Wallfahrt

Die Schwarze Madonna, das Osterkleid und die Doppelgängerin

Pilger aus aller Welt kommen zu Ostern zur berühmten Schwarzen Madonna in Altötting. Mit 700 Jahren ist sie nicht mehr ganz rüstig. Sie hat ein jüngeres Double - das sie dennoch nur selten vertritt.

An die 30 Gewänder hat die Schwarze Madonna, passend zum jeweiligen liturgischen Fest. Zu Ostern trägt sie weiß.

© Felix Hörhager/dpa

An die 30 Gewänder hat die Schwarze Madonna, passend zum jeweiligen liturgischen Fest. Zu Ostern trägt sie weiß.

Von dpa

Altötting - Zehntausende Gläubige pilgern alljährlich zur berühmten Schwarzen Madonna nach Altötting. Kaum bekannt: Die rund 700 Jahre alte Gottesmutter hat eine Doppelgängerin. Ein Splitter der Original-Madonna, sorgsam eingearbeitet in ihrem Rücken, macht sie zum Gnadenbild-Double.

Holzspan aus der originalen Madonna

Die Doppelgängerin ist mit rund 100 Jahren deutlich jünger. Die bischöfliche Administration beauftragte seinerzeit den Bildhauer Josef Neustifter senior, eine Zweit-Madonna zu schnitzen und den etwa drei bis vier Zentimeter langen Span von hinten in die Figur einzuarbeiten, wie der Altöttinger Stadtpfarrer und Wallfahrtsrektor Klaus Metzl berichtete. 

Metzl zufolge war es der Splitter, der sich von der Madonna gelöst hatte - und der so eine Bestimmung bekommen sollte. Der Sohn des Bildhauers, Joseph Michael Neustifter, sagte hingegen über den Auftrag an seinen Vater Anfang der 1930er Jahre: "Der Zweck der Kopie war der Schutz des Originals während der Zeit des Nationalsozialismus." Schon 1919 war die Schwarze Madonna zu ihrem Schutz zeitweilig in Passau untergebracht. 

Geheimer Auftrag 

Laut Neustifter war der Auftrag zur Fertigung des Doubles streng geheim. Des Nachts habe sich sein Vater in der Gnadenkapelle einschließen lassen, um unbemerkt eine detailgenaue Kopie der 66 Zentimeter hohen Statue zu schaffen. Anhand dieses Modells, das heute in Neustifters Atelier steht, habe der Vater aus Holz einer aus einer barocken Marienfigur die Kopie gefertigt. 

Schon damals dürfte die Madonna vom Alter schwer gezeichnet gewesen sein. Darauf lassen Fraßspuren eines - inzwischen nicht mehr aktiven - Holzwurms schließen.

700 Jahre alt – und zerbrechlich 

Denkmalpfleger mahnten zum sorgsamen Umgang. "Der Zustand der Skulptur erwies sich als insgesamt wenig stabil", erläuterte das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege das Ergebnis einer Untersuchung im Jahr 2019.

Die Experten äußerten Bedenken, sie mit nach draußen zu nehmen - und mahnten auch beim Kleiderwechsel zu den kirchlichen Festen zu Vorsicht. 

Das Holz sei teils durch Schädlingsbefall geschwächt. Die Fassung - unter anderem aus Grundierung und Malschicht - sei teils gebrochen und weise an manchen Stellen eine ungenügende Haftung auf, diagnostizierten die Experten. 

Voller Kleiderschrank 

Rund drei Dutzend Gewänder zählen zur Garderobe der Gottesmutter. Die Farbe des Kleides orientiert sich am jeweiligen Fest: violett zur Fastenzeit, rot zu Pfingsten, helles Violett für den Advent und Weihnachten. Am Karsamstag legte Metzl ihr fürs Osterfest ein weißes Gewand an. 

Corona-Einsatz für die Stellvertreterin 

Ihre Kopie bleibt im Alltagsgewand ohne öffentlichen Auftritt auf ihrem Sims im Verwaltungsgebäude. In der Corona-Zeit kam die Stellvertreterin dann doch zum Einsatz: Sie wurde in der Basilika aufgestellt für die Gläubigen, die wegen der Abstandsregeln nicht in die enge Kapelle konnten.

Unter Stadtpfarrer Metzl hat die Stellvertreterin weniger zu tun als unter seinem Vorgänger Prälat Günther Mandl, der etwa zum sogenannten Gnadenbildkuss am Aschermittwoch teils das Abbild wählte. 

"Die Leute gehen zum Original", argumentierte Metzl. "Wer will schon die Kopie?" Und: "Wir sind ein lebendiger Wallfahrtsort" - und eben kein Museum. Sorge, die Figur könne brechen, habe er nicht. Die Schwarze Madonna könne bestehen, "bis das Reich Gottes kommt".

Die berühmte Schwarze Madonna wird mehrfach im Jahr umgekleidet - nach Karfreitag wird der schwarze Schleier entfernt.

© Felix Hörhager/dpa

Die berühmte Schwarze Madonna wird mehrfach im Jahr umgekleidet - nach Karfreitag wird der schwarze Schleier entfernt.

Die Kopie der Schwarzen Madonna kommt selten zum Einsatz.

© Felix Hörhager/dpa

Die Kopie der Schwarzen Madonna kommt selten zum Einsatz.

Das Modell für die Kopie schnitzte der Bildhauer Josef Neustifter vor knapp 100 Jahren.

© Felix Hörhager/dpa

Das Modell für die Kopie schnitzte der Bildhauer Josef Neustifter vor knapp 100 Jahren.

Über die Jahrhunderte brachten Fürsten, Könige und andere Pilger der Madonna Schmuck in Hülle und Fülle.

© Felix Hörhager/dpa

Über die Jahrhunderte brachten Fürsten, Könige und andere Pilger der Madonna Schmuck in Hülle und Fülle.

Der Bischofsring von Papst Benedikt steckt am Zepter der Schwarzen Madionna.

© Felix Hörhager/dpa

Der Bischofsring von Papst Benedikt steckt am Zepter der Schwarzen Madionna.

Rund 30 Kleider - sogenannte Gnadenröcklein - zählen zur Garderobe der Schwarzen Madonna.

© Felix Hörhager/dpa

Rund 30 Kleider - sogenannte Gnadenröcklein - zählen zur Garderobe der Schwarzen Madonna.

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Erstellt:
20. April 2025, 12:06 Uhr

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