Das Gismo-Graf-Trio ist zu Besuch im Kabirinett in Spiegelberg

Am vergangenen Sonntag versetzt das Gismo-Graf-Trio das Publikum auf der Lümmelwiese im Kabirinett in Spiegelberg-Großhöchberg in beste Stimmung. Die drei Stuttgarter Sinti erzählen mit ihren Instrumenten vom Leben zwischen den Kulturen.

Seit zwölf Jahren stehen die drei Musiker als Gismo-Graf-Trio zusammen auf der Bühne. Foto: Dietmar van der Linden

© Dietmar van der Linden

Seit zwölf Jahren stehen die drei Musiker als Gismo-Graf-Trio zusammen auf der Bühne. Foto: Dietmar van der Linden

Von Carmen Warstat

Spiegelberg. Im Kabirinett in Großhöchberg durfte am vergangenen Sonntag ein letztes Mal in diesem Jahr gelümmelt und gepicknickt werden. Das Gismo-Graf-Trio sorgte dabei mit zwei Gitarren und Kontrabass für beste Stimmung und präsentierte unzählige Köstlichkeiten für die Ohren.

Die drei sind Stuttgarter Sinti, tief verwurzelt in ihrer Kultur und verstehen sich zugleich als Schwaben, die nicht viel am Hut haben mit politischen Debatten um „kulturelle Aneignung“ oder Sprachregelungen, die etwa den Begriff Zigeuner verbieten möchten, weil er diskriminierend sei. Das käme immer auf den Ton an, der bekanntlich die Musik mache.

Klare Absage an Klischees

„Blödsinn“ nennt es Gismo Graf im Vorabgespräch, solche Verbote zu ersinnen, zumal der Ausdruck Gipsy Jazz in der internationalen Musikszene ganz selbstverständlich und unbefangen verwendet werde und das englische Wort Gipsy übersetzt ja nichts anderes heiße als Zigeuner. „Wir selbst werden schief angeschaut, wenn wir ‚Zigeuner‘ sagen – das war früher ein ganz normales Wort“, sagt Gismo Graf und ergänzt, dass es natürlich auch unter den Sinti unterschiedliche Ansichten zu dieser Thematik gebe. Klischees wie der Wohnwagenromantik früherer Epochen erteilt der Gitarrist jedoch eine klare Absage. „Wir sind ganz normale Schwaben“, bekräftigt er noch einmal.

Die Musik wirkt federleicht und lässig,ist hochanspruchsvoll und vergnügt

Zusammen mit dem liebevoll als Freund und Vater vorgestellten Joschi Graf (Rhythmusgitarre) und dem Kontrabassisten Joel Locher steht der Gitarrist Gismo Graf seit zwölf Jahren als Gismo-Graf-Trio auf der Bühne, verstärkt manchmal durch Schwester Cheyenne als Sängerin, die aber dieses Mal aus gesundheitlichen Gründen absagen musste. „Gute Besserung“, ruft jemand aus dem Publikum, das der exzellenten Musik von der ersten Minute an hellwach folgt und ihr tief beeindruckt seine Tribute zollt.

Gismo und Joschi Graf erzählen auf ihren Gitarren vom Leben zwischen den Kulturen, von ihren Wurzeln ebenso wie von der Begeisterung für Walt Disney, dem zu Ehren sie gemeinsam mit Freunden die CD „Moments with the Mouse“ eingespielt haben. Und von ihrer Verehrung für Django Reinhardt, dessen Name an einem solchen Abend nicht nur einmal fällt und dessen Musik sie zusammen mit dem Virtuosbassisten Joel Locher mit unbändiger Spielfreude und höchster Präzision bei zugleich genretypischer Gelassenheit interpretieren. Das wirkt so federleicht und lässig, ist hochanspruchsvoll und doch auch vergnügt, gewitzt, von trockenem Humor und rasendem Tempo.

Das Publikum, immer wieder hingerissen, ist zum Teil weit gereist, um das Trio zu erleben. Manche haben das Lümmelpicknick zum Geburtstag geschenkt bekommen, viele sind zum wiederholten Mal da und alle lieben die Atmosphäre, das Ambiente und die Musik. Andreas Scharf, in Bayern aufgewachsen, freut sich, dass es auch in Großhöchberg einen richtigen Biergarten gibt. Zusammen mit seiner Frau bewirtet er an diesem Tag „einen Freund, der Jazz liebt“.

Das Trio wurde bereits nebenHans Zimmer für einen Preis nominiert

Ein Weinsberger Ehepaar mit Besuch aus Ingolstadt kommt seit Jahren ins Kabirinett und beobachtet die allmähliche Perfektionierung der Events mit Freude. Werner Fries findet es „immer zauberhaft, denn die Atmosphäre riecht noch nach heiler Welt“. Eine junge Syrerin wurde von Murrhardter Freunden eingeladen, um in Großhöchberg ihre bestandene Prüfung zur medizinischen Fachangestellten zu feiern.

Sie alle genießen bei idealem Spätsommerwetter die traumhafte Musik. Von Klassik (Edvard Grieg) über Gipsy Swing (Django Reinhardt) reicht das Repertoire bis hin zu Filmmusiken (Walt Disney). Für Letztere wurde das Trio für den Preis der Schallplattenkritik nominiert, und zwar neben keinem Geringeren als dem Filmkomponisten Hans Zimmer. Ein Preis wurde im Genre Filmmusik nicht vergeben, weil die Jury sich nicht habe entscheiden können. Gismo Graf: „Aber wir sind vielleicht die Gewinner der Herzen!“ Er erntet ein mitfühlendes „Oooohhh“ aus dem Publikum, bevor er das faszinierende Stück „China Boy“ anspielt.

Ihre wunderschönen Gitarren ließen Gismo und Joschi Graf sich in Mudershausen/ Taunus von Stefan Hahl bauen. Zu ihren Ehren und in Anspielung auf den Familiennamen Graf nannte der sie Comtesse eins und Comtesse zwei, Gräfinnen eben. Was Vater und Sohn ihnen aber entlocken, darf königlich genannt werden, ebenso das unglaubliche Bassspiel von Joel Locher.

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Erstellt:
30. August 2022, 11:30 Uhr

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