Backnang: Cool Chickpeas bringen Mauern zum Beben
In ihrem Konzert „Rock meets Classic“ steht die inklusive Band erstmals mit Profis der klassischen Musik gemeinsam auf der Bühne und begeistert das Publikum. Im Backnanger Bürgerhaus ertönen Jubelchöre von den Zuschauerplätzen und es gibt stehende Ovationen.
Von Christoph Zender
Backnang. Mitternachtsblaues Licht hüllt die Bühne im Backnanger Bürgerhaus festlich ein. Passend dazu thront in der Mitte ein mächtiger, schwarz glänzender Konzertflügel. Schemenhaft zeichnen sich im Dunkel des Hintergrunds ein Schlagzeug und noch auf ihren Ständern ruhende E-Gitarren ab. Eine perfekt gelungene Illustration dessen, was die 500 Gäste am Freitagabend im „Rock meets Classic“-Konzert von The Cool Chickpeas erwarten sollte.
„Nein, ich verrate Ihnen nicht, was sie heute hören und sehen werden. Nur so viel: Sie werden jede Menge Überraschungen erleben.“ Mit diesen Worten begrüßt Birgit Kneiser, Managerin der Band, die vor Erwartung angespannten Zuschauer. Bekanntlich soll Klaviermusik beruhigend wirken. Mit gleichermaßen einfühlsam und ausdrucksstark vorgetragenen Stücken von Johann Sebastian Bach und Frédéric Chopin gelingt dies dem aus Backnang stammenden Pianisten, Viktor Soos, bravourös.
Derart in die Sphären der klassischen Klaviermusik geleitet, überrascht die Zuhörer eine aus dem Hintergrund ertönende Sopranstimme, die „Quando m’en vo“ von Puccini vorträgt. Die Verwunderung im Publikum hält aber nicht lange an. Durch den Mittelgang schreitet Elisa Wehrle, eine international gefragte Opernsängerin aus Saarbrücken, singend zur Bühne. Hier begleitet sie Viktor Soos am Klavier. Beiden war es eine Herzensangelegenheit, das musikalische Projekt der Chickpeas zu unterstützen (wir berichteten).
Dramaturgisch überraschend: Übergang vom klassischen zum zeitgenössischen Teil
Der Erfolg der gemeinsamen Probenwochenenden, die sie in ihre mit Engagements voll gespickten Terminkalender unterbringen mussten, zeigt sich im virtuos präzisen Zusammenspiel bei Liedern von Schumann, Lehár und Schubert.
Ein dramaturgisch überraschendes Element bildet der gekonnt inszenierte Übergang vom klassischen zum zeitgenössischen Teil. In einer fließenden musikalischen Bewegung setzen mit den letzten Tönen des von Elisa Wehrle anmutig vorgetragenen „Ave Maria“ Schuberts die Gitarristen und Schlagzeuger der Chickpeas ein. Sie begleiten nun die Opernsängerin unter anderem bei dem von ihr selbst komponierten Lied „Hinter den Wolken“.
Mit dem Wechsel zum rockigeren Teil des Konzerts treten nun auch alle anderen Musikerinnen und Musiker der Chickpeas ins Rahmenlicht der Bühne. Sie widmen ihren Auftritt den Hits der Toten Hosen. Mal nur in kleiner Besetzung mit Leadsänger Sascha Wasiliew und Uli Riedinger an der Akustikgitarre, dann mit der geballten musikalischen Kraft aller 14 Bandmitglieder bringen sie die Mauern des ehrwürdigen Backnanger Bürgerhauses zum Beben. Mit von der Partie sind natürlich auch die Hauptprotagonisten des „ernsten Teils“, Elisa Wehrle und Victor Soos. Wie selbstverständlich mischen sich die Musikprofis unter die übrigen Bandmitglieder und reißen das Publikum mit den gemeinsam einstudierten Rockhymnen wie „Altes Fieber“, „Wannsee“ und „Hier kommt Alex“ zu Begeisterungsstürmen hin.
Gernot Gruber zeigt sich begeistert
„Ich bin schon sehr lange ein Fan der Chickpeas. Aber der heutige Abend hat mich einfach umgehauen“, gibt der Landtagsabgeordnete Gernot Gruber spontan seine Eindrücke wieder. Gaby und Joachim Lanz, Gewinner des Preisausschreibens unserer Zeitung, schwärmen ebenso in den höchsten Tönen. „Ein super Abend! Das hätten wir nie und nimmer erwartet.“ Jubelchöre von den Zuschauerplätzen und stehende Ovationen sind der Lohn für die Anstrengungen der Beteiligten.
„Monatelange harte Bandarbeit hat die Gruppe auf ein ganz neues musikalisches Level gebracht. Vor und hinter der Bühne waren mehr als 25 ehrenamtliche Helfer im Einsatz. Wahrlich eine Mammutaufgabe, die sich aber zu 100 Prozent gelohnt hat. Insbesondere für unsere Musizierenden mit Beeinträchtigungen“, zieht die Managerin der Cool Chickpeas, Birgit Kneiser, ein erstes Resümee des Abends. „Das gemeinsame Musizieren und die Auftritte vor Publikum geben meiner Tochter ein Gefühl von Sicherheit und Bestätigung. Das hilft ihr ungemein dabei, ihren Alltag zu meistern“, unterstreicht Barbara Bauer, Mutter der Keyboarderin Sophia, die Bedeutung des inklusiven Musikmachens.
Welche Zugabe könnte besser zu einem solchermaßen gelungenen Konzert passen als der Nummer-eins-Hit der Toten Hosen „An Tagen wie diesen“? Alle Anspannung ist von den Beteiligten abgefallen, die Bürgerhausbühne hat sich in ein Blumenmeer verwandelt und man denkt sich: Düsseldorf hat die Toten Hosen und Backnang hat The Cool Chickpeas. Schön, dass es so ist.