München-„Tatort: Charlie“
Civilians on the Battlefield gibt es wirklich – was man darüber wissen muss
Der München-„Tatort“ vom Sonntag hat Civilians on the Battlefield, also Zivilisten auf Truppenübungsplätzen simuliert. Die gibt es wirklich. Doch in welchem Umfang? Was muss man dafür mitbringen und lässt sich damit Geld verdienen?
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© Bayerischer Rundfunk/„Tatort: Charlie“
Filmszene vom Truppenübungsplatz – Franz Leitmayr (Mitte), gespielt von Udo Wachtveitl, bei fiktiven Ermittlungen in einem Szenario, das es so wirklich gibt.
Von Sascha Maier
Der „Tatort: Charlie“ aus München hat am Sonntag im Ersten ein sehr spezielles Milieu beleucht, bei dem sich viele Zuschauer gefragt haben dürften: Gibt es das denn so wirklich? Die Ermittlungen führten das Duo Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) auf einen NATO-Truppenübungsplatz ins Betätigungsfeld der sogenannten Civilians on the Battlefield (COB), als Zivilisten, die sich verdingt hatten, Übungen, in diesem Fall für US-Soldaten, realistischer zu gestalten.
Auch die Kunstfiguren Leitmayr und Batic waren im Film offenbar erstmals mit der Tätigkeit konfrontiert, was ihnen und Zuschauern netterweise in einer Expositionsszene erklärt wurde. Doch gibt es diese Civilians on the Battlefield wirklich – und wie funktioniert das überhaupt?
Die kurze Antwort: Ja, COB gibt es zumindest im Bereich der NATO- und US-Streitkräfte, ihre Darstellung im Film scheint gemessen an Berichten über die ungewöhnliche Tätigkeit auch nicht völlig aus der Luft gegriffen. So finden sich im Netz einige Schilderungen von COB in Foren wie reddit, die nach eigenen Angaben ähnliche Abläufe erlebt haben wollen, wie sie auch im aktuellen München-„Tatort“ dargestellt werden.
Ganz normale Stellenausschreibungen
Stellen als COBs werden von Agenturen ausgeschrieben, ganz ähnlich, wie das beispielsweise bei Statistenrollen im Film der Fall ist. „Teilzeitrollenspieler / Statisten (m/w/d)“ für den Truppenübungsplatz Hohenfels in der Oberpfalz gesucht, heißt es dann etwa, erforderliche Sprachkenntnisse in Deutsch und Englisch, Anforderungen körperliche Fitness – wie bei dieser Art von Stellenangeboten üblich.
Die Vergütung der Valbin Corporation, die die Teilzeitrollenspieler auch aktuell über das Jobportal der Bundesagentur für Arbeit sucht: Stundenlohn 12,82 Euro. Es würden jährlich fünf bis acht solche Übungen stattfinden, die jeweilige Dauer betrage 12 bis 18 Tage.
Der München-„Tatort“ ist nicht der erste Fall, in dem der Alltag von COBs in Bewegtbild festgehalten wurde. So existiert seit 2006 die Doku „C.O.B. – Civilians on the Battlefield“, die die Geschichte von vier Deutschen erzählt, die für die US-Army im bayerischen Wald als Kriegsstatisten arbeiten. Vor knapp zehn Jahren sendete auch Wissensmagazin „Galileo“ einen dokumentarischen Beitrag zum Thema.
Drehbuchautorin war selbst COB
Die Drehbuchautorin des aktuellen „Tatort“-Streifens hat eigene Erfahrung als COB gemacht. Demnach sei sie 2016 selbst in die Zivilistenrolle im Kriegsgebiet geschlüpft. „Ich hatte aus Neugier und Abenteuerlust ‚beim Manöver angeheuert’“, wird sie im Promomaterial zum „Tatort:Charlie“ zitiert.
Nicht nur die USA, sondern auch die Bundeswehr sucht immer wieder Zivilistendarsteller für militärische Übungen. Das bestätigten unserer Zeitung nicht nur gut unterrichtete Quellen aus dem Vereinte Nationen Ausbildungszentrum der Bundeswehr (VNAusbZBw), sondern auch Stellenanzeigen. Auf dem Portal Stagepool wird derzeit die Teilnahme an Sanitätsübungen in Feldkirchen mit einer Aufwandsentschädigung von 120 Euro pro Tag ausgeschrieben. Eine Anfrage an das Verteidigungsministerium, in welchem Umfang die deutschen Streitkräfte Zivilisten für Militärübungen engagieren, konnte am Montag nicht beantwortet werden.