Lesung der Patenautorin der Literatour
Backnanger Literatour Antonia Michaelis stellt im Bürgerhaus ihren Gesellschaftsroman „Die Wiederentdeckung des Glücks“ vor.
Von Ingrid Knack
Backnang. Buchtitel, in denen das Wort Glück vorkommt, gibt es viele. Glück ist ein Wort, das uns anzieht. Philosophen, Psychologen, Ratgeberautoren und viele andere haben den Begriff schon nach ihrem Gusto auseinandergenommen. Was aber erwartet die Leser des Romans „Die Wiederentdeckung des Glücks“ von Antonia Michaelis, der Patenautorin der Backnanger Literatour 2022? Bei ihrer öffentlichen Lesung für junge Menschen und Erwachsene im Fritz-Schweizer-Saal des Bürgerhauses stellt die vielfach preisgekrönte Schriftstellerin einen Gesellschaftsroman vor, der die Leser nach Madagaskar entführt. Glücksritter und selbstbezogene Glückssucher kommen hier nicht auf ihre Kosten.
Madagaskar ist aus dem Paradies verstoßen worden
Wenn Michaelis über die Insel vor der Küste Afrikas schreibt, hat das nichts mit Touristenträumen zu tun. Madagaskar ist sozusagen aus dem Paradies verstoßen worden. Antonia Michaelis, die selbst einige Zeit auf der Insel gelebt hat und immer wieder dorthin reist, zeigt zu Beginn der Lesung Bilder von Land und Leuten, die völlig ungeschönt sind. Da ist das kleine Mädchen, das Michaelis als madagassisches Straßenkind kennengelernt hat und das wie andere Kinder auf eine Schule für mittellose Kinder geht, die die Autorin mit aufgebaut hat. Auf einem Bild mit Kindern aus einem Dorf ist ein Junge zu sehen, der ein Tutu trägt. „Die Kinder ziehen einfach an, was es gibt. Er hat einfach nur so ein Tutu und er findet es toll“, sagt Michaelis. Und da sind die Kinder, die auf der städtischen Müllhalde nach Kohle suchen, um diese zu verkaufen. Von Idylle keine Spur. „Obwohl Madagaskar ein nahezu perfektes Klima und durchaus Bodenschätze besitzt, gehört es zu den ärmsten Ländern der Welt, Korruption, Armut und Hunger regieren“, schreibt Antonia Michaelis in einem Blog, zu dem man über ihre Homepage kommt. Recyceln, das ist so ein Wort, das immer wieder auftaucht. Auf der heute fast komplett abgeholzten Insel leben bettelarme Menschen vom Recycling. Michaelis spinnt den Gedanken weiter. „Können wir Glück recyceln? (...) Kleider, Flaschen, Schuhe – alles kann man recyceln. Warum nicht auch das Glück?“, heißt es in der Buchbeschreibung. Und weiter: „Vielleicht webt das Schicksal deshalb genau hier vier Lebenswege ineinander, um am Ende ihre Ketten zu sprengen? Da ist der Straßenjunge Biscuit, der sich einfach weigert, seine Träume aufzugeben. Da ist die junge Maribelle, die nie gelernt hat, Träume zu haben – bis sie die Kraft ihres Willens entdeckt. Und da sind Terje und seine Tochter Nora aus Deutschland...“. Empowerment ist ein großes Thema in dem Roman, der auf verschiedenen Zeitebenen spielt.
Erzählt wird von Freundschaft, Mut und der Lust am Leben
Dass Michaelis auch als Theaterpädagogin arbeitet, das wird bei ihrer Lesung deutlich, die fast wie ein „Ein-Frau-Stück“ daherkommt. Erzählt wird von Freundschaft, Mut, der Lust am Leben und Schlüsselmomenten, die Leben verändern. Dass der Straßenjunge Biscuit auf den Weltenbummler Terje trifft und von diesem wahrgenommen und mit dem Rad eine kurze Strecke mitgenommen wird, gibt ihm Kraft, seine Träume zu verwirklichen. Terje zieht es immer wieder nach Madagaskar, später kommt er als Arzt zurück, und ein drittes Mal bringt er seine Tochter Nora mit, die auf der Insel für ihre Parfumfirma einen neuen Duft entdecken will. Statt inspirierender Düfte trifft sie aber auf Staub und Müll. Und Biscuit? Der hat es zum Sportler und Radrikschafahrer geschafft. Wie es mit dem Mädchen ausgegangen ist, das er jahrelang in der Holzrikscha zur Schule zog, das wird freilich nicht verraten. Schade nur, dass es am Ende der Lesung keinen Buchverkauf und keine Signierstunde gab.
Ihre Taten – neben der Schule spricht sie auch vom Aufbau eines Kinderhauses – und ihre Worte sprechen eine Sprache: Antonia Michaelis möchte, dass die madagassischen Kinder Bildung bekommen, dass sie sich für die Rettung ihrer Insel einsetzen und nicht anderswo ihr Glück suchen, wie sie in ihrem Blog schreibt.