Beim Wasserwerk Hohholz in der Nähe der Forche zwischen Unterweissach und Oberweissach soll ein weiterer Tiefbrunnen erschlossen werden, um die Wasserversorgung in Trockenphasen zu sichern. Foto: Alexander Becher
Von Armin Fechter
Weissach im Tal. Der Klimawandel hat längst auch die Wasserversorgung erreicht. „Das Problem bei uns ist der Hochsommer“, sagt Hans-David Riker vom Murrhardter Büro Riker und Rebmann, der seit Jahren die Planungen der Gemeinde betreibt. Lang anhaltende Trockenperioden wie im Jahr 2003 treten immer häufiger auf: 2017, 2018, 2019. Sie sorgen dafür, dass gerade im Sommer, wenn die Haushalte viel Wasser verbrauchen, die Quellen im Wald weniger sprudeln und die Reserven angezapft werden müssen. Wenn dann noch schnee- und regenarme Winter hinzukommen, sinkt auch der Grundwasserspiegel ab.
Erst kürzlich stand die Wasserversorgung in der Gemeinde wieder unter einer Belastungsprobe, wie Riker jetzt im Gemeinderat berichtete: Der Hochbehälter beim Wasserwerk Hohholz war fast bis auf die Feuerlöschreserve leer. Riker verweist vor diesem Hintergrund auf die Maßgaben des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfachs (DVGW), konkret: das Prinzip n–1. Dieses besagt, dass die Versorgung so abgesichert sein soll, dass ein Versorgungsweg ausfallen kann, ohne dass der Endkunde etwas zu spüren bekommt. Oder anders herum gesagt, die Gemeinde muss dafür Sorge tragen, dass immer eine Einspeisequelle mehr vorhanden ist, als im Normalfall gebraucht wird. Diese Regel hat durch den Klimawandel zusätzliche Bedeutung bekommen, weil mit weiteren, länger anhaltenden Hitzeperioden ohne Niederschlag und mit sinkenden Quellschüttungen gerechnet werden muss. Zudem sollten auch sonstige Ausfälle von Tiefbrunnen, Pumpen, Leitungen abgepuffert werden können. Denn: Das Wasser dürfe nicht ausgehen.
Ausschlaggebend ist der Wasserverbrauch in der Tagesspitze
Das Ganze ist auch ein Rechenexempel, wie Riker deutlich machte: Die sieben Quellen im Wald oberhalb von Bruch liefern mindestens 2,6 und maximal acht Liter pro Sekunde. Bei den fünf Tiefbrunnen ist eine Entnahme von bis zu 16 Litern pro Sekunde zulässig. In der Regel sollten es aber nicht mehr als zehn Liter sein, damit der Grundwasserspiegel stabil bleibt. Zudem hat sich die Gemeinde bei der NOW (Zweckverband Wasserversorgung Nordostwürttemberg) Bezugsrechte über fünf Liter gesichert. Können alle Bezugswege maximal ausgeschöpft werden, ergibt sich eine verfügbare Trinkwassermenge von 29 Litern pro Sekunde. Dieser „Idealfall“ (Riker) ist aber nur in wenigen Wochen im Jahr gegeben. „Maßgebender Fall über einen kürzeren Zeitraum“ sind 23,6 Liter, über einen längeren Zeitraum 17,6 Liter.
Dem steht der Wasserverbrauch gegenüber. Dieser beträgt im Schnitt 10,5 Liter pro Sekunde. Dieser Wert ist jedoch gar nicht so sehr ausschlaggebend, vielmehr ist laut Riker die Tagesspitze maßgeblich, die bei 21 Litern liegt. Das ist eine Menge, die zumindest über einen kürzeren Zeitraum hinweg gesichert wäre. Sollte aber eine größere Bezugsquelle ausfallen, zum Beispiel bei den Tiefbrunnen, könnte der Bedarf nicht mehr gedeckt werden, gab Riker zu bedenken.
Um die Versorgungssicherheit zu erhöhen, sieht der Planer zwei Möglichkeiten: entweder die Bezugsrechte von Fernwasser aufstocken oder das Weissacher Netz an die Leitungen der Stadtwerke Backnang anschließen. Ersteres hätte den Vorteil, dass die vorhandene Infrastruktur genutzt werden könnte und keine Investitionskosten anfallen. Nachteilig wäre aber, dass die entsprechenden Bezugsrechte erworben werden müssten und dass eine jährliche Festkostenumlage zu entrichten wäre. Außerdem stelle dies keine zusätzliche Einspeisemöglichkeit dar, kein weiteres Standbein der Wasserversorgung im Sinne des „n–1“-Prinzips. Im Notfall suboptimal findet Riker zudem, dass die NOW-Leitung nicht direkt in den Hochbehälter Hohholz mündet, sondern erst den Umweg über einen anderen Wasserversorger macht.
