Krimi - Die Serie „True Detective“ erkundet mit dem inzwischen dritten Ermittlerteam einmal mehr die Abgründe der menschlichen Seele.
Stuttgart Es war der Tag, an dem Steve McQueen starb. Zumindest daran kann sich Wayne Hays noch erinnern. An diesem 7. November 1980 spiegelt sich in einer Kleinstadt im Nordwesten von Arkansas der Vollmond in Regenpfützen, das Radio spielt ein Lied von Mickey Newbury, ein paar Highschoolkids lungern gelangweilt am Straßenrand herum. Und sie werden zu den Letzten zählen, welche die beiden Kinder auf ihren Fahrrädern sehen, die an dem Tag, an dem Steve McQueen stirbt, verschwinden.
Wayne Hays von der Mordkommission der Staatspolizei übernimmt die Ermittlungen. Zehn Jahre später, im Jahr 1990, als der Fall immer noch nicht aufgeklärt ist, wird er erneut damit konfrontiert. 2015 schließlich sitzt er vor der Kamera eines Filmteams, das eine Dokumentation über dieses mysteriöse Verbrechen dreht. Doch Hays, dieser eigenwillige Außenseiter, der einst im Vietnamkrieg als Scout allein in den Dschungel geschickt wurde, ist nicht mehr der beste Zeuge. Er leidet unter Demenz, immer wieder spielt ihm seine Erinnerung Streiche.
Dieser Mordkommissar wird von Mahershala Ali gespielt, der 2017 für seine Rolle in „Moonlight“ als bester Nebendarsteller einen Oscar bekam. Zudem wurde Ali gerade mit einem Golden Globe für seinen Part in dem Film „Green Book – Eine besondere Freundschaft“ ausgezeichnet, erneut als bester Nebendarsteller. In „True Detective“ ist er dagegen der Hauptdarsteller, steht allein im Zentrum dieser Geschichte. Alle weiteren Figuren gruppiert das Drehbuch um ihn herum: seinen Kollege Roland West (Stephen Dorff) zum Beispiel, Tom Purcell (Scott McNairy), den Vater der verschwundenen Kinder, oder die Lehrerin Amelia Reardon (Carmen Ejogo), der Hays bei den Ermittlungen näherkommt.
Mahershala Ali spielt den Wayne Hays der Jahre 1980, 1990 und 2015 mit erschütternder Intensität und Nüchternheit und führt vor, wie sich dieser Mann mehr und mehr verliert. Das macht er so gut, dass man Nic Pizzolattos Serie beinahe die missratene zweite Staffel verzeiht, die in Kalifornien spielte und in der sich besonders Vince Vaughn in der Rolle des kriminellen Unternehmers als Fehlbesetzung erwies. Und fast gelingt es dieser dritten Staffel sogar, an die Qualitäten der ersten anzuknüpfen.
In der ersten Staffel waren die Ermittler Justin Cohle (Matthew McConaughey) und Marty Hart (Woody Harrelson) in Louisianas Niemandsland unterwegs. Erzählt wurde die Geschichte ihrer Jagd auf einen Serienkiller, die im Jahr 1995 beginnt und 17 Jahre später endet. Acht Stunden ließ sich die erste Staffel von „True Detective“ Zeit für die verwirrende Geschichte, die eigentlich in acht Kapiteln einen überlangen Film noir erzählte, für den das Kino nicht genug Geduld gehabt hätte. Dass sich damals alle auf Pizzolattos Serie einigen konnten, lag auch daran, dass sie exemplarisch vorführte, dass das Serien-TV heute all die Dinge beherrscht, die das Kino im Zeitalter der 3-D-Spektakel verlernt hat: Sich auf eine Geschichte, auf deren Schauplätze, auf deren Haupt- und obendrein auch deren Nebenfiguren einzulassen. Und nebenbei arbeitete sich „True Detective“ an religiösen, philosophischen, existenziellen Fragen menschlichen Zusammenlebens ab.
Fast all diese Elemente finden sich jetzt auch in der dritten Staffel, nur als lakonisches Buddy-Movie taugt sie – anders als die erste – nicht mehr. Dazu konzentriert sich der Neo-Noir-Thriller zu sehr auf seinen Hauptdarsteller. Doch während Mahershala Ali mehr oder weniger auf sich selbst gestellt ist, hat sich der Serienerfinder Nic Pizzolatto diesmal Unterstützung von einem Mann geholt, der schon Qualitätsserien gemacht hat, bevor sich HBO, Netflix und Co. dieses Format aneigneten: Mit David Milch („Hill Street Blues“) gelingt es ihm erneut, eine packende Geschichte zu erzählen, die einen mit sich fortzieht – hinein ins Herz der Finsternis.