„A night in the opera“ unterm Murrtalviadukt
Die Backnanger Autokinosaison endet mit einem classic-ope(r)n-air in Backnang. Rainer Roos bringt bekannte Sänger und den brasilianischen Startenor Gustavo Quaresma mit. Der Dirigent und Leiter sitzt diesmal selbst am Piano.
Von Ingrid Knack
BACKNANG. „Es freut uns sehr, dass wir neben Rainer Roos für unsere Autokino-Gala am 4. Juli hervorragende Solisten gewinnen konnten“, sagt Markus Schildknecht, Vorsitzender des Stadtjugendrings Backnang. Der Stadtjugendring wird bei dieser Veranstaltung im Autokino unterm Murrtalviadukt wieder vom Kino Universum, von der Stadt und von Sponsoren unterstützt. Rainer Roos und seinen Kontakten ist es zu verdanken, dass er ausgezeichnete Solisten für die Opernnacht in Backnang begeistern konnte. Erstmals ist in Backnang der weltweit gefeierte brasilianische Startenor Gustavo Quaresma live zu hören. „Das bringt auch die Zeit mit sich“, erklärt Roos. Ohne Corona „wäre er ausgebucht gewesen. Dann hätten wir keine Chance gehabt, ihn nach Backnang zu bringen“. Mit von der Partie sind zudem die Sopranistin und Humanmedizinerin Jana Marie Gropp, die erst 2019 beim classic-ope(n)-air auftrat, der argentinische Bassbariton Matias Tosi, den die Backnanger ebenfalls bereits gut kennen, und die Sopranistin Joo-Anne Bitter.
„Backnang ohne classic-ope(r)n-air ist wie ein Sommer ohne Sonnenschein.“
Als Markus Schildknecht bei ihm nachgefragt habe, ob er sich eine Opernnacht im Backnanger Autokino vorstellen könne, „hat er offene Türen eingerannt“, gibt Rainer Roos Auskunft über die Entstehung des Projekts. Neben Schildknecht findet auch er: „Backnang ohne classic-ope(r)n-air ist wie ein Sommer ohne Sonnenschein.“ Und er erzählt von dem komischen, melancholischen Gefühl, das ihn am 20. Juni beschlich, an dem die 23. Ausgabe der Backnanger Erfolgsreihe in Backnang über die Marktplatzbühne hätte gehen sollen – wäre da nicht das Coronavirus gewesen. Über die vergangenen 22 Jahre habe sich bei ihm eine Art Biorhythmus ausgebildet, „der mich am dritten Juni-Wochenende automatisch nach Backnang zieht“. Auch verwundert es nicht, dass er an jenem Samstag die Wetter-App öffnete und nachschaute, ob es nun in Backnang regnet oder nicht. Dass es jetzt doch eine Klassiknacht im Freien gibt, freut nicht nur die Backnanger. Roos erzählt von einer Kartenbuchung aus der bayerischen Stadt Hof und fügt an: „Es zeigt sich bei vielen Menschen, dass es ohne Kultur nicht geht.“ Das wiederum sei trotz der äußerst schwierigen Situation, in der sich die Künstler und die gesamte Veranstaltungsbranche befinde, eine gute Erfahrung. Eine seiner Zukunftsvisionen ist deshalb, dass die Kulturveranstaltungen künftig alle ausverkauft sind.
Wegen des Coronaschutzes ist es nicht möglich, dass die Musiker des Württembergischen Staatsorchesters und der Stuttgarter Philharmoniker auf der Autokino-Bühne mit dabei sind. Ihren Part übernimmt Rainer Roos am Piano, der auch wie gewohnt moderiert. In der ersten Hälfte der Klassiknacht stehen Operntitel, in der zweiten Hälfte Musicalmelodien und „Klassik light“ auf dem Programm, verrät Roos. Und da wir uns ja gerade im Beethoven-Jubiläumsjahr befinden – der 250. Geburtstag des Komponisten wird gefeiert – ist das Quartett aus der Oper „Fidelio“ zu hören.