Der Anschluss ans Backnanger Netz hätte den Vorteil, dass es sich um eine weitere Einspeisemöglichkeit handelt und dass die Verknüpfung an einem Punkt zwischen dem Ungeheuerhof und dem Sandäcker-Baugebiet erfolgen kann, also auf der dem Hohholz gegenüberliegenden Seite. Zudem verlangen die Stadtwerke für ihr Wasser die gleichen Preise wie bei einem normalen Hausanschluss. Nachteilig wären die Investitionskosten für den Leitungsbau. Auch müsste die Anschlussleitung immer gespült werden, damit das Wasser frisch bleibt, und schließlich bekämen die ersten westlich gelegenen Gebäude anderes, weicheres Wasser als die übrigen Haushalte in der Gemeinde.
Neuer Tiefbrunnen soll zu schonenderem Umgang mit Grundwasser führen
Die Gegenüberstellung der Kosten zeigt nach Rikers Angaben: Die Anschlussleitung ist mit 280000 Euro zwar um 95000 Euro teurer als der Kauf der Bezugsrechte, der für fünf Liter pro Sekunde auf 185000 Euro veranschlagt ist. Dafür liegen die laufenden Kosten günstiger: 12000 gegenüber 50000 Euro. Riker: „Das amortisiert sich nach zweieinhalb Jahren.“
Darüber hinaus ist vorgesehen, beim Wasserwerk Hohholz einen weiteren Tiefbrunnen zu erschließen. Das soll letzten Endes dazu beitragen, die vorhandenen Tiefbrunnen in der Tallage der Weißach zu entlasten und den Umgang mit dem Grundwasser schonender zu gestalten. Ohnedies hat das Landratsamt schon moniert, dass das Einzugsgebiet der Tiefbrunnen bebaute Flächen umfasst. Sprich: Es besteht dort eine erhöhte Gefahr der Verunreinigung insbesondere durch schleichende, unbemerkte Eintragungen. Etwa 100 Meter tief müsste beim Hohholz gebohrt werden, schätzt Riker, die Chance, auf Wasser zu treffen, sei hoch – so zumindest die Erwartung eines Hydrogeologen, den Riker zurate gezogen hat. Die Investitionskosten liegen, so seine erste vorsichtige Schätzung, bei einer halben Million Euro.
Der Gemeinderat beschloss am Ende einstimmig, die Anschlussleitung in Angriff zu nehmen. Das Büro Riker und Rebmann soll die detaillierten Pläne dafür ausarbeiten.
Sorge um hohen Wasserverbrauch und Lösungsansätze
Wie können wir den Wasserverbrauch senken? Auf diese Frage von Thomas Obermüller (LWB) gab Hans-David Riker mehrere Antworten: „Wichtig ist, das Netz in Schuss zu halten.“ Damit würden Verluste vermieden, die sich wegen undichter Stellen ergeben können. Auf die weitere Frage von Günter Sanzenbacher (CDU/FWV), wie hoch die Verluste im Weissacher Netz sind, konnte Riker spontan keine konkrete Zahl nennen. Aber: Acht bis zehn Prozent Verlust „ist gut“, Weissach liege sicherlich nicht übermäßig davon entfernt.
Weitere Ansatzpunkte, um den Wasserverbrauch zu reduzieren, sind laut Riker die Schulung des Personals und die Wissensvermittlung an Schüler. Ein anderer Denkansatz geht in Richtung eines wochenaktuellen Wasserpreises, je nach Angebot und Nachfrage.
„Was wäre die Alternative?“, fragte Irmgard Hestler (SPD): Rationierung? Höhere Preise? Wasser sei dermaßen billig, dass kostbares Trinkwasser zum Autowaschen und Gießen hergenommen wird. Riker konstatierte andererseits: „Es darf nicht passieren, dass das Wasser ausgeht.“ Gerade in Trockenzeiten müsse man sparen, auch im Hinblick auf die Feuerlöschreserve: „Das ist wie eine Risikolebensversicherung.“
Wie entwickelt sich der Wasserverbrauch tatsächlich – steigt oder sinkt er, wollte Carl Höfer (CDU/FWV) wissen. Laut Riker liegt er in Baden-Württemberg derzeit bei 125 Liter pro Tag und Einwohner. Das meiste davon wird die Toilette hinuntergespült, wo eigentlich Brauchwasser reichen würde. Auf dem Land wird laut Riker in der Regel etwas weniger Wasser verbraucht als in der Stadt.
Vor wenigen Jahrzehnten noch – als Riker studierte – sei sogar ein Anstieg auf 250 Liter prognostiziert worden, sagte dieser. Weiter runtergehen als 125 Liter werde der Verbrauch aber kaum. Manche Kommunen müssten jetzt auf die relativ niedrige Marke reagieren: Die einst verlegten großen Rohre würden gegen kleinere getauscht, damit das Wasser frisch in den Häusern ankommt.