Toller Auftakt mit Musik und Akrobatik
Zeitung in der Schule: Zum Start des BKZ-Projekts zeigen Gitarren- und Zirkus-AG sowie Neuntklässler des MBG ihr Können
Die 14. Ausgabe des BKZ-Projekts Zeitung in der Schule hat begonnen. Gestern sorgten Schüler und Lehrer des Max-Born-Gymnasiums Backnang für eine tolle Auftaktveranstaltung der vier Wochen langen Aktion. Schulleiterin Sonja Conrad erinnerte an das Ende des Ersten Weltkriegs, das 100 Jahre zurückliegt, und wies darauf hin, dass die Pressefreiheit einst schwer erkämpft worden und jetzt ein kostbares Gut sei.
Von Florian Muhl
BACKNANG. Die Backnanger Kreiszeitung wird sehr oft am Frühstückstisch gelesen. Welche anderen Orte es gibt, sich der Morgenlektüre zu widmen, darüber machten sich Schüler der Klasse 9a des Max-Born-Gymnasiums Gedanken. Eine ungewollt komische Situation kann beispielsweise entstehen, wenn sie Zeitung lesend durch die Stadt läuft und er ihr entgegenkommt, ebenfalls die Zeitung aufgeschlagen vor dem Gesicht und darin vertieft. Rumms macht es, und die beiden sind zusammengestoßen.
Im Rahmen der Zisch-Auftaktveranstaltung präsentierten die Neuntklässler gestern im MBG-Musiksaal mehrere Szenen in Form von Sketchen. Zeitung lesen in der überfüllten S-Bahn? Das klappt. Und man ist nicht lange allein. Im Handumdrehen hat man eine Handvoll Mitleser. Und jeder findet natürlich „seinen“ Artikel. Nur das gemeinsame Umblättern muss noch abgesprochen werden. Gelesen wurde auch noch Rad schlagend beim Sport, während des Unterrichts und sogar beim Fallschirmspringen.
Zuvor hatten Schüler der 9c im Rahmen ihres Kunstunterrichts bei Stefanie Hübner überdimensionale Tiere und Figuren aus Zeitungspapier gebastelt und im Musiksaal aufgestellt beziehungsweise aufgehängt. Da saßen Katze und Hund, Kaninchen und Känguru brav nebeneinander und ein Delfin schwamm einer Spinne davon. Für das Rahmenprogramm der Veranstaltung sorgten Schüler der Gitarren-AG aus der fünften bis achten Klasse unter der Leitung von Roger Gehrig sowie Mitglieder der Zirkus-AG aus der elften und zwölften Klasse unter der Leitung von Andreas Krebs.
„Die Zeitung erlebte ihren Höhepunkt in den 1920er-Jahren“
Als Deutsch- und auch als Geschichtslehrerin war es Sonja Conrad eine besondere Freude, das BKZ-Projekt Zeitung in der Schule, an dem sich diesmal 640 Schüler aus elf Schulen beteiligen, einmal selbst eröffnen zu dürfen. Die MBG-Schulleiterin wünschte allen Schülern viel Spaß und neue Erkenntnisse und vor allem viele Informationen bei der Lektüre und der Beschäftigung mit der BKZ. Conrad erinnerte an das Ende des Ersten Weltkriegs und an den Beginn der Weimarer Republik vor 100 Jahren. Die Weimarer Republik gelte auch als die Geburtsstunde der Massenmedien. „Insbesondere die Zeitung erlebte ihren Höhepunkt in den 1920er-Jahren“, so die Schulleiterin. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten habe sich dies jedoch „im Zuge der Ausschaltung der freien Presse“ schlagartig geändert. Meinungsfreiheit sei plötzlich ein Fremdwort gewesen. Journalisten, die sich trauten, weiter kritisch zu berichten, hätten fliehen müssen und seien verfolgt und eingesperrt, manche sogar getötet worden.
Aber auch heute gerät der freie Journalismus in vielen Ländern unter Druck, sagte Conrad, und wörtlich: „Dabei ist die Meinungs- und die Pressefreiheit ein ganz entscheidender Teil einer funktionierenden Demokratie und muss unbedingt erhalten werden.“ Selbst Deutschland nehme derzeit nur den 15. Rang in Europa in Bezug auf Pressefreiheit ein.
In Zeiten, in denen der US-Präsident Pressevertreter beschimpfen würde und es für alle Menschen nicht leicht sei, Fake-News von seriösen Informationen zu unterscheiden, sei es wichtiger denn je, den Schülern im Deutschunterricht zu vermitteln, was guten Journalismus ausmache und welche Funktion bei der Information und Meinungsbildung der Bürger eine freie Presse einnehme. „Wir werden in Zusammenhang mit Zisch lernen, was professionelle Medien machen; wir wollen euch das Zeitunglesen beibringen und zeigen, wie Zeitung eigentlich gemacht wird“, so die Schulleiterin.
Kornelius Fritz findet es schade, dass das Durchschnittsalter der Zeitungsleser zwischen 55 und 65 Jahren sei. Aber der Redaktionsleiter der BKZ hatte auch eine gute Nachricht mitgebracht: Laut einer aktuellen Studie nutzen 88,7 Prozent der 14- bis 29-Jährigen regelmäßig Zeitungen, allerdings deren Online-Version über Handy oder Tablet. Er habe die Erfahrungen gemacht, dass viele Jugendliche schon unterscheiden könnten, welche Informationen aus dem Internet verlässlich seien und welche nicht. Er forderte die Schüler auf, die Chance zu nutzen, selbst „zu Journalisten zu werden“, zu recherchieren, eigene Texte zu schreiben, die in der BKZ veröffentlicht werden und an einem Wettbewerb teilnehmen würden.
Michael Meyle, regionaler Standortleiter der Süwag-Netztochter Syna GmbH, warb insbesondere für energierelevante Themen und präsentierte Angebote des Energiedienstleisters. So könnten die Schüler beim Thema E-Mobilität erfahren, ob Elektroautos schon so weit sind, dass sie flächendeckend zum Einsatz kommen könnten.
BKZ-Verleger Werner Stroh freut sich ganz besonders darüber, dass auch die Schule, die er einst in Backnang besucht hat, sich am Zisch-Projekt beteiligt. Seine größte Niederlage als Schüler habe er just in diesem Musiksaal erlebt, als er zum Vorsingen aufgerufen wurde, er dann aber kläglich versagt habe und vom Musiklehrer angeschimpft wurde: „Stroh, du bist ein amusischer Mensch.“