Toxische Ackerböden

Weltweit sind Böden mit großen Mengen an giftigen Metallen verseucht

Seit der Bronzezeit belastet der Mensch Ackerböden mit giftigen Metallen. Inzwischen hat die Verseuchung unserer Lebensgrundlage existenzbedrohende Ausmaße erreicht. Gibt es noch einen Ausweg aus dieser globalen Krise?

Weltweit sind  Böden mit großen Mengen an giftigen Metallen verseucht

Weltweit sind die Böden, Grundlage menschlichen Lebens, mit giftigen Metallen belastet: 0,9 bis 1,4 Milliarden Menschen leben in Regionen mit einem erhöhten Risiko für die öffentliche Gesundheit und Ökosysteme

Von Markus Brauer

Durch Raubbau, Versiegelung, Verschmutzung und Erosion wird der Boden immer mehr ausgelaugt – auch in Deutschland. Dabei ist die Erde unter unseren Füßen unser kostbarstes Gut, ohne das wir nicht überleben können.

Horror-Studie zur Boden-Toxizität

Vielerorts ist die Grundlage unseres Lebens mit giftigen Metallen belastet. 0,9 bis 1,4 Milliarden Menschen leben in Regionen mit einem erhöhten Risiko für die öffentliche Gesundheit und Ökosysteme, hat ein Forscherteam um Deyi Hou von der Tsinghua University in Peking herausgefunden.

Die Forscher haben für ihre Studie, die im Fachjournal „Science“ erschienen ist, 1493 Einzelstudien mit insgesamt 796.084 Bodenproben ausgewertet und dabei zum ersten mal globale Daten zur Bodenbelastung zusammengefasst. Demnach sind bis zu 17 Prozent der weltweiten Ackerflächen mit giftigen Metallen wie Arsen, Blei, Cadmium, Chrom, Kobalt, Kupfer oder Nickel kontaminiert.

In a new Science study, researchers estimate that as many as 1.4 billion people live in areas with soil dangerously polluted by heavy metals like arsenic, cadmium, cobalt, chromium, copper, nickel, and lead. The results reveal a global risk, but also a previously unrecognized… pic.twitter.com/JlQcl0o5s7 — Science Magazine (@ScienceMagazine) April 17, 2025

Woher stammen die Metalle?

Giftige Schwermetalle und Halbmetalle gelangen sowohl aus natürlichen geologischen Quellen als auch aus menschlichen Aktivitäten wie Bergbau und Industrie in die Böden. Einmal eingebracht können solche Metalle über Jahrzehnte in Ton und organischen Bodenschichten bestehen bleiben.

Diese Belastung des Bodens stellt ein erhebliches Risiko für die Ökosysteme und die menschliche Gesundheit dar. Denn die Schadstoffe beeinträchtigen die Diversität, gefährden die Wasserqualität und verringern die Ernteerträge. Da sich die Metalle in Pflanzen und Nutztieren anreichern, bedrohen sie zudem unsere Lebensmittelsicherheit.

Globale Analyse der Bodenbelastung

Schon frühere Analysen zeigten, wie stark Böden regional durch giftige Metalle kontaminiert sind. Doch die globalen Dimensionen dieses Problems waren bisher nur erahnt worden.

Die aktuelle Studie macht die erschreckenden Ausmaße der Verseuchung deutlich:

Weltweit sind 14 bis 17 Prozent der Ackerflächen – das sind 242 Millionen Hektar – mit mindestens einem giftigen Metall kontaminiert.

Die Grenzwerte für landwirtschaftliche Anbauflächen werden in 6,8 Prozent aller Böden überschritten.

0,9 bis 1,4 Milliarden Menschen leben in Hochrisikogebieten leben, in denen die Böden in gesundheitlich bedenklichen Konzentrationen mit Metallen kontaminiert sind.

Am weitesten verbreitet ist Cadmium. „Cadmium-Übrschreitungen in landwirtschaftlichen Böden sind am stärksten in Nord- und Zentralindien, Pakistan, Bangladesch, Südchina, im Süden Thailands und Kambodschas, im Iran, in der Türkei, in Äthiopien, Nigeria, Südafrika, Mexiko und Kuba zu verzeichnen“, schreiben die Experten.

Aber auch Nickel, Chrom, Arsen und Kobalt überschreiten in zahlreichen Regionen die zulässigen Grenzwerte.

Transkontinentaler „Korridor“ von Südeuropa bis Südchina

Besonders stark mit Schadstoffen belastet ist ein transkontinentaler „Korridor“, der sich von Südeuropa über den Nahen Osten und Südasien bis nach Südchina erstreckt. Dort haben sich die Schwermetalle und Halbmetalle wohl schon seit der Bronzezeit aus dem intensiven Bergbau angereichert und durch Wind und Wasser verteilt.