Schildknecht sieht die Opernnacht als Höhepunkt des Autokinos und als Abschlussgeschenk an die Besucher. Denn nach dem 4. Juli wird es dort zunächst einmal kein öffentliches Programm mehr geben. Schildknecht: „Das wird unser letztes Event sein. Die Technik lassen wir aber aufgebaut. Für den Fall, dass eine zweite Coronawelle kommt – und viele Schulen machen noch Abschlussfeiern.“ Nach acht Wochen Programm gingen die ehrenamtlichen Helfer auch ein wenig auf dem Zahnfleisch. Schildknecht rechnet damit, dass nach der ersten Backnanger Autokino-Spielzeit zwischen 6000 und 7000 Besucher unterm Murrtalviadukt Filme und Live-Kultur erlebt haben. Zur Opernnacht möchte der Stadtjugendring auch Anwohner einladen. „Wir sind dankbar, dass sie mitgemacht haben.“ Entgegen kommt den Akteuren die Neufassung der Corona-Verordnung. Ab dem 1. Juli können 250 Leute an einer Kulturveranstaltung teilnehmen, weiß Rainer Roos. Dies bedeutet fürs Autokino: Neben den Autoplätzen sind mehr Sitzplätze an Tischen möglich. Bei Schlechtwetter bleibt immer noch der Rückzug in die Fahrzeuge.
Weitere Informationen gibt es über die Homepage www.backnangerkinos.de
Der Tenor Gustavo Quaresma wurde in Rio de Janeiro geboren und lebt in Wien. Seine musikalische Grundausbildung erhielt er als Sopransolist des Knabenchores „Canarinhos de Petrópolis“. Er beendete im Mai des Jahres 2010 sein Operngesangsstudium in der Klasse von Hedwig Fassbender an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main mit Auszeichnung. Zwischen 2010 und 2012 war er Mitglied des Internationalen Opernstudios der Oper Köln. Zahlreiche Meisterkurse ergänzten seine Ausbildung. Seitdem feiert er große Erfolge in den Konzerthäusern von Berlin und Wien, Amsterdam und Budapest, in der Royal Festival Hall London, im Emirates Palace Abu Dhabi, im Seoul Arts Center, am Hessischen Staatstheater Wiesbaden, am Teatro Municipal do Rio de Janeiro und São Paulo, an der Oper Köln, Opéra Monte Carlo, am Grand Théâtre de Tours sowie beim „Belcanto Opera Festival“ in Bad Wildbad sowie bei der Oper Klosterneuburg bei Wien.
Die Sopranistin Joo-Anne Bitter gilt vor allem im jugendlichen Wagnerfach als Idealbesetzung. Ihren gefeierten Rollendebüts der Elsa im „Lohengrin“ und der Eva in „Die Meistersinger von Nürnberg“ bei den Tiroler Festspielen Erl in Österreich und Tourneen nach China folgte in der Spielzeit 19/20 ihre erste Elisabeth in „Tannhäuser“ am Stadttheater Klagenfurt. Sie ist international unterwegs. Charity- und Non- profit-Auftritte beweisen ihr gesellschaftliches Engagement.
Der gebürtige Argentinier Matias Tosi studierte Gesang in Buenos Aires und München und war zunächst Ensemblemitglied der Stuttgarter Staatsoper, später unter Uwe Eric Laufenberg an der Oper Köln und am Hessischen Staatstheater Wiesbaden. Besondere Erfolge feierte er in den großen Mozart- und Verdi-Partien. Bei den Schlossfestspielen Zwingenberg, deren Intendant Rainer Roos ist, übernahm er im Festspielsommer 2019 sowohl die Titelpartie des Figaro als auch die Regie in „Figaros Hochzeit“ von Mozart.
Die Sopranistin Jana Marie Gropp studierte klassischen Gesang bei Michaela Krämer an der Robert Schumann Hochschule in Düsseldorf und schloss dort 2018 als Bachelor of Music ab. Schon während ihres Studiums feierte sie Erfolge als Solistin. Regelmäßig arbeitete sie als Solistin mit dem WDR Funkhausorchester Köln für Konzerte und Filmaufnahmen unter der Leitung von Wayne Marshall und Josep Vicent zusammen. Auch im Musicalbereich ist sie unterwegs, unter anderem ebenfalls bei den Festspielen Zwingenberg. Ihre Vielfältigkeit zeigt sich auch in der Interpretation von Popmusik.