Aus Schnipseln wird eine Story

Seit Horst Reiner Menzel nicht mehr im aktiven Berufsleben steht, kann er sich seiner großen Leidenschaft widmen – dem „Fabulieren und Schreiben“.

Mit der gereimten Laudatio für einen Freund zu dessen 60. Geburtstag mit Erinnerungen aus der gemeinsamen Kanu- und Segelzeit nahm Reiner Menzels schriftstellerisches Arbeiten Fahrt auf. Die „Paddelei“ betrieb er noch bis vor Kurzem. Hier war er auf der Donau bei Rechtenstein unterwegs. Foto: privat

Mit der gereimten Laudatio für einen Freund zu dessen 60. Geburtstag mit Erinnerungen aus der gemeinsamen Kanu- und Segelzeit nahm Reiner Menzels schriftstellerisches Arbeiten Fahrt auf. Die „Paddelei“ betrieb er noch bis vor Kurzem. Hier war er auf der Donau bei Rechtenstein unterwegs. Foto: privat

Von Simone Schneider-Seebeck

ASPACH. Mit seinen 82 Jahren ist Horst Reiner Menzel ein äußerst umtriebiger Senior. Dabei gehört seine große Leidenschaft dem Schreiben, denn es ist ihm wichtig, der Nachwelt etwas von seinen Lebenserfahrungen zu hinterlassen. Auf eine bestimmte Stilrichtung festgelegt hat er sich nicht – zu seinem Repertoire gehören Aphorismen, Gedichte, Essays, auch Romane und Sachbücher hat er bereits veröffentlicht.

Wie er dazu gekommen ist? Nicht unbedingt geradlinig. Er führt seine Liebe zur Literatur auf sein Elternhaus zurück, die Eltern im heimischen Spremberg (Mark Brandenburg) bezeichnet er als „musisch und schöngeistig veranlagt“: „Mein Vater zitierte Schillers ‚Lied von der Glocke‘ in den Jahren meiner Kindheit, als wir in den Nachkriegsjahren wegen der Stromsperren abends bei Kerzenlicht zusammensaßen, frei aus dem Gedächtnis.“ Irgendetwas musste hängen geblieben sein, denn als der junge Horst Reiner später in Offenburg arbeitete, beteiligte er sich rege am damals noch üblichen Fasnachtsbrauch der Schnitzelbank. Dabei werden Ereignisse aller Art spontan in witzigen Reimen karikiert – man kennt es heutzutage nur noch aus Mainz. „Da merkte ich, dass ich reimen kann“, so der Wahl-Aspacher, dem ein Freund daher auch den Spitznamen „Reimen“ (aus Reiner und Menzel) verpasst hat.

Doch viel Zeit, sein Talent zu entdecken und auszuleben, blieb ihm in seinen jungen Jahren erst einmal nicht. Als Kind bestimmte zunächst der Krieg sein Leben, seine Mutter musste sich allein um ihn kümmern. Erst 1946 kehrte der Vater nach Hause zurück. Für den jungen Horst Reiner und seine Mutter erschien das wie ein Wunder, dass der Vater als einer der wenigen, die die Gefangenschaft auf der Krim überlebt hatten, heimkehren durfte.

Nach seiner Tischlerlehre zog es den Mark-Brandenburger in die BRD.

Nahrungsmittel und Brennmaterial waren knapp, Hunger und Kälte in der Nachkriegszeit immer gegenwärtig. Die Schulkinder mussten selbst Heizmaterial mitbringen, sonst hätten sie im Winter im kalten Klassenzimmer gesessen. Menzels Heimatstadt Spremberg liegt in der damaligen sowjetischen Besatzungszone, die dann zur Deutschen Demokratischen Republik wurde; diese Zeit hat Menzel nicht sehr positiv im Gedächtnis. Die Versuche zur Verbesserung der schlimmen Lage der Bevölkerung seien von den Kommunisten rigoros zunichte gemacht worden; ohne Parteiabzeichen habe es keine Entwicklungsmöglichkeiten gegeben.

Nach Abschluss der Tischlerlehre zog es Horst Reiner Menzel 1959 in die Bundesrepublik Deutschland. Meisterausbildung und das Studium der Holztechnologie waren ihm in der alten Heimat verwehrt worden. Was er darauf zurückführt, dass einige Jahre zuvor sein Onkel als politisch Verfolgter im Zuchthaus Bautzen und Torgau eingesessen hatte. Zudem versuchte man, ihn in die Nationale Volksarmee der DDR zu zwingen und versprach ihm, dass er danach studieren dürfe.

