Goldene Hochzeit: Zwischen Deutschland und der Türkei

An heutigen Neujahrssonntag begehen Aize und Osman Gülseren das Fest der goldenen Hochzeit. Die beiden kennen sich schon seit ihrer Kindheit. Ihre Eltern beschlossen, dass sie später einmal heiraten sollten – eine gute Entscheidung, wie sich herausstellte.

Goldene Hochzeit: Zwischen Deutschland und der Türkei

Am 1. Januar 1973 heirateten Aize und Osman Gülseren. Foto und Repro: Alexander Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

Backnang. Schon von klein auf kennt sich das Ehepaar Gülseren. Aufgewachsen sind sie beide in zwei kleinen Dörfern in der Türkei, nicht weit voneinander entfernt. Die Idee, ihre Kinder miteinander zu vermählen, war damals von den Eltern gekommen – im Fall von Aize und Osman Gülseren, die heute gemeinsam in Backnang wohnen, eine gute Entscheidung.

Er erinnert sich an damals: „Ich habe sie gesehen und gedacht: Die muss ich haben“, sagt er schmunzelnd. Aize Gülseren nickt und verrät, dass auch sie recht angetan gewesen sei von dem jungen Mann. Doch zunächst musste der Militärdienst absolviert werden. Nach dessen Ende, Osman Gülseren war 22 Jahre alt, wurde am 1. Januar 1973 geheiratet. Seither hat dieser Tag eine doppelte Bedeutung für ihn, denn das ist zugleich sein Geburtstag.

Von April 1973 an arbeitete Osman Gülseren auf Baustellen in Deutschland

Doch viel gemeinsame Zeit blieb dem jungen Paar nicht, das zusammen im Haus seiner Mutter lebte. Wenige Monate später, am 23. April, machte sich der junge Ehemann auf den Weg nach Deutschland, um dort auf verschiedenen Baustellen zu arbeiten. Gemeinsam mit anderen Arbeitern teilte er sich über Jahre ein Zimmer im Wohnheim. Zunächst war er in Waiblingen, dann in Backnang beschäftigt. Nur über den Winter ging es für einige Monate wieder zurück in die Türkei.

„Das war eine harte Zeit für mich“, sagt er. Als ältester Sohn der Familie hatte er auch die Aufgabe, seine Mutter und die jüngeren Geschwister zu versorgen. Aize Gülseren unterstützte ihre Schwiegermutter mit der kleinen Landwirtschaft ebenfalls und half zudem, die jüngeren Geschwister ihres Mannes mit aufzuziehen. Diese Jahre waren für beide nicht einfach.

1980 folgte Aize Gülseren zusammen mit den Kindern ihrem Mann nach Deutschland

Dennoch wuchs die junge Familie, drei Kinder wurden geboren. Im August 1980 schließlich war es so weit: Aize Gülseren siedelte zusammen mit den Kindern nach Deutschland über. Mittlerweile war sein Vater verstorben, so unterstützte Osman Gülseren auch weiterhin seine Mutter und die Geschwister.

Vom Bau ging es über den Umweg einer Metall verarbeitenden Firma in Pforzheim schließlich zur Firma Stihl nach Waiblingen. Dort war Osman Gülseren bis zu seiner Rente als Maschinenführer beschäftigt.

Aize Gülseren kümmerte sich zunächst vor allem um die Erziehung der mittlerweile drei Söhne und zwei Töchter. Später arbeitete sie dann ebenfalls. Sie war als Reinigungskraft tätig.

Die Familie reist oft in die alte Heimat

Die Familie bedeutet dem Ehepaar Gülseren sehr viel, daher sind sie froh, dass vier ihrer Kinder in der näheren Umgebung wohnen. Eine Tochter lebt in der Türkei. Oft besuchten sie die alte Heimat, der Aufenthalt bei der Oma ist in guter Erinnerung geblieben, wie Tochter Yasemin Akinci erzählt: „Wir haben es genossen, mit der Familie zusammen zu sein.“

In den vergangenen Jahren sind die Gülserens viel gereist, unter anderem nach Mekka

Seit sie in Rente sind, teilen sich die Gülserens das Jahr auf – die eine Hälfte verbringen sie in Deutschland, die andere Hälfte in der Türkei. Allerdings nicht mehr im Dorf, sondern in einer Stadtwohnung. Außerdem sind sie in den vergangenen Jahren viel gereist, so haben die beiden zum Beispiel Mekka besucht, waren in Frankreich, Bosnien und Dubai.

Etwas Außergewöhnliches haben sie sich für dieses besondere Hochzeitsjubiläum nicht vorgenommen, denn eigentlich wird dieser Tag jedes Jahr gemeinsam mit der ganzen Familie gefeiert. Und das sind nicht wenige, denn zu ihren fünf Kindern sind mittlerweile noch 13 Enkelkinder dazugekommen. Auch wenn die ersten Jahre hart waren für die junge Familie, sagt Osman Gülseren rückblickend: „Es war alles gut. Man muss sich gegenseitig unterstützen.“ Das haben sie immer getan, auch wenn es vielleicht einmal Meinungsverschiedenheiten gegeben hat. Tochter Yasemin sagt schmunzelnd: „Pfeffer und Salz gehören zusammen.“ Und ergänzt: „Meine Mutter hat immer gesagt, man dürfe nie verärgert ins Bett gehen.“