Wiener Philharmoniker

Neujahrskonzert feiert Strauss und fast vergessene Kollegin

Nicht nur der Schöpfer des „Donauwalzers“ stand im Zentrum des Traditionsevents. Erstmals erklang bei einem Wiener Neujahrskonzert das Werk einer Komponistin. Von Dirgent Muti kam ein Friedensgruß.

Der 83-jährige Stardirigent Riccardo Muti leitete das weltweit übertragene TV-Event mit jugendlichem Elan.

© dpa/Dieter Nagl

Der 83-jährige Stardirigent Riccardo Muti leitete das weltweit übertragene TV-Event mit jugendlichem Elan.

Von red/dpa

Die Wiener Philharmoniker haben sich in ihrem diesjährigen Neujahrskonzert vor dem „Walzerkönig“ Johann Strauss verneigt und eine fast vergessene Zeitgenossin des Komponisten wieder ins Rampenlicht geholt. Der 83-jährige Stardirigent Riccardo Muti leitete das weltweit übertragene TV-Event mit jugendlichem Elan. In Deutschland lief es im ZDF.

Das Konzert im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins wurde zu einer vorgezogenen Jubiläumsfeier für Johann Strauss, dessen Geburtstag sich im Oktober zum 200. Mal jährt. Luftig und leicht dirigierte Muti (83) etwa die „Demolirer-Polka“ und den „Lagunen-Walzer“ des Wiener Musikers. Dazu zeigten Stücke seines gleichnamigen Vaters und seiner Brüder Josef und Eduard die Fülle des Talents innerhalb der Komponisten-Dynastie Strauss auf.

Der 1925 geborene und 1899 verstorbene Johann Strauss Sohn gilt mit seinen eingängigen Melodien, seinen weiblichen Fans, seinen Tourneen und seinem Geschäftssinn als Vorläufer heutiger Popstars. Leicht zu spielen sei seine Musik jedoch nicht, sagte Muti dem Sender ORF: „Diese Walzer sind sehr heikel, was die Aufführung, die Technik und auch die Interpretation betrifft“, betonte er.

Wiederentdeckte Walzer-Komponistin

Gewissenhafte Probenarbeit war aber nicht nur in Sachen Strauss gefragt. Denn erstmals stand das Werk einer Frau auf dem Programm eines Neujahrskonzert: Der „Ferdinandus-Walzer“ von Constanze Geiger ein. Im Alter von nur 12 Jahren hatte sie das Werk komponiert; Johann Strauss Vater dirigierte die Uraufführung im Jahr 1848.

In dem Walzer legte das damalige Wunderkind mit explosiven Trommelwirbeln los, um dann mit zarten Trillern zu schwelgerische Walzermelodien überzuleiten. Geiger wurde zu ihren Lebzeiten als Komponistin, Pianistin und Schauspielerin geschätzt. Seitdem war sie jedoch fast in Vergessenheit geraten.

Dass Geiger wiederentdeckt wurde, ist unter anderem der Musikwissenschaftlerin Irene Suchy zu verdanken, die seit dem Vorjahr eigene kammermusikalische Neujahrskonzerte mit Musik von Komponistinnen in Wien konzipiert. 

Muti wollte die weibliche Premiere in seinem Konzert jedoch nicht als gesellschaftspolitisches Signal, sondern als rein künstlerische Entscheidung verstanden wissen. „Ich habe die Musik gesehen - Ich habe mir gedacht: Das ist gute Musik“, begründete er seine Wahl für Geigers Walzer.

Mutis Friedensgruß

Das luftig-beschwingte Konzert, das in mehr als 90 Ländern übertragen wurden, fand auch dieses Jahr vor dem Hintergrund von Kriegen und Konflikten statt. „Ich wünsche der ganzen Welt drei Dinge: Frieden, Brüderlichkeit und Liebe auf der ganzen Welt“, sagte Muti, bevor er und die Philharmoniker den Strauss-Walzer „An der schönen blauen Donau“ als musikalischen Friedensgruß hinterherschickten.

Das diesjährige Programm enthielt auch andere Bezüge zur Gegenwart. So wurde etwa die „Tritsch-Tratsch“-Polka von Johann Strauss als Reaktion auf Falschmeldungen der Klatschpresse komponiert, die dem Dirigenten Affären unterstellte. 

Generationswechsel am Dirigentenpult

Der 83-jährige Muti leitete das Neujahrskonzert zum bereits siebten Mal - und zum letzten Mal, wie er ankündigte. Am 1. Januar 2026 ist erstmals der 49-jährige Yannick Nézet-Séguinein an der Reihe. Der Musikdirektor der New Yorker Metropolitan Opera übernimmt damit erstmals die Leitung eines Neujahrskonzerts. Die Wiener Philharmoniker hätten sich das Ziel gesetzt, „verstärkt mit der jungen Dirigentengeneration zu arbeiten“, sagte Orchestervorstand Daniel Froschauer.

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Erstellt:
1. Januar 2025, 15:32 Uhr

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