Unklare Zukunft der Kläranlage in Oppenweiler
Die Kläranlage in Oppenweiler ist in die Jahre gekommen. Zudem läuft die Einleitungsgenehmigung in die Murr im kommenden Jahr aus. Höchste Zeit also, sich darüber Gedanken zu machen, wie es weitergeht. Ein Ingenieurbüro soll nun die Alternativen prüfen.
Von Lorena Greppo
Oppenweiler. Die Kläranlage in Oppenweiler ist schon vor einiger Zeit an ihrer Belastungsgrenze angekommen. Damit sie überhaupt noch die geforderte Leistung erbringt, muss eine sehr hohe Konzentration von Belebtschlamm eingesetzt werden, welcher das Abwasser biologisch klärt – beinahe das Doppelte der vorgesehenen Menge. Das machte Ingenieur Johannes Haus vom Büro Matthias Strobel in seinem Vortrag in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats eindrucksvoll deutlich. Das berge einige Gefahren, sagte er. Etwa dass die Schlammbakterien in die Murr gelangen und dem Fluss Sauerstoff entziehen; im schlimmsten Fall sterben dadurch die Flussbewohner. Zudem sei davon auszugehen, dass die Gemeinde keine neue wasserrechtliche Einleitungsgenehmigung in die Murr für das geklärte Abwasser bekomme. Da die aktuelle Genehmigung im kommenden Jahr aber abläuft, ist Handlungsbedarf gegeben.
Eine Neukonzeption muss her. Und die soll keine Option ausschließen. „Wir müssen offen sein für alles“, mahnte auch Bürgermeister Bernhard Bühler an. Die Anlage habe ihre Lebenszeit in großen Teilen erreicht und gute Dienste geleistet. Für die Zukunft müsse moderner gedacht werden, so Bühler. Ingenieur Matthias Strobel nannte verschiedene Möglichkeiten.
Auch ein interkommunaler Zusammenschluss ist möglich
Man könne am Standort bleiben, müsse diesen dann allerdings vergrößern. „Wir tendieren dazu, zweitrassig zu werden.“ Zweitrassig meint hierbei, nicht alles in einem Ablauf zu bündeln, sondern beispielsweise ein zweites Nachklärbecken zu bauen. Das brauche aber wiederum Platz. Die angrenzende Grünfläche würde benötigt.
Eine andere Option wäre es, einen anderen Standort zu wählen. „Man muss prüfen, ob es wirtschaftlich wäre, umzuziehen“, führte Strobel aus. Wenn man solche Überlegungen zulasse, die Zukunftsfähigkeit der Anlage also wirklich prüfe, dann könne man für das Gutachten auch eine Förderung erhalten, merkte er an. Und schließlich gebe es noch eine weitere Alternative zu bedenken: eine interkommunale Lösung.
Das Alter der verschiedenen Bauwerke der Kläranlage Oppenweiler liegt zwischen 33 und 51 Jahren. Gemäß der ursprünglichen Ausbaugröße in sie auf 5800 Einwohnergleichwerte ausgelegt. Die reale Belastung liege aktuell aber schon bei 6500 Einwohnergleichwerten, so Johannes Haus. Denn zu den jeweiligen Haushalten zählen auch Gastronomie, Hotellerie, Tourismus und industrielle Abwässer. Zugleich seien aber auch die Anforderungen an die Abwasserreinigung gestiegen. In der Folge nehme die Reinigungskapazität der Anlage ab, so Haus.
Ein Tropfkörper sei seit etwa zehn Jahren außer Betrieb, weil darin keine Stickstoffentfernung möglich ist. „Der steht nutzlos rum und nimmt Platz weg“, so der Experte. Die Schaltanlage sei zudem veraltet und störungsanfällig. Die Funktionsfähigkeit der Anlage nachzuweisen, um eine neue Genehmigung zu erhalten, sei seiner Ansicht nach nicht möglich.
Gemeinderäte wünschen sich Ideen für mehr Energieeffizienz
Weitere Themen
Dass gehandelt werden muss, war nach diesem Vortrag allen klar. Und ebenso, dass dieses Projekt kein kleines werden wird. „Das wird uns ganz schön viel Geld kosten“, kündigte der Bürgermeister an. Er äußerte die Hoffnung, Zuschüsse generieren zu können. Dem Beschlussvorschlag, ein Konzept zur Ertüchtigung der Kläranlage zu erstellen, stimmte der Gemeinderat einmütig zu. Die Gremiumsmitglieder hatten aber noch einige Fragen und Anregungen dazu.
Wie der Umbau der Kläranlage im laufenden Betrieb funktionieren könne, wollte Harald Pfitzenmaier (FGL) wissen. Schließlich könne man keinen Teil der Anlage für längere Zeit außer Betrieb nehmen. „Vermutlich müssten wir ein zweites Kombibecken bauen“, erklärte Matthias Strobel. Da die alte Anlage überlastet ist, sei das sowieso geboten. Thomas Wieland (FGL) erbat frühestmöglich Informationen zum Zeitplan des Projekts und brachte das Thema Energieeffizienz auf. Da der Betrieb einer Kläranlage sehr energieintensiv sei, müsse über Möglichkeiten nachgedacht werden, eventuell Energie zurückzugewinnen. Zudem solle eine PV-Anlage mit eingeplant werden. Lucas Röhrle (FWV) schlug vor, auch die PV-Anlage des nahe gelegenen Bauhofs zu nutzen. „Der Bauhof braucht den Strom sicherlich nicht komplett.“
Genehmigung gilt im Schnitt für 15 bis 25 Jahre
Tim Jupe (FGL) hakte nach, für wie viele Jahre eine neue Genehmigung gelten werde. Er und Erhard Friz (FWV) wollten zudem wissen, zu welcher Vorgehensweise in Sachen vierte Reinigungsstufe (siehe Infotext) geraten wird. Eine Genehmigung gelte im Schnitt für 15 bis 25 Jahre, so Ingenieur Matthias Strobel. Der genaue Zeitraum hänge von der zuständigen Behörde, also dem Landratsamt ab. In manchen Landkreisen würden gar unbefristete Genehmigungen erteilt; das sei aber selten.
Bezüglich der vierten Reinigungsstufe riet Strobel von vorauseilendem Gehorsam ab. „Sie jetzt umzusetzen macht keinen Sinn, es wird auch noch nicht gefördert.“ Wenn in zehn bis 15 Jahren eine entsprechende Verordnung komme, treffe diese in erster Linie große Anlagen, erst später müssten kleinere Kläranlagen den Standard erfüllen. Der Platz dafür müsse aber schon eingeplant werden, fügte Bernhard Bühler an. Auch das werde in der Neukonzeption berücksichtigt. Mit dem Beschluss des Gremiums wird diese nun angegangen.
Konzept Um Spurenstoffe wie Rückstände von Arzneimitteln aus dem Abwasser herauszufiltern, sollen mehr kommunale Kläranlagen im Land mit der sogenannten vierten Reinigungsstufe ausgerüstet werden. Sie entfernt Arzneimittelrückstände oder Haushaltschemikalien aus dem Abwasser.
Vorgaben Bislang ist die vierte Reinigungsstufe nicht verpflichtend. Das kann sich aber möglicherweise in den kommenden Jahren ändern. Aktuell, so Matthias Strobel, erfüllen im Land etwa 20 bis 25 Anlagen diese Anforderung.