Im Schatten von Dahlmeier

Die Doppelolympiasiegerin verordnet sich wieder eine Wettkampfpause – Franziska Preuß will in Oberhof in die Bresche springen

Von Andreas Morbach

Die deutsche Top-Biathletin fehlt beim Heim-Weltcup in Oberhof, jedoch wird fast permanent über sie gesprochen – was deren Teamkolleginnen doch ziemlich nervt.

Oberhof Kristian Mehringer hatte einiges zu tun, als er vor dem Start der deutschen Biathletinnen ins neue Jahr seine Liste an Aus- und Problemfällen präsentierte. Franziska Hildebrand, erwähnte der Frauen-Coach, plagte zuletzt eine Erkältung. Beim Weltcup in Oberhof, der an diesem Donnerstag mit dem Sprint der Damen beginnt, steht die zweimalige Staffelweltmeisterin immerhin im Kader. Fehlen werden dagegen Vanessa Hinz und – wieder einmal – Laura Dahlmeier, die in Oberhof pausiert und auf einen Start in Ruhpolding hin arbeitet. Von der Winterbergerin Maren Hammerschmidt, die sich im Oktober einer Fuß-OP unterzog und in dieser Saison noch kein Weltcup-Rennen bestritten hat, ganz zu schweigen.

Ganz fidel ist dafür Franziska Preuß. Die 24-jährige Oberbayerin, die mit ihrem freundlichen, ausgleichenden Wesen in Oberhof stets vor einer besonderen Herausforderung steht. Denn ob in der winterlichen Wetterküche am Rennsteig annähernd gleiche Bedingungen für alle Athleten herrschen, ist Glückssache. Mit Grausen denkt Preuß („Ich will, dass es fair zugeht“) an die Männerstaffel im widerborstigen Januar des vergangenen Jahres zurück: „Da war es neblig ohne Ende. Und das hat immer so einen blöden Beigeschmack, wenn man nicht das zeigen kann, was man drauf hat – weil man einfach nichts sieht.“

Von der gesundheitlich weiterhin angeschlagenen Dahlmeier war schon bei den ersten beiden Weltcups im Dezember nichts zu sehen. „Weniger ist manchmal mehr“, erklärte die Doppelolympiasiegerin von Pyeongchang auf Facebook. Und fügte gleich erklärend hinzu: „Ich muss in diesem Winter einfach von Tag zu Tag gucken, wie es mir geht und was möglich ist.“

Die Spitzenkraft des deutschen Biathlonteams erlebte einen schwierigen Sommer, mit einer Radsportverletzung und einer Weisheitszahn-OP inklusive nachfolgender Infektion. Ende September lag die Partenkirchnerin für eine Woche im Krankenhaus, konnte nicht mal aufstehen – und zweifelte daran, jemals wieder Leistungssport betreiben zu können.

Auf dem mühsamen Weg zurück bekam Dahlmeier dann einen Anstoß von Franziska Preuß. „Ich hab mit ihr natürlich darüber gesprochen und ihr bei unserem Lehrgang im Oktober auch einen Tipp gegeben, der mir extrem geholfen hatte“, erzählt die Wahl-Ruhpoldingerin. Über den Inhalt schweigt sie allerdings lieber, sagt stattdessen lediglich: „Man schaut schon, wo man sich gegenseitig unterstützen kann – gerade weil ich die Erfahrung selber schon gemacht habe.“

Die aktuell beste Skijägerin im DSV, die immerhin auf Rang zehn im Gesamtweltcup liegt, erlebte ihren eigenen Karrieretiefpunkt vor zwei Jahren – bei der aufreibenden Überwindung einer Steißbeinverletzung und diverser Viruserkrankungen fühlte sie sich zwischenzeitlich „wie ein Wrack“. Mittlerweile kennt Preuß die Bedürfnisse ihres Körpers sehr genau, hat für sich auf der medizinischen Ebene einen ganzheitlichen Weg entdeckt.

An ihrem Wissen ließ sie im Herbst nun Doppelolympiasiegerin Dahlmeier teilhaben – die kurz vor Weihnachten, drei Wochen früher als geplant, in Nove Mesto in die Saison einstieg. In ihrem ersten Rennen bescherte die 25-Jährige den mühsam in den Winter gestarteten DSV-Frauen als Sprint-Zweite prompt den ersten Podestplatz. Die entsprechenden Diskussionen über ihre Abhängigkeit von der drahtigen Oberbayerin gehen den deutschen Skijägerinnen seitdem gewaltig gegen den Strich – auch Dahlmeiers Tippgeberin Preuß.

„Biathlon ist eine Einzelsportart. Ob Laura mit im Starterfeld steht oder nicht – das spielt für dich in dem Moment, in dem du an der Startlinie stehst, keine Rolle. Für uns ist das eher ein bisschen nervig, ständig danach gefragt zu werden – weil es für uns einfach kein Thema ist“, kommentiert die Staffelweltmeisterin von 2015 den langen Schatten der berühmten Teamkollegin. Mit Laura Dahlmeier verbunden fühlt sie sich bei der Thematik Verletzungen und Erkrankungen jedenfalls nicht, trotz ähnlicher Erfahrungen. „Sie hatte eine ganz andere Vorgeschichte als ich. Jeder Fall ist da irgendwie speziell und individuell“, sagt Franziska Preuß – betont freundlich, aber bestimmt.