Mit Thomas Roth auf der Nyckelharpa-Reise

Der Musiker und Komponist Thomas Roth spielt virtuos auf der Nyckelharpa. Um mit dem Instrument in ganz neue Klangwelten vorzustoßen, hat er sich mit dem DJ Stephen Elzenbeck zusammengetan und ein musikalisches Programm erarbeitet, das Tradition und Moderne verbindet.

Mit dem Sounddesigner Stephen Elzenbeck steht Thomas Roth (rechts) in der Belinda nicht zum ersten Mal auf der Bühne. Foto: Ingrid Knack

Mit dem Sounddesigner Stephen Elzenbeck steht Thomas Roth (rechts) in der Belinda nicht zum ersten Mal auf der Bühne. Foto: Ingrid Knack

Von Klaus J. Loderer

Steinheim an der Murr. „Nyckelharpa Journey“ ist für Thomas Roth das Motto seines künstlerischen Schaffens. Auf dem besonderen, auch Schlüsselfiedel genannten Instrument ist der Musiker als Virtuose bekannt. „Ich mache mit der Nyckelharpa eine Reise zu verschiedenen Menschen, durch verschiedene Länder und durch die Zeiten“, erzählt er bei einem Treffen in seinem Heim in Steinheim an der Murr.

Bekannt wurde Thomas Roth mit mittelalterlicher Musik und seiner Band „Des Geyers schwarzer Haufen“. Die Nachfolgeband hieß nur „Geyers“ und entwickelte das Genre Historock. Nun sagt er: „Die Mittelaltermusik ist lange vorbei.“ 2013 begann er seine Solokarriere und probiert seither den Einsatz seines Instruments in ganz unterschiedlichen Besetzungen aus. So spielte er auch schon zusammen mit großen Orchestern. In Backnang trat er 2017 zum Beispiel beim classic-ope(r)n air auf.

Sein neuestes Projekt „Electronic Trip“ ist die Kombination von elektronischen Beats und Nyckelharpa. Von einer solchen Zusammenarbeit träumte Roth schon einige Zeit, aber es dauerte, bis er einen passenden Musiker fand.

Ein Zufall bringt die Musiker zusammen

Dass er auf den mit seinem Projekt „Die Batterien Gottes“ hervorgetretenen DJ, Producer, Sounddesigner und Performer Stephen Elzenbeck gestoßen ist, hat mit seinem Lieblingsplatz zu tun. Thomas Roth erzählt, dass er oft auf eine Anhöhe oberhalb von Steinheim geht, um dort auf der Nyckelharpa zu spielen. Eines Tages kamen zwei Spaziergängerinnen mit Hund vorbei, die mit ihm ins Gespräch kamen. Es waren Stephen Elzenbecks Mutter und Schwester. Letztere berichtete, dass ihr Bruder elektronische Musik mache. Roth wurde hellhörig. Die beiden Musiker lernten sich kennen und probierten aus, ob eine Zusammenarbeit klappen könnte. Die ungewöhnliche Kombination aus einem Streichinstrument und synthetischem Beat gelang. Roth berichtet, dass er mit Elzenbeck ganz anders spiele als sonst. Für ihn ungewohnt sei der erbarmungslos hämmernde Beat. „Die Maschine ist kompromisslos. Wenn wir auseinanderfallen, ist ganz klar, wer das Tempo nicht gehalten hat“, sagt er augenzwinkernd. Vor ein paar Wochen war Premiere im Schlosskeller in Marbach am Neckar. Mit dabei waren Performerin Leah Wewoda und Sängerin Sarah Scholl.

Roth zeigt die Unterschiede zwischen seinen beiden Instrumenten: Seine neuere Nyckelharpa hat vier Tastenreihen, die ältere nur drei. In einem Standardwerk über die Nyckelharpa ist Roth sogar auf mehreren Fotos abgebildet. Er benutzt beide Instrumente manchmal abwechselnd. Auf beide Instrumente ist Roth sehr stolz, denn sie wurden vom renommierten schwedischen Instrumentenbauer Esbjörn Hogmark gebaut. Je nach Komposition ist aufgrund der Tastenanordnung die eine oder die andere Harpa idealer. Sein Solo „Ingredients“ spielt er auf der alten, also der dreireihigen Nyckelharpa.

