Ausstellung: Backnang in den frühen 1940er-Jahren
Die neue, von Peter Wolf zusammengestellte Ausstellung im Kabinett des Heimat- und Kunstvereins im Backnanger Helferhaus zeigt Fotografien des einstigen Realschullehrers und Amateurfotografen Erwin Heugle.
Von Ingrid Knack
Backnang. Mit Fotografien von Erwin Heugle (1903 bis 1969) hat Ausstellungsmacher Peter Wolf wieder eine neue Präsentation im Kabinett des Backnanger Helferhauses zusammengestellt. Stadtarchivar Bernhard Trefz hatte ihm die Aufnahmen des ehemaligen, aus Ludwigsburg stammenden Realschullehrers und Amateurfotografen gezeigt, der im April 1937 nach Backnang gekommen war und dort auch gestorben ist. Schnell war die Idee geboren, daraus eine Kabinettausstellung zu konzipieren. Wolf ließ die originalen Diapositive einscannen. Nicht die Projektion der Originale als Bildpräsentation, sondern die Scans sollten für die Ausstellung hergenommen werden.
„Was mich fasziniert, ist hier eine ganz andere Farbverschiebung als bei Farbbildern in den 1970er-Jahren“, sagt Peter Wolf. Über Letztere hat sich in der Regel mittlerweile ein bräunlicher Schleier gelegt – viele haben sich schon beim Blättern in ihren alten Fotoalben über dieses Phänomen geärgert. Heugles Farbdias sind vor dieser Art der Verfremdung verschont geblieben. Sie haben aber ihrerseits einen ganz eigenen Charakter, der sogar bei einigen Exponaten zum Malerischen hin tendiert. „Warum hat Heugle Farbdias verwendet?“, fragt sich Diplomfotodesigner Wolf.
Peter Wolf: „Ich bin bei einigen Bildern schwer ins Rätseln gekommen und fragte mich: Wo in aller Welt ist das?“
Die Technik war damals noch sehr jung. „1935/1936 sind die ersten Farbdiafilme auf den Markt gekommen. In dieser Zeit war alles ein bisschen kompliziert mit der Farbfotografie“, weiß er. Erst später erlebten die an die Wand projizierten Bilder einen Hype. „Projizierte Fotografie war lange Zeit dem Einflussbereich der Lehre, dem öffentlichen Vortrag und der Unterhaltung des breiten Publikums vorbehalten, entwickelte sich dann allerdings auch im Gebrauch der Amateurfotografen rasch weiter. Zwar verwendeten einige renommierte Fotografen das Diapositiv bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, doch ihren eigentlichen Durchbruch im künstlerischen Bereich erlebte diese Präsentationsform erst in den 60er- und 70er-Jahren, als die Konzeptkünstler sie als alternatives Bildmedium für sich entdeckten“, ist einem Beitrag von Urs Tillmanns im Schweizer Online-Magazin „fotointern“ über „Dias. Zur Geschichte der projizierten Fotografie“ zu entnehmen.
Heugle interessierte sich also für diese noch junge Möglichkeit der Fotografie schon sehr früh, ein Meister seines Fachs war er aber nicht. Einige Aufnahmen sind verwackelt und es gibt auch Unschärfen in den Bildern, historisch interessant sind diese jedoch allemal. Wie Heugle seine ungewöhnlichen Standpunkte für seine Stadtblicke ausgesucht hat, bleibt wohl Spekulation. „Ich bin bei einigen Bildern schwer ins Rätseln gekommen und fragte mich: Wo in aller Welt ist das?“, verrät Wolf.
Drei eindrucksvolle Aufnahmen zeigen den Großbrand der Ziegelei Wieland im Jahr 1940. „Das war der zweite Großbrand, schon 1935 hat dort ein Feuer vieles zerstört“, so Wolf. Durch das zweite große Feuer wurden die Firmeninhaber ihrer Geschäftsgrundlage beraubt, der Betrieb wurde schließlich aufgegeben. „Das sind die einzigen Bilder, die man anhand des Motivs genau datieren kann“, erklärt Peter Wolf.
Vieles ist auf den Exponaten zu entdecken, was es heute nicht mehr gibt. Da ist die Tankstelle in der Marktstraße. Oder der Gaskessel, wo heute die Stadtwerke zu finden sind. Auf einem der vielen Schneebilder ist ein großer Garten vor dem evangelischen Dekanat abgebildet. Eine andere Fotografie zeigt den Brunnen vor dem Gebäude am Koppenberg 1, der vermutlich bis Ende der 1950er- oder bis Anfang der 1960er-Jahre dort stand. Und da ist auf einem anderen Bild das Geburtshaus des Kaufhausgründers Eduard Breuninger, Am Kalten Wasser, zu entdecken. Beim Rundgang kommt Peter Wolf ins Erzählen, Geschichten über Geschichten hat er parat.
Erste Präsentation 2023 Peter Wolf kündigt vier Präsentationen in seiner Reihe „Backnang im Zeitspiegel 2023“ im Kabinett des Backnanger Helferhauses an. Bis 25. März ist die Ausstellung „Backnang um 1940“ mit raren Farbfotografien von Erwin Heugle zu sehen.
Weitere Ausstellungen Vom 1. April bis zum 25. Juni werden Bilder zum Thema „Die Untere Marktstraße“ gezeigt. Weiter geht es am 1. Juli bis zum 24. September mit der Ausstellung „Von der Talstraße zum Wasserturm“. Vom 30. September bis 30. Dezember geht es um die Backnanger und ihre Autos.
Öffnungszeiten: Die Ausstellung ist dienstags bis freitags von 16 bis 19 Uhr, samstags von 11 bis 18 Uhr und sonntags von 14 bis 18 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei.
Gespräche Peter Wolf steht gewöhnlich am Wochenende in der Ausstellung für Fragen und Gespräche über Backnangs Historie zur Verfügung. Wer Fotos zu den Präsentationen beisteuern will, kann sich ebenfalls auf diesem Weg mit dem Ausstellungsmacher in Verbindung setzen.