„Wir gehen bis an die Grenzen des Rechtlichen“

Ralf Michelfelder, Präsident des Landeskriminalamts Baden-Württemberg, zu Gast beim „Backnanger Gespräch“ im Feuerwehrgerätehaus

„Wir gehen bis an die Grenzen des Rechtlichen“

Ralf Michelfelder referierte zum Thema „Was bedroht unsere Gesellschaft?“. Foto: A. Becher

Von Claudia Ackermann

BACKNANG. Wohnungseinbrüche, politisch motivierte Kriminalität und die zunehmende Gefahr von Cybercrime standen im Fokus bei der Reihe „Backnanger Gespräche“ im Feuerwehrgerätehaus. Ralf Michelfelder, Präsident des Landeskriminalamts (LKA), referierte und diskutierte zum Thema „Was bedroht unsere Gesellschaft? – Innere Sicherheit und Herausforderungen für die Polizei!“. Ein- bis zweimal im Jahr lädt der SPD-Ortsverein Backnang zu der Reihe „Backnanger Gespräche“ mit Referenten zu aktuellen Themen ein. Gut besucht war die Veranstaltung mit LKA-Präsident Ralf Michelfelder im Saal des Feuerwehrgerätehauses, die von Gernot Gruber eröffnet wurde. Der Landtagsabgeordnete und SPD-Ortsvereinsvorsitzende stellte den beruflichen Werdegang des in Backnang geborenen Ralf Michelfelder vor. Vom Streifendienst über die Kripo wurde er Leiter der Polizeidirektion des Rems-Murr-Kreises in Waiblingen, später Präsident des Polizeipräsidiums Aalen und ist jetzt Präsident des Landeskriminalamts Baden-Württemberg. Die Moderation übernahm Armin Dobler, Stadtrat und stellvertretender Vorsitzender des SPD-Ortsvereins. Beim LKA stelle sich immer wieder die Frage „Wo besteht der größte Handlungsbedarf? Wo muss man eine Schippe drauflegen?“, führte Ralf Michelfelder aus. Ein Schwerpunkt seien Wohnungseinbrüche, denn sie seien ein Eingriff in die Privatsphäre und für die Opfer extrem belastend. Im Jahr 2014 sei es zu einem enormen Anstieg gekommen. Gezielte Maßnahmen wurden eingeleitet.

Das große Thema der Zeit sei Cybercrime

Im Jahresverlauf ist die Häufung ab Ende September zu beobachten. „Wenn es losgeht, heißt es für die Polizei: Alles auf die Straße, um die Einbrecher dingfest zu machen“, so Michelfelder. Ein starker Rückgang sei inzwischen zu verzeichnen. Der Referent ging auf die Themen Sexualdelikte, Bandenkriminalität und organisierter Drogenhandel ein. Besondere Priorität habe für das LKA die Verhinderung von Terroranschlägen. Dass der sogenannte Islamische Staat zerschlagen sei, heiße nicht, dass die Extremisten weg sind. Während bundesweit rund 750 Islamisten als Gefährder eingestuft wurden (inzwischen ist die Zahl gesunken), lag die Anzahl in Baden-Württemberg knapp unter dem dreistelligen Bereich, so Michelfelder. Eine neue Qualität sehe man im Bereich Rechtsextremismus. Die Aussage „Die Polizei ist auf dem rechten Auge blind“ sei „Blödsinn“. In Baden-Württemberg führe man bedeutende Ermittlungen durch, die jedoch auch manchmal im Stillen stattfinden müssen. Das große Thema der Zeit sei Cybercrime. Michelfelder ging auf das Thema „kritische Infrastruktur“ ein. Was passiert, wenn eine Woche lang der gesamte Strom ausfällt? Die Gefahr durch Hackerangriffe bedrohe auch mittelständische Unternehmen. Eine zentrale Ansprechstelle für Cybercrime (ZAC) wurde eingerichtet, wo es Beratung zur Prävention oder Unterstützung gibt, wenn bereits etwas passiert ist. Michelfelder riet dringend dazu, Software-Updates regelmäßig durchzuführen, um Sicherheitslücken zu schließen. Das betreffe nicht nur Firmen, sondern auch private Internetnutzer. Michelfelder: „Wir brauchen eine Update-Verpflichtung.“ Eine Gefahr bestehe auch darin, dass immer mehr Geräte im Haushalt vernetzt werden. Die Explosion im Datenbereich führt auch bei der Polizei dazu, dass riesige Datenmengen ausgewertet werden müssen. Zur Unterstützung brauche man künstliche Intelligenz, um Daten vorzuselektieren. Natürlich darf menschliche Intelligenz nicht ausgeschaltet werden. „Unser Beruf lebt von Empathie“, unterstrich Ralf Michelfelder.

Sonderlaufbahnen mit attraktiven Angeboten

In der anschließenden Diskussion sprach eine Frau die zunehmende Gewalt gegen Polizisten an. Es ging um Unterbesetzung bei der Polizei. Gerade im Bereich Cyberkriminalität brauche man mehr geschultes Personal, forderte ein Besucher. In den USA stelle man die besten Leute mit guter Bezahlung ein, gab er zu bedenken.

Michelfelder wies darauf hin, dass es beim LKA inzwischen Sonderlaufbahnen mit attraktiven Angeboten gibt. Ein anderer Besucher sprach das Thema der Überwachung von Personen durch die modernen Informationstechniken und Datenschutz an. „Wir gehen bis an die Grenzen des Rechtlichen“, antwortete der LKA-Präsident. Es gehe um die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit.