In die Gärtnereien kehrt der Alltag zurück

Seit dem 1. März haben die Gärtnereien, Blumenläden und Baumschulen wieder offen. Die Saison geht gerade erst los.

Andreas Moser empfängt wieder Kunden in seiner Gärtnerei. Die Pflanzen stehen bereit, um mit ihrer Schönheit zu überzeugen. Fotos: A. Becher

© Alexander Becher

Andreas Moser empfängt wieder Kunden in seiner Gärtnerei. Die Pflanzen stehen bereit, um mit ihrer Schönheit zu überzeugen. Fotos: A. Becher

Von Anja La Roche

BACKNANG/WEISSACH IM TAL. Knapp zwei Wochen haben die Gärtnereien und Blumenläden schon offen. Die Saison für die Pflanzenbetriebe kommt gerade in die Gänge, denn sobald der nächtliche Frost fern bleibt, holen die Menschen ihre Gartenschaufeln aus dem Schuppen und stellen ihren grünen Daumen auf die Probe. März, April und Mai zählen zu den umsatzstärksten Monaten des Garteneinzelhandels. Alles ist vergänglich, und ganz besonders schnell sind es Schnittblumen und so manche Topfpflanzen. Darum ist die frühzeitige Öffnung für die Blumen- und Gartenbetriebe eine besondere Erleichterung gewesen. Sie dürfen wieder ihr ganzes Sortiment anbieten. Dazu gehören zum Beispiel auch Dekoartikel und Blumentöpfe.

Andreas Moser ist in seiner „Gärtnerei Moser“ in Weissach im Tal in grüner Gärtnerkleidung anzutreffen. Zwischen Pflanzen und Zubehör verbringt er seine Arbeitszeit – nun auch wieder zwischen Kunden. „Wenn’s jetzt milder wird, geht’s erst richtig los“, sagt Moser. Ein großer Kundenansturm sei ausgeblieben, die Nachfrage sei üblich für die Jahreszeit. Besonders Frühblüher, Samen und Kräuter würden die Kunden gerade kaufen, sagt Julia Retter, eine Angestellte.

Besonders schade für die Branche war der Lockdown am Valentinstag.

Einige Kunden haben im Lockdown per E-Mail oder Telefon Ware bestellt und abgeholt, aber Verluste machte die Gärtnerei trotzdem. Im Februar mussten zudem einige Primeln weggeworfen werden. Etwa 30 Prozent des Umsatzes – im Vergleich zu dem Umsatz der Vorjahre – seien erreicht worden, sagt Moser. Besonders schade für die Branche war es, dass die Läden am Valentinstag, dem 14. Februar, noch geschlossen hatten. Viele Menschen verschenken an diesem Tag Blumen an ihre Liebsten. In der Gärtnerei Moser seien es in der Woche zum Valentinstag nur etwa 25 Prozent des normalen Umsatzes gewesen.

Viele Floristen habe Moser im Lockdown in Kurzarbeit schicken müssen. Jetzt werden sie wieder gebraucht: Zum Beispiel, um Blumen zu kleinen Kunstwerken zusammenzustellen.

Auch die Pflanzenbetriebe müssen sich an die Hygienevorschriften für den Einzelhandel halten. In der Gärtnerei Moser gibt es Laufwege, die vor der Kasse ein Zusammentreffen der Kunden verhindern sollen. In einen abgetrennten Verkaufsraum darf zudem nur eine bestimmte Anzahl an Kunden. Denn es gibt genaue Regelungen, wie viele Kunden auf der Verkaufsfläche herumschlendern dürfen. Ein Kunde darf sich pro zehn Quadratmetern im Geschäft aufhalten. Ab einer Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern wird es komplizierter: Pro 20 Quadratmetern darf ein weiterer Kunde hinzukommen. Für Moser ist das kein Problem, denn seine Verkaufsfläche ist mit angrenzender Gartenhalle und Außenbereich groß genug, um sich aus dem Weg zu gehen. Sein Parkplatz „wäre mehr als überfüllt“, lacht der Geschäftsinhaber, würden so viele Kunden kommen, wie auf seiner Verkaufsfläche erlaubt sind.

Ein Kunde der Gärtnerei Moser sucht nach Blumen für den Geburtstag seiner Frau. Ob er diese auch online bestellt hätte, wenn die Läden noch geschlossen wären? „Nein“, antwortet er. Im Internet hätte er keine Blumen bestellt. Stattdessen hätte er Schnittblumen aus dem Supermarkt gekauft. Weitere Kunden bekräftigen den Eindruck: Pflanzen wollen vor dem Kauf gesehen werden.

Sabine Nickel, Angestellte im Blumenhaus „Wolf-Kühnle“ in Backnang, kann das bestätigen. „Blumen kauft man mit dem Auge“, sagt sie. Die Menschen wollen sich inspirieren lassen. Nickel ist mit dem Verkaufsstart sehr zufrieden: Die Kunden würden sich über die Blumen und „schönen Dinge“ freuen.

Bei „Winters Blumenhandel“, ebenfalls in Backnang, sei viel weggeworfen worden, sagt die Inhaberin Brigitte Winkler. Aufgrund der von der Regierung sehr kurzfristig kommunizierten Schließung im November habe sie normal bestellt. Die wenigen telefonischen Bestellungen im Lockdown hätten sich nicht rentiert, so Winkler.

„Winters Blumenhandel“ empfängt seine Kundschaft ebenfalls wieder seit dem 1. März. Es sei noch etwas verhalten gewesen in den ersten Tagen und manche hätten es noch nicht mitbekommen, dass das Geschäft wieder geöffnet ist. „Aber die Kunden haben Lust“, sagt Winkler. Blumensträuße zusammenstellen, das gelinge auch nur gut, wenn der Kunde vor Ort seine Wünsche beschreiben kann. Per Telefon sei das eher schwierig gewesen.

Narzissen, Tulpen und Hornveilchen sind gerade bei den Kunden beliebt.

Selina Singer hat sich dieses Jahr mit dem Verkaufsstand „Blumen und Dekoration“ in Backnang, Bludenzer Straße, selbstständig gemacht. Dort kann man an der frischen Luft per Selbstbedienung einkaufen. Die geplante Eröffnung im Januar hat sich auch für Singer auf den 1. März verlagert. Vor allem Narzissen, Tulpen und Hornveilchen – typische frühjährliche Grabblumen – seien gerade bei den Kunden beliebt.

Wegwerfen musste Singer nichts, denn bei der Warenbestellung sei sie sehr vorsichtig gewesen. Die frischgebackene Selbstständige weiß von Kollegen aus der Branche, dass es für alle eine extreme Umstellung gewesen sei, wieder in den Alltag zu starten. „Aber alle freuen sich und sind hoch motiviert.“ Gemecker habe sie wenig zu Ohren bekommen, trotz der hohen Verluste, die viele Blumenläden im Lockdown machten. Die Verluste seien auch deshalb so hoch gewesen, weil die Discounter die Marktlücke im Lockdown füllten, und dementsprechend mehr Blumen verkauften. „Das ist sehr schade für die Branche“, sagt Singer.

Dem Pflanzen-Shoppen in duftenden Gartencentern steht vorerst nichts mehr im Wege; der Frühling kann kommen. Die Gärtnerei Moser verlässt der Kunde, der nach einem Geburtstagsgeschenk für seine Frau gesucht hat, mit einem farbenfrohen Blumenkorb – der ist vermutlich doch schöner als ein Strauß Schnittblumen aus dem Supermarkt.

Die Gärtnerei Moser hat dank großer Verkaufsfläche kein Problem mit Abstandsregeln.

© Alexander Becher

Die Gärtnerei Moser hat dank großer Verkaufsfläche kein Problem mit Abstandsregeln.

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Erstellt:
12. März 2021, 06:00 Uhr

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