Bauernhaufen trifft Keltenfürstin
Beim historischen Handwerkermarkt am Limes in Grab tummeln sich engagierte Vertreter verschiedener Epochen
Der historische Handwerkermarkt am Limes ist so etwas wie eine Zeitreisemaschine. Auf einem großen Gelände am Rande des Großerlacher Teilorts Grab lagern 64 historische Gruppen und haben 70 Händler und Gastronomen ihre Zelte aufgeschlagen, um den Besuchern ihre Epoche, ihre Helden und besonderen Gerichte nahe zu bringen. Mal erklingt eine Harfe, mal aufeinandertreffende Klingen von Römern und Kelten.
Von Christine Schick
GROSSERLACH. Es ist ein ganzes Dorf aus Lagerstätten mit kleinen und größeren Zelten, Sitzgelegenheiten und Arbeitsstätten sowie Marktständen: Insgesamt sind es 700 Mitstreiter aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich und England, die die Besucher von Freitag bis Montag auf dem Gelände empfangen, berichtet Jan Vogel. Er ist Initiator und Vorsitzender des Vereins für historisches Handwerk und lebendige Geschichte, der im Schulterschluss mit der Gemeinde Großerlach das Eintauchen in Zeiten erlaubt, die Lichtjahre entfernt scheinen. Die Spanne ist breit. Sie reicht von der Hallstattkultur, also der vorrömischen Eisenzeit, bis ins Spätmittelalter.
Bauernhaufenhauptmann Oswald Meder: Vor dem Lager der „D’Buure 1524“ hängt ein großes Wildschwein über dem Feuer. Für die Mitglieder des Bauernhaufens ein ungewöhnliches Festessen, normalerweise standen Graupensuppe und Gemüse auf dem Speiseplan. „Wir, die untertänigen Villinger Bauern, sind gegen unsere Stadtherren aufgestanden“, sagt Oliver Mahler. „Es ging darum, wieder jagen, Holz schlagen und fischen zu dürfen.“ Als 1524 Missernten die Lage der Bauern verschlechterte, zog die Obrigkeit sie ab, um deren Felder zu bestellen. Mahler verkörpert Oswald Meder. „Er wurde wie Hans Hecht und Blasi Pfaff zu einem Hauptmann gewählt, um die Forderungen der Bauern durchzusetzen. Wir stellen das Lagerleben während des Kriegs dar.“ Oliver Mahler kam schon Ende der 1980er-Jahre mit dem Thema in Kontakt, als er mit anderen zu einer Feier ein historisches Theaterstück über den Bauernkrieg im Brigachtal auf die Bühne brachte. 2015 haben sich „D’Buure 1524“ gegründet. „Ich finde es spannend, sich mit der damaligen Politik zu befassen, es schärft auch den Blick für heute“, sagt er. Bewusst hat er sich für eine Gruppe entschieden, mit der sich die Geschichtsschreibung lange nicht befasst hat. Durch das Quellenstudium weiß er, wie hart die Zeit war, gleichzeitig ist das aktuelle Lagerleben für ihn wie progressive Muskelentspannung. „Kein Handy, abschalten. Mein Tinnitus ist weg“, sagt der 53-jährige Maurermeister, der als Ausbilder für handwerkliche Berufe tätig ist.
Die Zeit hat ihn schon im Geschichtsunterricht fasziniert. Als er 2011 die Möglichkeit hatte, sich eine Römerausrüstung zu besorgen, zögerte er nicht lange, später schloss er sich der Kemptener Römergruppe an, stieg vom einfachen Soldaten zum Optio auf. „Ich möchte den Leuten auch das eine oder andere Detail jenseits von Asterix und Hollywoodfilmen vermitteln“, sagt er und zeigt seine Ausrüstung, eine Investition im Wert eines Gebrauchtwagens, um die 7000 Euro. Angefangen bei den ledernen Sandalen mit einer Art Spickes, Tunika und Untertunika, lederner Unterrüstung, dem Halsschal zum Schutz, über das Kettenhemd, Kurz- und Langschwert, Dolch bis hin zu Truppenausweis, Orden, prachtvollem Helm, Optio-Stab, Kampfspeer und Ausbilderpfeife. „Das reine Kampfgewicht liegt bei etwa 25 Kilo, die Hauptaufgaben des Optio sind Ausbildung, Kampf und Schreibkram.“ Seine Figur Flavius hat er im ersten Jahrhundert nach Christus angesiedelt, was auch einen pragmatischen Grund hat: „In der Zeit gibt es die größte Auswahl bei der Ausrüstung“, sagt der 28-Jährige, für den auch im heutigen Leben Anleitung und militärische Strukturen ein Thema sind. Als Oberfeldwebel bildet er bei der Bundeswehr Rekruten aus. „Mir ist es schon mal passiert, dass ich beim Befehl ausversehen ins Latein gerutscht bin.“
Historischer Handwerkermarkt in Großerlach-Grab
64 historische Gruppen und 70 Händler und Gastronomen haben in Großerlach ihre Zelte aufgeschlagen.