Schon Griechen, Römer, Perser und andere Hochkulturen betrieben in diesem Korridor Bergbau. Hinzu kommt die natürliche Verwitterung von metallreichem Grundgestein wie Basalt und Schiefer, das unter den fruchtbaren Böden liegt.

️ One-sixth of the planet’s cropland has toxic levels of one or more metalsA review of tens of thousands of soil samples from Earth reveals high concentrations of arsenic, cadmium, and lead in the pedospherehttps://t.co/q3z6nCsBPR — El País English Edition (@elpaisinenglish) April 18, 2025

Belastung der Böden wird weiter zunehmen

Angesichts der wachsenden Nachfrage nach Metallen für Windturbinen, Solaranlagen, E-Autos und andere vermeintlich „grüne“ Technologien prognostizieren die Forscher, dass dass sich die Belastung der Böden künftig noch verschlimmern wird.

„Wir hoffen, dass die in diesem Bericht vorgestellten Daten zur globalen Bodenverschmutzung als wissenschaftliche Warnung für politische Entscheidungsträger und Landwirte dienen werden, sofortige und notwendige Maßnahmen zu ergreifen, um die wertvollen Bodenressourcen der Welt besser zu schützen“, resümieren die Wissenschaftler.

Giftige Metalle werden durch Klimawandel mobiler

Und noch ein weiteres Problem kommt hinzu, dass die Bodenqualität weiter verschlechtern wird: Durch die zu erwartenden Änderungen im Klimawandel könnten die natürlicherweise in Böden vorkommenden giftigen Metalle mobiler werden, Ökosysteme destabilisieren und über die Landwirtschaft verstärkt in die menschliche Nahrungskette gelangen.

Solche Szenarien ergeben sich vor allem bei leicht sauren Böden, was bei rund zwei Drittel aller Böden der Fall ist. Das hat eine Studie der Pflanzen-Biogeochemie der Universität Tübingen und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) an landwirtschaftlich genutzten Böden ergeben, die auf das krebserregende Schwermetall Cadmium untersucht wurden. Die Studie ist bereits 2024 im Fachmagazin „Nature Communications Earth and Environment“ erschienen.

Bis zum Jahr 2100 wird ein weltweiter Temperaturanstieg von zwei bis vier Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau prognostiziert, begleitet von einer Verdoppelung des heutigen Kohlendioxidgehalts der Atmosphäre. Die Niederschlagsmengen könnten in Deutschland etwas zurückgehen.

Bodenmikroben im Dauerstress

„Der Klimawandel und Metalle versetzen die Mikroorganismen im Boden, in ihrer Gesamtheit als Bodenmikrobiom bezeichnet, unabhängig voneinander in Stress. Wir wollten nun die bisher wenig bekannten kombinierten Effekte dieser Einflüsse untersuchen“, berichtet Marie Muehe vom Helmholtz Centre for Environmental Research.

Giftige Metalle gebe es in jedem Boden auf unserer Erde, erklärt die Forscherin. Doch spielten sie in gebundener Form kaum eine Rolle für die Bodenlebewesen und den Pflanzenanbau. Anders sei es, wenn die Metalle mobilisiert werden. „In unserer Studie haben wir das Paradebeispiel eines giftigen im Boden vorkommenden Metalls untersucht, das Cadmium.“ Diese Substanz wirke auf alle Lebewesen giftig, weil es physiologische Prozesse in den Zellen hemmt.

Ökosysteme werden gestört

Die Forscher stellten fest, dass die Mobilität des im Boden vorhandenen Cadmiums unter den künftigen Klimabedingungen bei sommerlichen Temperaturen in leicht sauren Böden gegenüber heutigen Bedingungen um etwa 40 Prozent zunimmt.

In manchen Böden steigen die Cadmiumwerte so stark, dass das Bodenmikrobiom darunter leidet und das Ökosystem seine Funktionsweise anpassen muss. Die Studie zeige, wie komplex die Wechselwirkungen zwischen dem Klimawandel, den Stoffen im Boden und den Bodenmikrobiomen seien, betont Marie Muehe.

„Die Ökosysteme könnten in Zukunft massiv durch erhöhte Mengen an mobilem Cadmium gestört werden“, so die Forscherin. „Dadurch könnten sich auch die durch die Landwirtschaft entstehenden Treibhausgasemissionen ändern und das mobile Cadmium in Nutzpflanzen gelangen, was dann gesundheitsschädlich für den Menschen sein könnte.“