Internationales Bachfest Stuttgart

Exportartikel Sarabande beim Bachfest

Das Bach Consort Wien hat unter seinem Leiter Rubén Dubrovsky in der Stiftskirche die Musik von Claudio Monteverdi und Gaspar Fernández in Dialog gebracht.

Ensembleleiter Rubén Dubrovsky spielt selbst auch Laute.

© Franziska Kraufmann

Ensembleleiter Rubén Dubrovsky spielt selbst auch Laute.

Von Frank Armbruster

Den eurozentristischen Blick dafür zu weiten, welche Formen barocker Musikkultur es in Lateinamerika gab und wie diese die europäische Musik beeinflusst haben, ist ein zentrales Anliegen des diesjährigen Bachfests. Das Bach Consort Wien hat nun bei seinem „Sarabanda“ übertitelten Konzert zwei Komponisten gegenübergestellt, die als Zeitgenossen beispielhaft für beide Kontinente stehen: Claudio Monteverdi als den Wegbereiter europäischer Barockmusik und den gebürtigen Portugiesen Gaspar Fernandes, der nach Mexiko auswanderte und dort als Kirchenmusiker ein umfangreiches kompositorisches Werk hinterließ.

Darunter ist auch, als letztes Werk des Programms in der Stiftskirche, eine Sarabande mit dem Titel „Eso rigo e repente“. Fröhlich und ausgelassen klingt das Stück, fast ein wenig archaisch mit der Trommelbegleitung, thematisch bringt es Christentum und Afrika unter einen Hut. Eine Sarabande, wie wir sie kennen, ist das nicht. Aber was ist überhaupt eine Sarabande? Als „ursprünglich spanische Tanzform im Tripeltakt von gemessener, gravitätischer Bewegung“, definiert sie das ehrwürdige Riemannsche Musiklexikon. „In der Suite“, so heißt es weiter, „hat sie ihren regelmäßigen Platz zwischen Courante und Gigue.“ Und tatsächlich: Wer nicht gerade ein Spezialist für alte Musik ist, lernt die Sarabande in der Regel als Bestandteil einer barocken Suite kennen, wo sie allgemein für den „langsamen Satz“ steht.

Freilich ist der Ursprung der Sarabande in Lateinamerika, wohin sie vermutlich afrikanische Sklaven mitgebracht hatten. Dort hat sie sich mit spanischen und indigenen Elementen vermischt und wurde dann nach Europa exportiert, wo ihr in einem langwierigen Prozess der Domestizierung der wilde Charakter ausgetrieben wurde.

Doch nicht nur dies war in diesem bemerkenswerten Konzert auf klingende Weise zu erfahren. Aufschlussreich war auch der Vergleich der Madrigale und Canzonetten Monteverdis mit den Villancicos aus der Feder Gaspar Fernandes’, die mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede aufweisen. Abgesehen von den unterschiedlichen Sprachen ist beiden Komponisten der Wille um affektgeladenen Textausdruck gemein, der den ansonsten perfekt geführten Kontrapunkt im Zaum hält. Dabei zeichnen sich einige von Fernandes’ Liedern durch außergewöhnlich vielfältige klangliche Gestaltung aus: etwa das rückenschauererregende, von Theorbe und Truhenorgel dunkel grundierte „A Belén me llego, tio“, oder das arabisch inspirierte „No haya más dulce alegria“, in dem sich Sopran, Alt und Tenor auf berückendste Manier umspielen.

Überhaupt, die Stimmen. Die sechs Sängerinnen und Sänger hat Ensembleleiter Rubén Dubrovsky, der selbst auch Laute spielt, ebenso sorgsam ausgewählt wie die acht Instrumentalisten, darunter auch der aus anderen Formationen bekannte Lautenist Lee Santana. Gemeinsam stehen sie für einen erlesen schönen Klang von größter Beweglichkeit und Feinheit, wie man ihn auch bei Spezialensembles wie diesem nicht immer findet. Das sah wohl auch das Publikum in der gut besuchten Stiftskirche so: Der Applaus am Ende war sehr herzlich.

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Erstellt:
14. März 2025, 14:42 Uhr

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