Wer geglaubt hatte, die BKZ-Bundestrainer würden als Reaktion aufs deutsche Aus in Scharen ihren Dienst quittieren, der irrte sich. Die Diskussionen über die Gründe für die Blamage sind unter den 227 Mitgliedern der Facebook-Gruppe zwar etwas abgeebbt, doch dafür ist der Meinungsaustausch über die Duelle der anderen Nationen intensiver geworden. Nun rückt das Finale zwischen Frankreich und Kroatien in den Mittelpunkt.
Von Steffen Grün
Zwei BKZ-Bundestrainer wagten sich am vergangenen Montag vor den zwei Halbfinalspielen aus der Deckung, ihr Tipp war derselbe. Im Luschniki-Stadion in Moskau komme es am Sonntag zum Endspiel zwischen Frankreich und England, prognostizierten Gernot Gruber und Dietmar Meyer und hatten in den Kommentarspalten eine breite Mehrheit hinter sich. Einer derjenigen, die dagegenhielten, war Armin Holp. „Ich tippe aufs Finale Belgien gegen Kroatien mit Belgien als Weltmeister“, schrieb er und versah dies mit einem vielsagenden Hashtag: #dasfavoritensterbengehtweiter.
Damit hatte Holp einerseits das richtige Näschen, denn tatsächlich rissen die Kroaten die Engländer jäh aus ihren Träumen, zum zweiten Mal nach 1966 den Titel holen zu können. Andererseits ist sein Weltmeistertipp mittlerweile schon von der Realität überholt, denn die cleveren Franzosen bremsten Belgien aus. Komplett richtig lag derweil alleine Gerd Mayer, der ein Finale zwischen Frankreich und Kroatien in den virtuellen Raum geworfen hatte.
Für Frankreichs Halbfinalauftritt
gibt es auch kritische Worte
Dass sich diese Nationen in der Runde der letzten vier durchsetzten, stieß bei den BKZ-Bundestrainern aber nicht auf ungeteilte Begeisterung. So war das knappe 1:0 der Franzosen um VfB-Star Benjamin Pavard in Jörg Pfannenschmidts Augen „typisch für diese WM. Die Mannschaft, die nix fürs Spiel macht, wird am Ende auch noch belohnt“, ärgerte er sich und Andreas Ziegele stimmte ihm zu: „Wenig“ sei das, was die Équipe Tricolore da anbiete.
Etwas anders ist der Fall bei den Kroaten gelagert. Die hatten anfangs zwar viel Mühe mit den Engländern, die nach ihrem frühen Führungstor durch den tollen Freistoß von Kieran Trippier und einer überlegenen ersten Halbzeit auf dem Weg ins Finale schienen, doch spätestens mit dem 1:1 von Ivan Perisic kippte die Partie. Für Andreas Ziegele ging der Ausgleich völlig in Ordnung, denn ihm fehlte bei England mit dem Vorsprung im Rücken der Elan: „Dieser Verwaltungsfußball ödet mich an.“ Auf das 2:1 von Mario Mandzukic hatten die Kicker von der Insel keine Reaktion mehr parat, die Überraschung war perfekt. „Das Ergebnis hätte ich bis zur Halbzeit nicht erwartet“, räumte Joachim Rapp ein, „aber Kroatien hat absolut gekämpft.“ Das Lob ändert allerdings nichts an seiner Prognose fürs Endspiel am Sonntag um 17 Uhr: „Der Weltmeister wird Frankreich sein.“
Es gibt weitere BKZ-Bundestrainer, die es genauso sehen. Zum Beispiel Heinz Weber, für den der Trainer Didier Deschamps über „eine sehr gute Mischung aus Alt und Jung“ verfügt. Oder Sascha Hölterhoff, für den die Kroaten aber selbst im Falle einer Finalpleite „der große Sieger dieser WM“ sind, „denn mit denen hätte niemand vorher gerechnet“. Rolf Layer vergibt die Favoritenrolle an Frankreich, „aber darauf wetten würde ich nicht“. Sollte Kroatien um Superstar Luka Modric den Pokal holen, wäre das „nicht unverdient. Man muss einfach sehen, dass sie die Gruppe mit drei Siegen und neun Punkten abgeschlossen und sogar Argentinien mit 3:0 geschlagen haben. Auch wenn es danach in den K.o.-Spielen über Verlängerung und Elfmeterschießen ging, wären sie die einzige Mannschaft, die alle Spiele gewonnen hat“. Als es richtig eng wurde, hätten die Kroaten die nötige Leidenschaft an den Tag gelegt.
Obwohl die von ihm vor dem Halbfinale als Weltmeister genannten Belgier die Segel streichen mussten, bleibt Armin Holp bei seiner Einschätzung, dass ein Außenseiter das Rennen macht: „Ich tippe auf die Kroaten, da sie abgezockter sind, auch wenn Frankreich technisch besser ist.“ Eine Begründung für seine Prognose liefert Flo Götz nicht, aber auch er setzt auf die Truppe vom Balkan und tut dies lediglich mit einer geposteten Nationalflagge kund. Echte Schwierigkeiten, am Sonntag einer von beiden Mannschaften die Daumen zu drücken, dürfte Marc Hamacher haben. Er beantwortet die Frage nach dem künftigen Weltmeister so: „Ich kriege diesen Spruch mit Pest und Cholera nicht aus dem Kopf.“
Im Vorfeld des mit Spannung erwarteten Endspiels haben die BKZ-Bundestrainer noch genug Zeit, ihre Argumente auszutauschen und zu begründen, wer warum die Oberhand behält. Wenn der Anpfiff ertönt ist, können alle Theorien mit der Realität abgeglichen werden, ehe hinterher die Diskussion ansteht, ob der Sieger ein verdienter Weltmeister ist. Sicher ist: Der Gesprächsstoff geht so schnell nicht aus.