Das Video „Ingredients“ hat auf Youtube inzwischen 1,3 Millionen Aufrufe

Das kann er natürlich nicht einfach erzählen. Als Musiker durch und durch muss er das vorspielen, was ihm sichtlich Spaß macht. In dem Stück spielt er mit Zitaten, die er teils verfremdet und mit anderen Motiven kontrastiert. So wechselt in „Ingredients“ Bachs „Toccata und Fuge“ unvermittelt zu Hardrock. Solche musikalischen Späße liebt er. Für ungewöhnliche Harmonien ist er bekannt. Auf Youtube hat sein Video „Ingredients“ inzwischen 1,3 Millionen Aufrufe. Und schon fällt ihm ein anderes Stück aus seinem großen Repertoire ein. Dass er sich in der Tradition der klassischen Musik sieht, merkt man seiner Spielweise und seinen eigenen Kompositionen an.

Auch Beethoven ist ihm wichtig und damit ist er bei seiner neuen Platte. Auf dem Album ist „Le grand Louis“ als besondere Referenz an Beethoven enthalten. Dieses Stück wechselt abrupt zwischen dem pathetisch auftrumpfenden Hauptmotiv der fünften Sinfonie und den fast tänzerisch hinfließenden Stellen, in denen Roths virtuoses Spiel sich besonders ausleben kann. Die Unterlegung einer Orchestrierung schafft den besonderen Klang.

Demnächst wird die neue EP und ein Video-Clip unter dem Titel „Maskenball“ veröffentlicht, die im Mastersound Studio von Alexander Krull sowie bei Sono Recording Studios bei Prag entstanden sind. Mit dabei sind unter anderem Zoe Marie Federoff und Donny Burbage von Cradle of Filth und die Sängerin Elina Siirala von Leaves‘ Eyes und Atrocity. Aufgenommen wurde der Videoclip auf dem Areal der Burg Schaubeck. Thomas Roth spielt übrigens immer mal wieder auf den Alben von Leaves‘ Eyes mit.

Zu den Besonderheiten im Tourplan 2024 von Thomas Roth gehört ein Auftritt bei den Zwingenberger Schlossfestspielen am 12. Juli. Dazu hat ihn der Schlossfestspiele-Intendant und Dirigent unter anderem des Backnanger classic-ope(r)n-airs, Rainer Roos, eingeladen. Der Vorverkauf läuft. Die Nyckelharpa-Journey hält immer wieder neue Überraschungen bereit.

Auch heute Abend tritt das Duo auf

Instrument Bei der Nyckelharpa handelt es sich um ein historisches Streichinstrument, das in der schwedischen Volksmusik weit verbreitet ist. Auch die beiden Instrumente, mit denen Thomas Roth spielt, wurden in Schweden hergestellt. Eine Besonderheit der Nyckelharpa sind die Tasten, die kleine Klötzchen an die Saiten pressen, um deren Tonhöhe zu verändern. Es gibt vier Saiten, die bespielt werden, und darunter weitere Resonanzsaiten, die einfach nur mitschwingen und einen besonderen Klang bewirken.

Konzert Mit dem Mix aus Technobeat und historischer Nyckelharpa steht heute Abend der zweite Auftritt an. Von 20 Uhr an treten Thomas Roth und Stephen Elzenbeck in der Reihe „Kultur im Kessel“ in der Diskothek Belinda in Sulzbach an der Murr auf (Einlass: 19.30 Uhr). Mit dabei ist die junge Performerin Leah Wewoda, die an der Schauspielschule Ernst Busch in Berlin studiert.

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Erstellt:
15. Dezember 2023, 06:00 Uhr

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