Vor 500 Jahren geboren: Giovanni Pierluigi da Palestrina

Palestrina – Himmlische Musik wie aus einer erlösten Welt

Das neue Jahr wird für die katholische Kirche ein Palestrina-Jahr. Zum 500-mal jährt sich der Geburtstag des berühmtesten Komponisten katholischer Kirchenmusik – Giovanni Pierluigi da Palestrina.

Giovanni Pierluigi da Palestrina zählt zu den bedeutendsten Komponisten der Renaissance.

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Giovanni Pierluigi da Palestrina zählt zu den bedeutendsten Komponisten der Renaissance.

Von Markus Brauer/dpa

Die Geschichtsschreibung schätzt Vordenker und Wegbereiter, Hüter und Bewahrer finden bei ihr wenig Platz. Der italienische Komponist, Sänger, Organist und Kapellmeister Giovanni Pierluigi da Palestrina, dessen Geburtstag sich 2025 zum 500. Male jährt, zählt eher zu den letzteren.

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Vokalpolyphonie im Geiste der Renaissance

So muss es eigentlich verwundern, dass er seinen Platz in der Musikgeschichte über Jahrhunderte hinweg behauptete und sein umfangreiches Schaffen im kirchenmusikalischen Gesangsrepertoire dauerhaft präsent war, während Zeitgenossen erst im 20. Jahrhundert wieder entdeckt wurden.

Palestrina zählt zu den bedeutendsten Komponisten der Renaissance. Sein Werk umfasst rund 950 Kompositionen der Gattungen Motette, Messe, Lamentation, Litanei sowie Madrigal. Sein persönlicher Stil, die kontrapunktische Vokalpolyphonie in der Nachfolge des franko-flämischen Schule, ist zu einem Typus geworden – dem berühmten Palestrina-Stil.

Erneuerung des katholischen Glaubens durch Musik

Palestrinas Biografie und die Wirkungsgeschichte seiner Musik geben einen Hinweis auf das Warum. Seine künstlerische Entwicklung vollzog sich vor dem Hintergrund des Tridentiner Konzils, das sich zwischen 1545 und 1563 angesichts der Reformation um die Erneuerung des katholischen Glaubens und die Stärkung der kirchlichen Institutionen bemühte.

Über Palestrinas Jugend ist wenig bekannt, nicht einmal das genaue Datum und der Ort seiner Geburt sind überliefert. Aufgrund späterer Zeugnisse nimmt man an, dass er im Jahre 1525 geboren wurde, entweder in Rom oder in der benachbarten Stadt Palestrina, deren Namen er trug und in der die Familie Pierluigi längere Zeit nachweisbar war.

Kapellmeister an St. Pietro in Rom

Seine musikalische Ausbildung erhielt Palestrina an der römischen Kirche S. Maria Maggiore, in deren Annalen er erstmals im Jahr 1537 als Chorknabe auftaucht. Bereits mit 26 Jahren wird er zum Kapellmeister des vatikanischen Knabenchors ernannt, vier Jahre darauf als Sänger in die päpstliche Kapelle aufgenommen. Dort allerdings ist sein Wirken nicht von langer Dauer, das Konzil fordert erste Opfer.

Unter dem Pontifikat Papst Pius IV. werden in der sixtinischen Kapelle strenge Maßregeln eingeführt. Palestrina, nicht geistlichen Standes und seit 1547 verheiratet, wird 1555 entlassen, wenn auch mit einer ansehnlichen Pension.

Inzwischen war er bereits mehrfach als Komponist von Messen und Madrigalen hervorgetreten. In der Folgezeit steht er in wechselnden Dienstverhältnissen an Roms Hauptkirchen, bis er 1571 zum Kapellmeister an St. Pietro berufen wird – ein Amt, das er bis zu seinem Tode am 2. Februar 1594 innehat.

„Missa Papae Marcelli“

Im Jahr 1562 komponierte Palestrina die „Missa Papae Marcelli“, die bekannteste Vertonung der katholischen Messliturgie unter den mehr als 100 Messen des Komponisten. Sie trägt den Namen von Papst Marcellus II., der im April 1555 nur drei Wochen als Papst amtierte.

Sie wurde 1567 in Palestrinas zweitem Messbuch veröffentlicht. Die Messe wurde traditionellerweise anlässlich der Papstkrönung gesungen, bis der 33-Tage-Papst Johannes Paul I. und seine Nachfolger ab 1978 auf diese Zeremonie verzichteten.

Herausragende Bedeutung für nachtridentinische Kirchenmusik

Verhandlungen mit den Höfen von Wien und Mantua scheiterten zuvor an Palestrinas Gehaltsforderungen. Offenbar war sich der Meister seiner Qualitäten durchaus bewusst.

Als „Retter der Kirchenmusik“ wird Palestrina bald nach seinem Tode zur legendären Gestalt. Es sei, so wird berichtet, seine berühmte „Missa Papae Marcelli“ gewesen, die Papst Pius IV. bewogen habe, von einem Verbot der mehrstimmigen A-capella-Kirchenmusik abzusehen, in der er die Hoheit des Wortes gefährdet gesehen habe.

Auch wenn diese Überlieferung angezweifelt wird, bleibt Palestrinas Bedeutung für die nachtridentinische Kirchenmusik unbestritten: Die Reinheit ihrer Satztechnik, die Ausgewogenheit ihrer musikalischen Mittel, die Natürlichkeit des Textvortrages setzten ein Regelsystem für die katholische Kirchenmusik, dass bis ins 18. Jahrhundert hinein gültig blieb.

Wiederentdeckung eines Genies

Als wenig später Stimmen laut wurden, die den Einzug eines gewissen frivolen Tonfalls aus dem Opernhaus in die Kirche beklagten, da war es wiederum Palestrina, den man im Streit posthum zum Retter erkor. Die kirchenmusikalische Reformbewegung des 19. Jahrhunderts berief sich ebenfalls auf ihn, um den angeblich verweltlichten Kirchenstil zu reinigen.

Giovanni Pierluigi da Palestrina starb am 2. Februar 1594 in Rom.

Komponist Hans Pfitzner (1869-1949) benutzte Palestrina als Zeugen gegen die „Futuristengefahr“ gegen die er in wütenden Pamphleten eiferte. Seine Oper „Palestrina“, 1917 in München uraufgeführt, ließ die Legende von der Rettung der Kirchenmusik auf der Opernbühne wiedererstehen.

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Erstellt:
31. Dezember 2024, 18:22 Uhr

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