Die Gemeinderäte gehen online

Um die Sitzungen notfalls künftig auch digital durchführen zu können, hat der Gemeinderat in Weissach im Tal seine Hauptsatzung geändert. Vor dem Beschluss wurden Bedenken geäußert, dennoch stimmte der Großteil der Gemeinderäte für die Änderung. Auch die Gemeinde Aspach ebnet den Weg für virtuelle Treffen.

Der Gemeinderat in Aspach hat bereits eine Klausurtagung digital abgehalten – ohne größere technische Probleme. Foto: Gemeinde Aspach

Der Gemeinderat in Aspach hat bereits eine Klausurtagung digital abgehalten – ohne größere technische Probleme. Foto: Gemeinde Aspach

Von Melanie Maier

WEISSACH IM TAL/ASPACH. Sofern die Technik mitmacht, werden die Gemeinderäte von Weissach im Tal im Februar zum ersten Mal digital zusammentreffen. Während des Lockdowns hält Bürgermeister Ian Schölzel das nicht nur für eine geeignete Schutzmaßnahme, sondern auch als wichtiges Zeichen an die Bevölkerung. „Im Ältestenrat haben wir lange darüber beraten, ob der Gemeinderat sich überhaupt im Januar treffen soll“, erklärte Schölzel gleich zu Beginn der jüngsten Gemeinderatssitzung. Weil der Lockdown noch bis mindestens 14. Februar gelten wird, soll die kommende Gemeinderatssitzung am 11. Februar virtuell stattfinden. Über einen Link auf der Gemeinde-Homepage soll jeder, der möchte, der Sitzung beiwohnen können.

„Die Präsenzsitzungen kann das nicht ersetzen, keine Frage.“

Das Format Online-Videokonferenz sieht Schölzel als notwendiges Instrument zur Durchführung der Sitzungen während der Pandemie an. „Die Präsenzsitzungen kann das nicht ersetzen, keine Frage“, sagte er. Die Verwaltung wolle es auch nicht über die Gebühr strapazieren, doch die Gemeinde müsse sicherstellen, unter allen Umständen handlungsfähig zu bleiben. „Wir können alle nicht einschätzen, wie lange die aktuelle Situation anhalten wird“, betonte Schölzel.

Dem wollten nicht alle Gemeinderäte vorbehaltlos zustimmen. Bevor über die Änderung der Hauptsatzung abgestimmt wurde, meldeten sich Gemeinderäte aller Fraktionen zu Wort. Thomas Heller (UBL) wies darauf hin, dass nicht alle Bürger Zugang zum Internet haben. „Aus meiner Sicht kann man das deshalb eigentlich nicht machen“, sagte er. Luciano Longobucco (LWB) machte auf das heikle Thema Datenschutz, aber auch auf das Zwischenmenschliche aufmerksam, das bei einer Online-Sitzung verloren ginge.

Monika Muth (CDU/FWV) hielt dagegen. „Ich verstehe die Diskussion nicht“, sagte sie. Sie finde es schwierig, Präsenzsitzungen des Gemeinderats nach außen zu vermitteln. „Privat darf man sich momentan nur mit einem weiteren Haushalt treffen und wir kommen hier zusammen“, sagte sie. Die Regelung, nur einfache Gegenstände zu verhandeln, keine schwerwiegenden Beschlüsse online zu treffen (siehe Infokasten), bezeichnete Dietmar Schönberger (SPD) als „fairen Kompromiss“. Trotz mancher Bedenken stimmten elf der 15 anwesenden Gemeinderäte für die Änderung der Hauptsatzung. Drei waren dagegen, eine Person enthielt sich.

In Aspach wurde die Hauptsatzung bereits in der Gemeinderatssitzung vom 2. November entsprechend geändert. Um künftig auch digitale Sitzungen zu ermöglichen, müsse nun allerdings noch zusätzlich die Geschäftsordnung für den Gemeinderat – also die interne Umsetzungsrichtlinie – angepasst werden, berichtet Hauptamtsleiter Philip Sweeney von der Gemeindeverwaltung. „Hier gab es vonseiten der Gemeinderäte gleich mehrere Änderungswünsche, sodass wir die Geschäftsordnung in unserer Gemeinderatssitzung am 1. Februar als Neufassung beschließen wollen.“

Sobald das passiert sei, werde man sich mit der technischen Umsetzung befassen, sagt Sweeney. „Insbesondere gilt es noch zu klären, wie die Öffentlichkeit eingebunden werden kann.“ Eine Klausurtagung des Aspacher Gemeinderats wurde bereits digital abgehalten. Der nicht öffentliche Testlauf habe hervorragend geklappt, so Sweeney.

In Backnang wird sich der Gemeinderat dagegen weiterhin vor Ort treffen. Die Stadt plane keine Änderung der Hauptsatzung, teilt Pressereferentin Christine Wolff mit, da man aufgrund der zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten coronakonforme Sitzungen abhalten könne. Aktuell finden die Gemeinderatssitzungen im Bürgerhaus statt.

Auch in Oppenweiler ist derzeit nicht geplant, die Hauptsatzung dahingehend zu ändern, dass der Gemeinderat digital tagen kann. Dafür werden die Gemeinderatssitzungen schon seit April 2020 gestreamt, sodass die Bürger bequem von zu Hause aus zuschauen können. Das wolle man für den Moment beibehalten, sagt Bürgermeister Bernhard Bühler. In der Gemeindehalle, führt er aus, könnten die Gemeinderäte gut Abstand halten.

Die Sitzungen über das Internet zu streamen, gehe auf die Idee eines Gemeinderats zurück. „Wir haben das einfach mal ausprobiert und gesehen, dass es funktioniert“, sagt Bühler. Prinzipiell hält der Bürgermeister es für möglich, Gemeinderatssitzungen online abzuhalten. Doch auch er hat ähnliche Bedenken wie manch ein Gemeinderat in Weissach. Problematisch sieht Bühler vor allem die Auslegung dessen, was eine einfache Angelegenheit ist und was nicht. Das sei ein unbestimmter Rechtsbegriff. „Es kann sein, dass im Nachhinein jemand kommt und sagt, dass eine Verhandlungssache keine einfache war und dass sie deshalb nicht verhandelt werden durfte“, sagt er.

In Weissach im Tal wurde bereits ein städtebaulicher Workshop als Videokonferenz durchgeführt. Zwar habe es teils Empfangsprobleme gegeben, ansonsten sei der Workshop aber gut gelaufen, sagt Bürgermeister Ian Schölzel. Die richtige Feuerprobe des Formats virtuelle Tagung wird in Weissach allerdings wohl bei der ersten digitalen Gemeinderatssitzung im Februar stattfinden.

Der Paragraf 37a

Im Mai 2020 wurde der Paragraf 37a neu in die Gemeindeordnung für Baden-Württemberg eingefügt. Er ermöglicht die Durchführung von Sitzungen ohne persönliche Anwesenheit der Mitglieder im Sitzungsraum. Bis 31. Dezember 2020 galt die Regelung auch ohne Änderung der Hauptsatzung. Nun muss sie geändert werden.

Das Verfahren darf bei Gegenständen einfacher Art gewählt werden. Bei anderen nur dann, wenn die Sitzung aus schwerwiegenden Gründen andernfalls nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden könnte.

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Erstellt:
30. Januar 2021, 06:00 Uhr

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