Bassist Wolfgang Schmid begeistert in seiner Quintettformation „The next special Gig“ im Backnanger Kulturgut Hagenbach
Eine furiose Eröffnung der neuen Spielzeit war am Freitagabend im „Kulturgut Hagenbach“ zu erleben: Jazz, Funk und Soul auf höchstem Niveau mit dem weltweit renommierten Bassisten Wolfgang Schmid in seiner Quintettformation „The next special Gig“.

© Pressefotografie Alexander Beche
Furiose Eröffnung der neuen Spielzeit im Backnanger Kulturgut Hagenbach: Bassist Wolfgang Schmid hat sich vier Studenten von der Musikhochschule Stuttgart in seine Formation geholt. Foto: A. Becher
Von Christoph Rothfuß
BACKNANG. Die vier Mitstreiter in der Quintettformation von Wolfgang Schmid sind Studenten an der Musikhochschule Stuttgart, aber das hätte man nicht gehört, so professionell und leidenschaftlich gingen sie ans Werk, eine so ungeheure Bühnenpräsenz und Spiellust hatten sie mitgebracht.
Das Besondere an der Werkstatt als Spielort ist ja die Nähe zwischen Performern und Publikum, das Gefühl, mittendrin im Geschehen zu sein. Wolfgang Schmid schätzt die Location sehr, was sein bereits fünfter Auftritt im Hagenbach untermauert. In zwei Sets à jeweils sechs Nummern plus drei Zugaben erklingen seine persönlichen Lieblingsnummern aus dem Jazz, aber auch Country und Western sowie ein Twist sind vertreten.
Schmid, der Professor für Jazz und Popmusik in Stuttgart ist, bietet seinen Schützlingen den Raum, den sie brauchen, um sich bestens zu entfalten und den nützen sie wie Profis. Da ist Klemens Fregin an den Drums, der vor Spiellaune sprüht und der ganzen Band ein solider Rückhalt ist, der meistens voller Hingabe sein Set bearbeitet, aber auch leise, geheimnisvolle Passagen bietet.
Hannes Stollsteimer am Piano ist die Zuverlässigkeit in Person, ständig wechselt er zwischen Begleit- und Solomodus hin und her. Seine Soli sind virtuos und geschmackvoll, immer dem jeweiligen Kontext angepasst. Er ist der Ruhepol des Quintetts. Denise Taylor überzeugt mit ihrer schlanken, leicht angerauten Stimme. Sie bringt das soulige Element herein, weiß aber auch mit einem lässigen Rap zu faszinieren. Faszination ist überhaupt das Stichwort, welches die Musiker auszeichnet: Sie sind fasziniert von der Musik, die sie spielen, von der so heiklen wie beglückenden Live-Situation und dann natürlich von der famosen Leistung als Kollektiv.
Als absolute Entdeckung des Abends darf durchaus der erst siebzehnjährige Jakob Manz am Saxofon bezeichnet werden: Er holt aus seinem Instrument mehr als alles heraus, hat bereits in so jungen Jahren eine charismatische und elektrisierende Art des Spiels, die vollkommen natürlich und authentisch ist. Das Publikum im Hagenbach ist hingerissen.
Die fünf Musiker spielen dynamisch sehr abwechslungsreich, das Spektrum reicht dabei vom Geflüsterten, kaum noch Hörbarem bis zu fast schreiend-grellen Klangplateaus, die sogartig alles mit sich reißen. Und dann sind es wieder perfekt getimte Ritardandi an den Enden der Songs, die das Publikum genießt.
In der Eigenkomposition „American Boots“ verarbeitet Schmid seine Erlebnisse während eines USA-Aufenthaltes und der Hagenbach wurde ganz nebenbei Zeuge einer Weltpremiere: wunderschön introspektive Passagen kontrastierten mit rhythmisch und energetisch zupackenderen. Ebenfalls sehr eindrücklich war das Ergebnis einer spontanen Session im Probenraum der Musikhochschule Stuttgart; wie Stollsteimer am Piano und Manz am Altsaxofon Meeresgeräusche erzeugten, war eine ganz starke Nummer. Direkt anschließend Denise Taylor in der Gänsehaut-Ballade „Jealous“: ein hoher Flug übers Erdental, ein weiter Bogen unterschiedlichster menschlicher Emotionen.
Die Gäste des Kulturguts Hagenbach waren vollauf begeistert, ein mutiger Zuhörer forderte insistierend noch ein Bass-Solo. Es spricht für Wolfgang Schmids bescheidene Art, in welcher Weise er dieser Forderung zunächst ironisierend aus dem Weg ging, sie dann aber im Laufe der Zugaben mehr als erfüllte. Blieb da noch ein Wunsch offen?