Der Ex-Verteidiger des Vereins wird mit deutlicher Mehrheit zum neuen Präsidenten des Hamburger SV gewählt. Der 33-Jährige will sich sofort an die Arbeit machen und in erster Linie die Lagerbildung beenden.
Hamburg /SID - Marcell Jansen – weißes Hemd, blaues Sakko – sprach nach seiner Wahl schon richtig präsidial und gab sich auch in seinen Gesten staatsmännisch. Mit seinen Händen bildete der neue Präsident des Hamburger SV wie Bundeskanzlerin Angela Merkel immer wieder eine Raute, nachdem der erst 33-Jährige zum mächtigsten Mann beim Traditionsclub aufgestiegen war. „Stolz“ sei er, sagte Jansen, nachdem sich der Ex-Nationalspieler bei der Mitgliederversammlung des Gesamtvereins am Samstag mit 799 Stimmen klar gegen seinen letzten Kontrahenten Ralph Hartmann (490 Stimmen) durchgesetzt hatte. Und er wolle der Präsident aller im HSV sein. „Es muss endlich Schluss sein mit Lagerbildung“, sagte Jansen, der sich als Präsident sofort in die Arbeit stürzen wollte.
Allerdings wird Jansen selber einem Lager zugeschrieben: dem von Bernd Hoffmann, seinem Vorgänger. Der 55-Jährige ist ja längst zum Vorstandschef der seit 2014 ausgegliederten und ziemlich verschuldeten HSV Fußball AG aufgestiegen, an der AG ist der HSV e.V. mit 76,19 Prozent größter Anteilseigner. Der Präsident, als gewählter Vertreter des Besitzers, erhält automatisch einen Sitz im AG-Aufsichtsrat, aber Jansen sitzt ohnehin fast seit einem Jahr in dem Kontrollgremium.
Kritiker werfen ihm vor, eine zu große Nähe zu Hoffmann zu pflegen. Jansen kündigte an, sich stark im Fußballgeschäft beim Tabellenführer der zweiten Liga einmischen zu wollen. „Die operativen Entscheidungen trifft der Vorstand, aber der Präsident muss diese bewerten können“, sagte er Mann, der möglichst weiter für die dritte Mannschaft des Clubs kicken will: „Denn dort wird die Grundlage gelegt, der wichtigste Hebel ist und bleibt der Profifußball.“
Den Posten des Aufsichtsratschefs peilt Jansen aber erst einmal nicht an. „Ich will es nicht für immer ausschließen, aber in der aktuellen Besetzung ist das kein Thema“, sagte er. Der Ex-Profi räumte zudem ein, in Wirtschaftsfragen weiter lernen zu müssen. Aber genau die Zahlen sind und bleiben das ganz große Problem der Fußballer – diese waren nämlich zuletzt achtmal in Serie rot. Und Finanzvorstand Frank Wettstein geht für das laufende Geschäftsjahr wieder von einem „erheblichen Jahresfehlbetrag“ aus – in „zweistelliger Millionenhöhe“. Wohl auch deshalb kündigte Hoffmann an, dass die klammen Hanseaten erneut die Anhänger um Geld anpumpen. Der Club werde eine „neue Fananleihe auflegen“, sagte der 55-Jährige. Die neue Anleihe solle dazu verwendet werden, um die auslaufende zurückzuzahlen, meinte Wettstein. „Die neue Anleihe wird die gleiche Laufzeit und gleiche Verzinsung haben“, erklärte der 45-Jährige. „Einziger Unterschied: Wir werden sie im Laufe der Jahre ablösen.“
Der HSV plant erneut mit einem Emissionsvolumen in Höhe von 17,5 Millionen Euro. Bereits 2012 hatte der HSV zum 125-Jahr-Jubiläum des Vereins eine Anleihe aufgelegt und dabei 17,5 Millionen Euro eingesammelt. Die Rückzahlung wird im kommenden September fällig, den Anlegern wurde damals eine Verzinsung von sechs Prozent versprochen. Hoffmann sprach von einer „schwierigen, aber nicht desolaten“ finanziellen Situation des Clubs: „Wir sind auf einem guten Weg.“
Mehr als 24,9 Prozent ihrer Anteile soll die AG aber nicht verkaufen dürfen. Jansen bekam von den Mitgliedern den Auftrag, dies in der Hauptversammlung der AG durchzusetzen. Damit fällt eine Möglichkeit weg, an frische Millionen zu kommen. Jansen ist gefordert. „Wir brauchen eine Leistungskultur“, sagte er. „Es reicht nicht, nur in unserer schönen Stadt zu leben, sondern wir müssen auch erfolgreich sein.“