MHP Riesen Ludwigsburg
Die getrennten Basketball-Zwillinge
Brandon Tischler von den MHP Riesen spielt erstmals in seiner Karriere gegen seinen Bruder Nicholas, für den es aktuell bei Chemnitz besser läuft. Auch diesen Sonntag?
Von Joachim Klumpp
Wer die zwei Schlagworte Tischler und Basketball bei einer Google-Suche im Internet eingibt, bei dem ploppt zunächst einmal der Name Nicholas Tischler auf – obwohl alphabetisch betrachtet Zwillingsbruder Brandon zuerst dran wäre, der zudem noch der zwei Minuten ältere der beiden 24-Jährigen ist. Doch es ist ein wenig symptomatisch, dass Nicholas im internen Duell aktuell die Nase vorn hat, nachdem sich die sportlichen Wege vor der Saison erstmals getrennt haben.
Nicholas Tischler brachte es bei den Niners Chemnitz zum Nationalspieler, während Brandon bei den MHP Riesen Ludwigsburg noch um jede Einsatzminute kämpfen muss. Auch am Sonntag (16.30 Uhr), wenn es in der Bundesliga zum direkten Vergleich in der Ludwigsburger MHP-Arena kommt. „Ich kann nur sagen, dass ich alles tue, was in meiner Kraft steht“, betont Brandon Tischler im Gespräch, „warum ich nicht länger spiele, da muss man den Trainer fragen.“
Gesagt, getan. „Er gibt sein Bestes, aber er ist in einem neuen System mit anderen Regeln in der Verteidigung. Wir kommunizieren, wo er sich steigern muss“, sagt Coach John Patrick und fügt noch hinzu: „Außerdem hat er starke Konkurrenz auf seiner Position.“ Allen voran Kapitän Yorman Polas Bartolo, aber auch Justin Simon oder Deane Williams. Das wirkt nicht mehr so euphorisch wie noch zu Saisonbeginn, als Patrick sagte: „Schon vor zwei Jahren wollte ich Brandon holen, jetzt hat es endlich geklappt.“
Und wie es weitergeht? „Ich muss mir das Vertrauen erarbeiten“, sagt Brandon Tischler. „Ich habe schon das Selbstbewusstsein, in der Defensive einer der besten Verteidiger zu sein.“ Bei seinem vorigen Verein, den Löwen Braunschweig, haben die Brüder das häufig bewiesen. Brandon war oft der Mann für gewisse Fälle – um die besten Akteure des Gegners zu stoppen. Der einstige Geschäftsführer Nils Mittmann hat beim Abschied gelobt: „Die beiden waren nach jedem Spiel in der Halle und haben geschuftet. Diese Arbeitsmoral hat uns enorm gutgetan. Auch das ist ein Zeichen für Führungsqualität.“
Doch ein neues Umfeld ist eben auch eine neue Herausforderung, die Brandon Tischler ja gesucht hat: „Ich wollte den nächsten Schritt machen, und da war es an der Zeit, dass sich unsere Wege trennen.“ Zumal beide Brüder als sogenannter Small Forward auf dem Flügel agieren und sich deshalb eher gegenseitig Spielanteile wegnahmen. Wobei Nicholas vor der Saison schon vollmundig getönt hatte, dass er den Bruder in den Statistiken abhängen werde. „Das war ganz schön mutig“, sagt Brandon Tischler. Aber es stimmt bisher. Mehr Spielzeit (etwa 17 zu 7 Minuten), mehr Punkte (4,4 zu 1,8 im Schnitt).
„In Braunschweig dachte ich, dass ich mit meinem Profil perfekt nach Ludwigsburg passe, und ich wusste schon, was unter John Patrick auf mich zukommt“, sagt Brandon Tischler. Doch ganz so kompliziert hatte er sich die Aufgabe dann doch nicht vorgestellt. Auch wenn eine gewisse Anpassungszeit dazu gehört. Wie viel? Offen. Brandon Tischler besitzt bei den Riesen einen Zweijahresvertrag, „und der Plan ist auch, den zu erfüllen“.
Moralische Unterstützung gibt es von Holger Geschwindner, dem Mentor des Superstars Dirk Nowitzki, der auch für die Zwillinge ein fester Bezugspunkt ist, bei dem sie im Sommer regelmäßig in ihrer Heimatstadt Bamberg trainieren. „Er ist immer für uns da“ – und hat sogar schon mal ein Treffen mit dem französischen NBA-Star Victor Wembanyama organisiert.
Kürzlich war derweil Bundestrainer Alex Mumbru auf Stippvisite in Ludwigsburg, auch wegen Brandon Tischler. „Ich war schon im erweiterten Kader, aber das war zuletzt kein Thema“, sagt der 24-Jährige über die Nationalmannschaft. Nach dem Abitur hat er noch drei Semester Wirtschaftsinformatik studiert, doch nun setzt er voll auf Basketball. „Es ist einfach schwierig, beides unter einen Hut zu bekommen.“ Zumal er auch noch so manch freie Minute in der Halle verbringt. Man spürt: Er will nichts dem Zufall überlassen, um den Durchbruch in Ludwigsburg noch zu schaffen.
Die Mutter sitzt zwischen den Stühlen
Zunächst einmal soll jetzt aber gegen die Niners Chemnitz ein Sieg her. Der Bruder steht auf der gegnerischen Seite, die Mutter sitzt in der Halle zwischen den Stühlen. Fragt sich noch, wem sie die Daumen drückt. „Sie hat beide Trikots“, sagt Brandon Tischler, „ich hoffe, sie zieht das richtige an.“ Also das in Gelb.