Corona in der Leitstelle hätte fatale Folgen
Das Interview: Süwag-Standortleiter Michael Meyle erläutert die Auswirkungen der Pandemie auf die Energieversorgung.
Von Florian Muhl
Herr Meyle, ein Jahr Corona – wenn Sie zurückblicken, wie musste sich ein Energieversorger, ein Netzbetreiber, auf diese Situation einstellen?
Wir haben am Anfang schnell ein Pandemieteam und einen Krisenstab eingerichtet. Dort wurden Schutzkonzepte für systemrelevante Bereiche wie die Netzleitstelle, für unser operatives Personal sowie für die Verwaltung festgelegt. Wir konnten in der Verwaltung sehr schnell einen hohen Homeoffice-Anteil erreichen. Beim Erkennen von Infektionen wurde zügig gehandelt, indem die betroffenen Personen sowie deren Kontaktpersonen in Quarantäne geschickt wurden.
Wie haben Ihre Kollegen in den Netzleitstellen gearbeitet und wie haben sie sich geschützt?
Die Kollegen haben im privaten Umfeld über das normal übliche Maß hinaus ihre Kontakte eingeschränkt. Für uns als Netzbetreiber hätte es fatale Folgen, wenn sich in unseren Teams der Netzleitstelle das Coronavirus ausbreiten würde. Für geschäftskritische Einheiten – und damit auch für den Netzbetrieb – haben wir Notfallpläne erarbeitet, die eine Aufrechterhaltung des Betriebs sicherstellen. Die Notfallpläne enthalten verschiedene Szenarien unterschiedlicher Eskalationsstufen. Für jedes Szenario haben wir konkrete Maßnahmen definiert, um gewappnet zu sein und den Betrieb sicherstellen zu können.
Waren nur Mitarbeiter in den Netzleitstellen besonders betroffen?
Nein, keinesfalls. Man darf zum Beispiel unsere Monteure vor Ort und generell die operativen Einheiten nicht vergessen. Die Zählermonteure waren eigentlich über die ganze Pandemiephase hinweg im Einsatz, um neue Zähler zu setzen oder ältere zu wechseln. Zudem müssen auch trotz der Coronalage wichtige Reparaturmaßnahmen für das Strom- und Gasnetz durchgeführt werden. All diese Arbeiten wurden und werden immer noch unter Einhaltung sämtlicher Schutz- und Abstandsmaßnahmen sowie durch das Tragen von FFP2-Masken sichergestellt.
Die Monteure konnten die ganzen Monate hinweg ohne Unterbrechung arbeiten?
Wir hatten nur eine ganz kurze Zeit während des ersten Lockdowns, wo wir einen kleinen Einbruch bei den Bautätigkeiten und zeitliche Verzögerungen erkannt haben. Das war vor einem Jahr, als Hotels und Pensionen auch für berufsbedingt Reisende gesperrt waren. Unsere Dienstleister bekamen für einen kurzen Zeitraum hinweg Probleme, ihre Kolonnen über Nacht unterzubringen. Das war im Schwäbischen Wald bei Baustellen für uns spürbar. Unsere Dienstleister hatten in dieser Zeit aufgrund der Hotelschließungen Probleme, ihr Personal zu den Einsatzstellen zu bringen.
Haben Sie bei der Stromversorgung oder Erdgasversorgung Verlagerungen oder Schwankungen im Tagesverbrauch festgestellt?
Das war kaum spürbar. Wenn überhaupt dann dort, wo wir vor allem den regionalen Mittelstand versorgen, beispielsweise bei Handwerksbetrieben, wobei da nicht viele betroffen waren. Bei Dienstleistern ging natürlich die Abnahme zurück, wenn Menschen verstärkt im Homeoffice gearbeitet haben. Dieser Verbrauch hat sich dann allerdings in die Wohngebiete verlagert. Unser großes Kundensegment sind Industriekunden und die waren ja nahezu durchgehend in Produktion, da war kein Absatzrückgang zu erkennen.