Backnanger Poetry-Slam zum Abschluss der Literatour
Backnanger Literatour Mit dem Poetry-Slam ist die Literatour 2022 am Freitag beendet worden. Elf Schülerinnen und Schüler verschiedener Backnanger Schulen haben selbst verfasste Texte vorgetragen und sind in einem Wettbewerb der Poesie gegeneinander angetreten.
Von Kristin Doberer
Backnang. Ein voll gepackter Raum, eine stimmungsvoll beleuchtete kleine Bühne und elf mehr oder weniger nervöse Schülerinnen und Schüler, die gespannt auf ihren Auftritt warten – das gab es am Freitagabend beim 4. Backnanger Poetry-Slam im Treffpunkt 44. Im Zuge der Backnanger Literatour haben in den vergangenen Wochen zehn Poetry-Slam-Workshops an verschiedenen Backnanger Schulen stattgefunden, in denen sich auch die Slammer des Abends auf ihren Auftritt vorbereitet haben. „Das selbst verfasste Wort steht heute im Mittelpunkt“, erklärt Heinz Harter, ehemaliger Schulleiter des Max-Eyth-Realschule, zu Beginn der Veranstaltung. Denn alle Texte, die die Teilnehmer des Poetry-Slams vortragen werden, haben sie selbst erarbeitet – viele von ihnen in den jeweiligen Workshops. Herausgekommen sind ganz unterschiedliche und teils auch sehr persönliche Texte. Von lustigen Texten bis zu Gesellschaftskritik, persönlichen Erfahrungen und Mahnungen war alles dabei.
Bevor die Schülerinnen und Schüler aber die kleine Bühne erobern konnten, mussten zunächst die Spielregeln erklärt werden. Das übernahm ein in der Slammer-Szene und in Backnang schon bekanntes Gesicht, Nikita Gorbunov. Er selbst ist zum einen erfolgreicher Poetry-Slammer, zum anderen gibt er seit Jahren Workshops zu dem Thema und hat so geholfen, die Nachwuchs-Slammer-Szene aufzubauen. Er führte durch den Abend, war dabei aber nicht nur Moderator, sondern vielmehr Motivator.
Selbst verfasste Texte befassen sichmit ganz unterschiedlichen Themen
Zunächst wurden fünf Personen aus den Zuschauern ausgewählt, die als Jury fungierten und nach jedem Beitrag eine Zahl zwischen eins und zehn aufschreiben sollten. Die höchste und niedrigste Zahl wurde dann gestrichen, die mittleren drei Bewertungen machen das Gesamtergebnis aus. Dabei gehe es an dem Abend gar nicht um die Bewertung, meint Nikita Gorbunov. „Es ist doch eigentlich anmaßend, Kunstwerke abstufend zu bewerten. Jeder Beitrag heute wird wertvoll sein.“ Aber da der Wettbewerb – also Slam – quasi im Namen der Veranstaltung steht, werde man zuletzt eben doch einen Sieger küren.
Nach dem Losentscheid ging es für die Teilnehmer des literarischen Wettkampfs dann los, den Anfang machte Leander. Sein Text drehte sich um ein ganz aktuelles Thema, die anstehende Weltmeisterschaft in Katar und die schlimmen Bedingungen für die Gastarbeiter, die dort gearbeitet haben. Weiter ging es etwas abstrakter bei Naemi, die einen Text über ihre Jacke verfasst hat. Auch Sina Grünenwald bleibt etwas abstrakter mit ihrem Text „Meine Rose“. Geschrieben habe sie den Text in etwa zwei Stunden, danach habe sie ihn aber immer wieder überarbeitet, berichtet die Schülerin. Für sie war es ihr erster Poetry-Slam. „Ich war voll aufgeregt“, sagt sie nach ihrem Auftritt. „Aber ich spreche gerne vor Menschen.“ Auch viele der anderen Teilnehmer haben noch nie bei einem Poetry-Slam mitgemacht, einige könnten sich einen erneuten Auftritt aber sehr gut vorstellen. So zum Beispiel Justus, der die Zuschauerinnen und Zuschauer mit Fragen sogar in seinen Auftritt eingebunden und auch etwas Nostalgie geweckt hat, mit seinem Text über Technik, die sich immer schneller entwickelt.
