus unter anderem auf unsere EU-Nachbarn: „Derzeit entwickelt sich viel in die falsche Richtung. Wenn man sieht, welche Parteien in den Nachbarländern an die Macht kommen, welche Aussagen plötzlich salonfähig werden, wie viele Bevölkerungsschichten abgehängt werden und wie wenig Menschen in der Vergangenheit auf die Straße gegangen sind, obwohl sie eigentlich gegen diese Fehlentwicklungen kämpfen müssten, dann bereitet mir das Sorge.“ Auch die Verrohung der Sprache stört Miller ungemein. Als hoffnungsvoll bezeichnet er die Tatsache, dass nach den Enthüllungen des Recherchenetzwerks Correctiv die Menschen aufgerüttelt werden konnten. „Inzwischen begeistert es mich, wie viele Menschen jetzt an den Kundgebungen teilnehmen. Vor allem, dass darunter viele Normalos sind, die zeigen, dass wir mehr sind und nicht klein beigeben.“ Der zweifache Familienvater erklärt: „Ich finde es auch ganz wichtig, dass wir unsere Kinder mitnehmen, damit auch sie sehen, dass man so früh wie möglich Flagge bekennen muss. Und ganz toll finde ich, dass sich vermeintlich verfeindete Gruppen zusammenschließen und klare Kante gegen Rechtsextremismus zeigen.“

Gabi Gruber möchte mit ihrer Präsenz ebenso ihre Haltung für Demokratie und gegen radikale Kräfte in der Gesellschaft zum Ausdruck bringen.

Die Erzieherin sagt: „Es sorgt mich, dass meine Kinder und Enkel mit dem Gedankengut dieser Radikalen konfrontiert werden, die gegen Ausländer und Fremde hetzen. Ich sorge mich, dass diese Entwicklung wieder in eine ganz schlimme Richtung geht wie zu Zeiten des Nationalsozialismus.“ Im zwischenmenschlichen Bereich hat die 63-Jährige schon wahrgenommen, „dass Hass in unserer Gesellschaft entsteht“.

Softwareentwickler Günther Blumenstock aus Oppenweiler beteiligt sich an der Demo, weil er eine ganz bestimmte Partei im Auge hat: „Was da so einige Mitglieder an Meinungen kundtun, das kann ich nicht tolerieren. Es wird ganz viel sagbar, was früher tabu war, und es wird viel mit Falschinformationen gearbeitet.“

Heike Kähny erklärt: „Ich bin schon viel herumgekommen auf dieser Welt, sowohl geschäftlich als auch privat, habe Kunden und Freunde weltweit, aller Glaubensrichtungen und aller Hautfarben. Das bereichert mein Leben und ich werde immer die Werte Freiheit, Toleranz, Gerechtigkeit, Menschenwürde, Akzeptanz, Menschlichkeit und Mitgefühl in die Welt tragen. Das macht uns Menschen aus, das ist unser Sinn des Daseins.“ Zudem glaubt die Backnangerin, dass die komplexen Themen, die die Welt bewegen, sich nicht mit Hass, Hetze und Rassismus lösen lassen.

Gerti Diemer aus Backnang (80) hat vor allem das Schicksal der Asylsuchenden im Blick: „Wenn ich das Leid in der Ukraine sehe, muss ich großes Verständnis für Flüchtlinge haben. Es ist nicht mein Verdienst, dass ich Deutsche bin und hier geboren wurde.“