Noch knapp zwei Monate bleiben den Sportakrobatinnen Lenia Hofmann, Kira Winter und Lena Holdefer, um sich den Feinschliff für die Europameisterschaft in Israel zu holen. Das Trio der SKG Erbstetten will das deutsche Nationalteam in Tel Aviv im Feld der Juniors-Damen-Gruppen würdig vertreten, dafür wird in diesen Wochen besonders hart trainiert. Dass ihnen Bundestrainer Igor Blintsov wieder einmal einen Besuch abstattete, war ein Höhepunkt der Vorbereitung.
Kira Winter (links) und Lena Holdefer schleudern Lenia Hofmann für den Salto in die Höhe, Bundestrainer Igor Blintsov leistet bei seinem Besuch in Erbstetten Hilfestellung. Foto: A. Becher
Von Andreas Ziegele
Der Schweiß fließt reichlich an diesem heißen Sommertag in der Gemeindehalle in Erbstetten – und das am Wochenende und mitten in den Schulferien. Aber sie haben alle ein Ziel vor ihren leuchtenden Augen: die EM der Sportakrobaten von 28. Oktober bis 3. November in Tel Aviv.
Schon der reguläre Trainingsaufwand hat es in sich. „Wir trainieren viermal die Woche je drei Stunden“, erzählt Birgit Cuntz, die Trainerin der SKG Erbstetten. Hinzu kommen dann noch Wochenenden im Bundesleistungszentrum in Pfungstadt oder auch in Aalen, wo sich das Landesleistungszentrum befindet. „Durch die Nominierung für die EM fallen nun auch noch die Ferien flach“, ergänzt Cuntz.
Den Mädels scheint das aber nichts auszumachen. Auch am Ende eines strapaziösen Trainingswochenendes strahlen sie die Freude an ihrem Sport noch immer aus. „Es war schon immer unser Traum, mal an einer Europameisterschaft teilzunehmen“, verrät die 18-jährige Lena Holdefer mit einem Strahlen in den Augen.
Außergewöhnlich ist es für alle drei, unter den Augen und mit den Anweisungen des Bundestrainers zu trainieren. „Es ist immer noch etwas besonderes, wenn Igor Blintsov nach Erbstetten kommt“, sagt Lena Holdefer. „Beim ersten Mal waren wir alle sehr nervös“, ergänzt Kira Winter. Und streng kann er auch sein, wie die Mädchen wissen lassen. „Aber er ist ein sehr herzlicher Mensch und wir verstehen uns richtig gut mit ihm“, betonen sie unisono. Immer wieder greift der Trainer auch ein, wenn es etwas zu korrigieren gibt, und „er sieht Dinge, die andere nicht sehen“. Mit dabei an diesem Tag ist die Chefchoreografin der Nationalmannschaft, die den Sportakrobatinnen Anleitungen erteilt, um bei den tänzerischen Elementen besser zu werden.
Neben der Technik sowie der Choreografie ist das gegenseitige Vertrauen der Sportlerinnen unter- und aufeinander eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg. Das glaubt man sofort, wenn man die Figuren sieht, die hier geturnt werden. „Die Mädels verstehen sich gut und machen auch sonst viel miteinander“, sagt die Trainerin und verschweigt dabei nicht, „dass es ab und zu auch mal kracht, aber das ist normal, wenn man den ganzen Tag zusammen ist“. Das bestätigt auch Holdefer: „Wir sind eigentlich wie Schwestern und auch da gibt es ab und zu Meinungsverschiedenheiten.“ Angst bei den Übungen haben sie nicht, wie sie übereinstimmend erklären. „Respekt hingegen schon“, ergänzt Kira Winter. Das gilt auch für die Jüngste: „Das Rumfliegen, das Geschmissenwerden und Saltos zu machen sind das, was mit am meisten Spaß macht“, beschreibt die 12-jährige Lenia Hofmann ihre Leidenschaft für diesen Sport. Für Winter stehen der Spaß am Miteinander und die erzielten Fortschritte im Vordergrund.
Für den Höhepunkt ihrer noch jungen Karriere haben sie für die Europameisterschaft ein gemeinsames Ziel. „Wir wollen in Tel Aviv unsere beste Übung turnen und dann sehen, wie weit wir damit kommen“, beantwortet Lena Holdefer die Frage, was sie sich vorgenommen haben. Kira Winter (17) ergänzt: „Wir wollen die EM genießen und Spaß haben. Das Finale ist zwar nicht unser festes Ziel, aber wenn wir es erreichen würden, wäre es toll.“ Dann ruft der Trainer auch schon wieder zum Weitermachen. Und schaut man in die Gesichter der jungen Akrobatinnen steht zumindest eines schon vor der EM fest: Den Spaß werden sie sich nicht nehmen lassen, auch wenn er manchmal schweißtreibend ist.
Weil Sportakrobatik nicht zu den olympischen Disziplinen zählt, ist die finanzielle Förderung gering. Um die Kosten für die Flüge nach Israel, das Hotel und die Ausrüstung zu decken, starteten die jungen Damen der SKG Erbstetten ein Crowdfunding-Projekt (wir berichteten). Sie hofften auf mindestens 3800 Euro, denn wenn diese Marke nicht erreicht worden wäre, hätten die Unterstützer ihr Geld wieder zurückbekommen. Letztlich kamen bei der Schwarmfinanzierung sogar 4 400 Euro zusammen, damit war der EM-Start auch von dieser Seite gesichert.