Slammer Kai Bosch war als Stargast dabei
Sieben Minuten Zeit haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für ihren Beitrag. Diese Zeit hat beim Backnanger Poetry-Slam kaum einer mit einem Beitrag gefüllt, dafür haben manche aber gleich zwei Texte präsentiert, „wie das bei vielen Poetry-Slams auch üblich ist“, erklärt Nikita Gorbunov. So hat zum Beispiel Charlotte einen Text an ihre Puppe verfasst und einen weiteren über das Thema „Für immer im Dunkeln“. Auch Ela Deniz Demir trug zwei Texte vor. Im Text „Aus dem Sinn“ befasste sie sich mit dem Thema Einsamkeit im Alter, ihr zweiter Text war ein von ihr verfasstes Gedicht. „Ich mag Gedichte lieber als so typische Poetry-Slam-Texte“, begründet sie ihre Wahl. Die seien ihr oft zu kitschig, erzählt die Schülerin. Auf der Bühne fühlte sie sich auf jeden Fall wohl, auch weil sie in ihrer Freizeit gerne singt.
Auch ein Rahmenprogramm darf bei einem Poetry-Slam nicht fehlen, das lieferte unter anderem die Dance Intense Factory mit einer Streetdance-Einlage. Außerdem war als Stargast auch Kai Bosch dabei. Er war nicht nur Gewinner des 2. Backnanger Poetry-Slams, sondern ist mittlerweile ein erfolgreicher Slammer und amtierender baden-württembergischer Meister (wir berichteten). Gleich zu Beginn der Veranstaltung zeigte er den Zuschauern, wie so ein Poetry-Slam aussehen kann. Pointiert und etwas selbstironisch brachte der 25-Jährige die Zuschauer mit seinem Text über seine persönliche Entwicklung und über die Realität seines Künstlerlebens zum Lachen.
Kritische und persönliche Texte
Viele Texte der Teilnehmer waren auch sehr persönlich, so zum Beispiel der von Lisa, der sich um ihren Glauben drehte, oder der von Elena, der das Thema Mobbing behandelte. Oder der von Jana, der sich um all die Dinge drehte, die sie in der Welt hasst, aber auch um all die Dinge, die sie doch etwas hoffen lassen. Ganz konkrete Kritik äußerte Björn Albrecht in seinem Text. Obwohl auch der ein oder andere Lehrer seiner Schule anwesend war, kritisierte er die Waldorfschule. „Die Lehrer müssen das schon aushalten“, meint er im Anschluss an seinen Auftritt. Er hinterfrage Dinge gerne und habe das mit seinem Text auch öffentlich tun wollen. Und obwohl auch er eigentlich eher aus der Musikszene kommt, habe ihm der Poetry-Slam sehr viel Spaß gemacht. „Ich will das auf jeden Fall wieder machen“, sagt er.
Am meisten Punkte konnte Lilia Balsacq am Ende des Abends vorweisen. Ihr persönlicher Text rund um die Frage, was für sie Zuhause ausmacht, hat die Jury überzeugt. Dabei war das auch für die Schülerin der erste Poetry-Slam. „Ich bin erst durch die Workshops zum Poetry-Slam gekommen“, erzählt sie. Auf der Bühne stand sie dagegen schon öfter, allerdings im Theater. Und auch das Verfassen von eigenen Texten ist für sie nicht ganz neu. „Eigentlich schreibe ich Songtexte auf Englisch.“ Nach ihrem ersten Poetry-Slam kann sie sich eine Wiederholung aber gut vorstellen. „Es hat Spaß gemacht“, sagt die Gewinnerin.
Damit endet nicht nur ein erfolgreicher Abend ganz im Sinne des selbst verfassten Wortes, sondern auch die Backnanger Literatour nach einer Woche voller Lesungen, Musik, Theater, Tanz und bildender Kunst.