In Offenburg fand er zunächst eine neue Heimat, fing in einem kleinen Handwerksbetrieb an, der immer größer wurde. Er bildete sich kaufmännisch fort, arbeitete sich im Betrieb zum technischen Leiter hoch, bis er zuletzt als Geschäftsführer tätig war.

1980 gründete Menzel in Großaspach seinen eigenen Betrieb, den mittlerweile sein Schwiegersohn leitet. „All das wäre ohne die aktive Mitarbeit meiner Frau Doris nicht möglich gewesen“, so der begeisterte Kanute. Von 1953 bis 1959 hatte er dies in seiner früheren Heimatstadt als Leistungssport betrieben. Schließlich rückte das Schreiben wieder in den Vordergrund. Anlass war der 60. Geburtstag eines Freundes. Eine gereimte Laudatio mit Erinnerungen aus der gemeinsamen Kanu- und Segelzeit. „Aus dem einen Gedicht wurden im Laufe der Jahre 200, hinzu kamen noch etwa 400 Aphorismen“, ist er selbst erstaunt über sein dichterisches Füllhorn. Aus den Kanugeschichten wurde sein erstes Buch „Lebensabschnitte“. Zwanzig sind es im Laufe der Jahre geworden, Romane ebenso wie Sachbücher.

Auf die Frage, woher seine Inspirationen kämen, antwortet Menzel einfach: „Von überall her.“ Es könnte ein Artikel in der Zeitung sein, ein Fernsehbericht, von dem er meint, man könnte etwas daraus machen. „Ich laufe immer mit einem Stück Papier herum und schreibe alles auf, was mir spontan einfällt.“ Wenn man solche „Schnipsel“, wie er sie nennt, auch vielleicht nicht gleich nutzt, „irgendwann erinnert man sich wieder daran“ und findet einen passenden Rahmen für sie. „Ich glaube, zum Schreiben gehört das Mitteilungsbedürfnis und das Vermögen, es auch interessant zu Papier zu bringen“, sinniert er. Man dürfe sich dabei nicht scheuen, das Geschriebene immer wieder zu überarbeiten, bis man wirklich die optimalen Formulierungen gefunden habe, auch die Diskussionen mit Gleichgesinnten seien dabei hilfreich. „Die meisten Gedichte und Aphorismen schreibe ich spontan und aus einem Guss nieder. Danach kommen die unvermeidlichen Verbesserungen und vor allem muss daraus eine Story werden, die anregt. Anfangsidee, Mittelteil und Ende müssen ineinandergreifen.“ Gern darf sich der tiefere Sinn für den Leser auch erst nach mehrmaligem Lesen erschließen, etwas Gedankenarbeit ist durchaus erwünscht und macht für Menzel erst den Reiz aus.

Was er anderen Menschen, die gern schreiben und auch veröffentlichen möchten, raten kann? Es ist nicht einfach, einen Text, sei es Belletristik oder Poesie, an die Öffentlichkeit zu bringen. Von sogenannten Bezahlverlagen warnt er, auch seien nicht alle professionellen Lektoren seriös. Seiner Erfahrung nach sollte man genau darauf achten, wem man seinen Text zur Veröffentlichung anvertraut, damit man nicht über den Tisch gezogen wird und später trotzdem ohne Buch dasteht. Und verbiegen lassen dürfe man seinen Text auf keinen Fall, da sei Vorsicht angeraten. Gute Erfahrungen hat er mit Veröffentlichungen im Selbstverlag gemacht, in seinem Fall mithilfe der Programme Amazon Kindle oder Book on Demand. Menzel hat inzwischen im Verlagswesen viele Erfahrungen gesammelt, die er auch gern an interessierte Neulinge weitergeben oder mit ihnen in einen Erfahrungsaustausch treten würde. Sein Credo und seinen Wahlspruch hat er passenderweise in Verse gefasst, die mit „Leere Blätter“ überschrieben sind: Aller Anfang ist schwer,/zunächst sind die Buchseiten leer./Ist dir dann doch was eingefallen,/behalt die Übersicht vor allem./ Gehe erst mit dem Text in die Welt,/wenn er dir selbst und anderen gefällt./Man sollte versuchen seine Texte zu verbessern,/aber man muss aufpassen, sie nicht zu verwässern. Angefügt ist das Copyright Rei©Men.

Weitere Texte von Horst Reiner Menzel gibt es auf seiner Homepage horst-reiner-menzel.jimdofree.com.

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Erstellt:
12. Februar 2021, 06:00 Uhr

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