Beim 18. Backnanger Tulpenfrühling sind Daunenjacke, Mütze und Schal die richtige Ausstattung. Am Nachmittag füllen sich die Straßen aber trotzdem. Fotos: T. Sellmaier
Von Christine Schick
Backnang. Wer an diesem Sonntag am Morgen aus dem Fenster schaut, tut sich mit frühlingshaften Assoziationen schwer. Nahe liegender sind da Daunenjacke, Schafsfell vor Kaminofen und Glühwein. Der Backnanger Stadtmarketingverein und die Stadt, Händler, Vereine und weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter machen aber das Beste aus dem Tulpenfrühling, der in seine 18. Runde geht. Auch den Besucherinnen und Besuchern, die gut eingepackt durch Backnang pilgern, können die kühlen Temperaturen nicht viel anhaben.
Launiger Start: Zum Auftakt spielen die Turmbläser den Gästen ein Ständchen, und Oberbürgermeister Maximilian Friedrich freut sich, dass nun wieder Feste und Märkte möglich sind. Und er weist nicht nur auf die mehr als 10000 Tulpen hin, die das Backnanger Frühlingsevent flankieren, sondern auch auf die spontan geschlossene Kooperation mit dem Max-Born-Gymnasium, das an einem Stand gratis Glühwein anbietet. Sigrid Göttlich, Vorsitzende des Stadtmarketingvereins, strahlt, sagt, wie schön es sei, dass Händler, Stadt und die vielen Partner nun nach drei Jahren Pause wieder einen Tulpenfrühling ausrichten können. Beschwingt verteilt sie mit Friedrich Tulpentütchen an die ersten Flaneure.
Warm, kalt und Wechselwirkung Die Besucherinnen und Besucher haben sich gut eingemummelt. Dicke Mützen, Schals und Pelzkragen haben Hochkonjunktur. Es sind viele Familien unterwegs, ihre Knirpse, Kinderwagen und manchmal auch den Vierbeiner im Schlepptau. Der Glühwein verkauft sich gut, genauso wie Waffeln, warme Rote oder frittierte Kartoffelspieße. Nur die Tulpen geben sich noch etwas verhalten, was das Öffnen ihrer Blütenpracht anbelangt. Schon kalt für einen Tulpenfrühling, oder? „Ich find es gar nicht so schlecht, wenn es nicht ganz so warm ist“, sagt Kultur- und Sportamtsleiter Johannes Ellrott. „Dann gehen die Leute auch mal in das eine oder andere Geschäft, um sich aufzuwärmen.“
Bummeln, draußen und drinnen Die Straßen in der Innenstadt füllen sich am Nachmittag zusehends. Während die einen noch ein bisschen auf mehr Frequenz hoffen, freut sich eine Filialleiterin darüber, dass doch viele den Weg ins Geschäft finden. Vor einem Tisch mit häsischem Schmuck und Dekoartikeln sagt sie: „Den Leuten fällt ein, dass jetzt bald Ostern ist.“
Naturgenüsse Der April macht seinem Namen an diesem Sonntag alle Ehre – Sonne und Wolken wechseln sich immer mal wieder ab. Das heißt nichts anderes, als mit der Natur zu leben. Apropos: Ganz praktische Tipps zu Gartenarbeit und dem Umgang mit der Natur können sich Gäste des Tulpenfrühlings im Biegel bei den Ständen der Stadt und Ortsvereine von BUND und Nabu abholen. Auch eine Samentauschbörse gibt es, an der ebenso allerlei Setzlinge abgegeben worden sind. Eine Backnangerin schaut sich bei Sonnenhut und Mutterkraut um. „Wir haben Samen für Stockrosen, Mädchen im Schlafrock und Nachtkerzen dagelassen“, erzählt sie.
Selbst gemacht Gegenüber der Samentauschbörse steht Tobias Lindenberger. Seine Nistkästen sind ein echter Hingucker, bunte Minivillen für die kleineren unter den Piepmätzen. Damit die auch fröhlich zu Hause entstehen können, bietet er Bausätze inklusive Schrauben an. Auch Werkzeuge am Stand liegen bereit. Bisher hat sich noch kein Bauwilliger eingefunden. Klar, langes Basteln bei schattigen Temperaturen lockt vielleicht nicht. Stimmt aber gar nicht: „Das Häuschen ist in fünf Minuten fertig“, sagt Lindenberger. Respekt.
Schwierige Zeiten und Solidarität Oberbürgermeister Maximilian Friedrich lässt nicht außer Acht, dass es schwer fassbare Umstände sind, in denen sich Europa gerade befindet. „Wir möchten daher auch an diesem Tag unsere Solidarität der Ukraine gegenüber zum Ausdruck bringen“, sagt er und weist auf die eingeflochtenen Statements beim Tulpenfrühling hin: Tulpen und Traubenhyazinthen in Gelb-Blau, das mit Friedenstauben gestaltete Beet der Schillerschule, Beflaggung an städtischen Gebäuden sowie die Aktion von Dietmar Buchfink, der Hilfsgüter und Verbandskästen für die Ukraine sammelt.
Genießerisch unterwegs Gegen Nachmittag bekommen viele Lust auf einen Happen, die gut Abgehärteten nehmen auch am Cafétisch oder auf der Restaurantterrasse Platz, eine kleine Lady hat sich für ein Schokoladeneis entschieden. Für die Jüngeren ist eine Runde Karussellfahren einfach klasse, das Winken und die leuchtenden Augen zeugen vom Genuss.
Sportlich unterwegs Ein stattliches Team der „Wild Thing Cheerleading“ entschließt sich zu einer knackigen Einlage, stapelt sich mal kurz für die Flaneure und das eine oder andere Foto in der Fußgängerzone und erntet Applaus und bewunderndes Nicken. Dann geht es wieder zurück zu ihrem Stand, an dem sie zu ihrem Sport informieren. Gute Taktik, damit es einem warm bleibt.
Vorläufige Bilanz Für Kultur- und Sportamtsleiter Johannes Ellrott war es ein durchaus erfolgreicher Tag. „Es waren zwar nicht so viele Menschen in der Stadt wie beim vergangenen Gänsemarkt, das war dem Wetter geschuldet“, sagt er am Abend. „Aber es sind wirklich auch mehr Besucherinnen und Besucher in die Läden gepilgert, manche sind sogar ganz gezielt einkaufen gegangen.“ In Bezug auf die Mitstreiterinnen und Mitstreiter außerhalb ist er ebenso zufrieden. 30 Stände waren mit von der Partie, wobei es eigentlich noch mehr hätten sein können, wenn nicht 15 Standteams aufgrund einer Coronainfektion hätten absagen müssen. Angesichts der Umstände zieht er eine gute Bilanz.
Echte Hingucker: Die von der Jugendkunstschule Backnang gestalteten Tulpengemälde an der Bleichwiesentreppe (Foto), aber auch an der Übergangstreppe zwischen Graben- und Uhlandstraße.
Oberbürgermeister Maximilian Friedrich verteilt Tulpentütchen.
Den Tulpen ist auch noch ein klein wenig kalt.