Vorsicht vor Unbekannten am Telefon

Stiftung der Kreissparkasse präsentiert im Backnanger Biegel Theater, Unterhaltung und Information zum Schutz vor Betrügern

Das Telefon klingelt. Christa Denzinger geht dran. „Wie schön, dich wieder zu hören“, schallt es ihr fröhlich entgegen – und das Verhängnis nimmt seinen Lauf. So beginnt die erste Szene des interaktiven Theaterstücks „Hallo Oma, ich brauch Geld“ im gut besuchten Backnanger Seniorentreff im Biegel. Es geht um Betrugsmaschen in dem Stück, mit denen besonders älteren Mitmenschen das Geld aus der Tasche gezogen wird.

Vorsicht vor Unbekannten am Telefon

Szenen mit Betrügereien am Telefon werden nachgestellt. Foto: A. Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

BACKNANG. In der letzten Zeit liest man wieder davon: Falsche Polizisten rufen an, verschollene „Enkel“ melden sich, um ihre „Großeltern“ um Geld anzugehen.

Die Szenerie karg, wichtig ist das schöne alte Telefon auf dem Tisch und die ältere Dame, gespielt von Yasmin Röckel, die freundlich, allerdings auch ein wenig verwirrt auf den fröhlichen Anrufer reagiert. Er schafft es sehr überzeugend, Informationen aus ihr herauszulocken, etwa den Namen eines lang verschollenen Freundes, die Höhe der Geldsumme, die im Haus ist, das Vorhandensein von wertvollem Schmuck. Angeblich will Freund „Ricky“ eine Wohnung anmieten, für die jedoch eine Kaution in bar hinterlegt werden soll. Da er jedoch gerade im Zug sitzt, will er Mittelsmann Fritz zu den Denzingers schicken, der Wertsachen oder Geld als Pfand für die Kaution abholen soll. Damit man Fritz erkennt, darf die Dame ein Codewort festlegen, was ihr gut gefällt. Und schon reibt sich der Verbrecher die Hände.

Es ist erschütternd, wie überzeugend Michael Neumaier von den „Theaterexperten“ am Telefon ist. Erst sehr freundlich, dann etwas drängender, um zu seinem Ziel zu kommen. Nach der Szene fragen die Schauspieler in die Runde, was für Fehler Christa Denzinger gemacht habe. Die Zuschauer beteiligen sich rege und sind sich einig, dass sie zu viele Informationen rausgelassen habe. Bei der nächsten Szene darf Günter Wagner aus dem Publikum das potenzielle Opfer spielen. Der ältere Herr macht das routiniert. Er lässt den Anrufer zappeln, der immer ungeduldiger und drängender wird. Das geht schon so weit, dass er Wagners Verhalten als „asozial“ bezeichnet. Doch trotz allem Druck, den er aufbaut – Wagner ist eine harte Nuss, die nicht auf die Forderungen eingeht. Allerdings: Kaum hat er aufgelegt, klingelt das schwarze Telefon schon wieder. Diesmal ist ein Hauptkommissar vom BKA dran, der Wagner bedrängt, bei der Aufklärung einer Verbrecherbande zu kooperieren.

Nach diesen kurzen Szenen spricht – diesmal ein echter – Kriminalhauptkommissar außer Dienst: Klaus Bosch. Er warnt eindrücklich davor, auf die Masche der Telefonbetrüger einzugehen. Seit gut zehn Jahren funktioniere der Enkeltrick. Die Dunkelziffer sei sehr hoch, denn wer einmal darauf reingefallen sei, schäme sich häufig und wolle die Sache nicht bei der Polizei melden. Im vergangenen Jahr gab es über 7500 erfolgreiche Fälle des falschen Polizisten mit einem Schaden von etwa 500000 bis einer Million Euro. Doch nicht nur falsche Enkel und Polizisten rufen an.

Seit Neuestem gebe es auch Fälle mit falschen Staatsanwälten oder Anrufe von falschen Pfarrern. Oft zeige sich auf dem Telefondisplay des Angerufenen die Notrufnummer 110 oder die Ortsvorwahl mit 110. Das sei schon ein Hinweis auf eine Betrügerei. „Und woher bekommen die Betrüger ihre Informationen?“, möchte eine Zuschauerin wissen. Zunächst einmal werden Telefonbücher auf alte Namen durchforstet. Oft wird auch unauffällig eine entsprechende Wohngegend ausspioniert. Traueranzeigen geben einen Hinweis auf alleinstehende ältere Personen. Bosch rät: „Geben Sie am Telefon möglichst wenig über sich preis, wenn Sie den Anrufer nicht kennen.“

Auch die Banken sind aufmerksam geworden

Michel Gebhardt von der Kreissparkasse Waiblingen betont, dass seine Mitarbeiter geschult worden sind, bei außergewöhnlich hohen Abhebungsbeträgen nachzufragen. So konnte beispielsweise im letzten Jahr ein großer Betrug verhindert werden. Nach diesen Infos werden noch weitere Betrugsszenarien vorgestellt. So der falsche Handwerker oder eine Ablenkung an der Wohnungstür, während hinterrücks durch die offen stehende Terrassentür eingebrochen wird. Das Publikum wird hierbei integriert: Eine Dame verwehrt etwa der falschen Mitarbeiterin eines Küchenstudios den Zugang zur Wohnung, oder alle rufen gemeinsam „Stopp“, da der Schlüsseldienst unlautere Methoden anwendet.

Hauptkommissar Bosch warnt: „Man muss niemanden hereinlassen. Unangemeldete Handwerker sollen überprüft werden. Hilfe kann man auch vor der Tür leisten. Geben Sie gegenüber Fremden nichts von sich preis.“ Und ganz wichtig: Wird man Opfer eines Betrugs oder auch eines versuchten Betrugs, dann sollte man auf jeden Fall die Polizei informieren.

Die Sparkassenstiftung, die Initiative Sicherer Landkreis, die Polizei Baden-Württemberg und der Kreisseniorenrat Rems-Murr wollen mit diesem Projekt über perfide und vielfältige Betrugsmaschen an Senioren aufklären. Seit 2012 wurde das Stück von Allan Mathiasch über 200-mal aufgeführt, 2016 erhielt es in Bratislava den EUCPN-Award. Für den Rems-Murr-Kreis sind bis Februar 2020 noch sechs weitere Aufführungen geplant.