Von unserer Redaktion
Mit Thomas Mann macht man wohl nichts falsch. Nächstes Jahr steht der 150. Geburtstag des Großschriftstellers ins Haus. „Der ganze Saal, erfüllt von dem Dufte angesengter Tannenzweige, leuchtete und glitzerte von unzähligen kleinen Flammen, und das Himmelblau der Tapete mit ihren weiten Götterstatuen ließ den großen Raum noch heller erscheinen“ – so sieht es bei den Buddenbrooks an Weihnachten aus. Aber was legt man sonst noch unter den Baum, auch wenn man keinen oder zumindest keinen so gewaltigen hat wie die Lübecker Kaufmannsfamilie? Wir hätten da ein paar Ideen.
Nicole Golombek (golo), Ulla Hanselmann (uh), Lukas Jenkner (loj), Stefan Kister (kir), Eva-Maria Manz (ema), Markus Reiter (msr), Tim Schleider (schl) und Rolf Spinnler (spi) haben den literarischen Kosmos für Sie durchforstet. In unserer Bildergalerie können Sie sich durch ihre Empfehlungen schmökern: neue spannende Bücher für alle Sinne, fürs Auge, fürs Ohr, für Fortgeschrittene, Geheimtipps und solche, die man unbedingt einmal wieder in die Hand nehmen sollte.
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<b>Eric H. Cline: Nach 1177. Herder, 32 Euro.</b> Selbst einen Zusammenbruch der Zivilisation vermag die Welt zu überleben, zeigt Cline am Kollaps bronzezeitlicher Reiche – und vergibt Tipps für Zivilisationsresilienz. msr
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<b>Thomas Mann: Doktor Faustus. Der Audio Verlag, 29 Euro.</b> Kaum ein eindrücklicheres Buch zum Faschismus. Gert Westphal trifft Thomas Manns Ton perfekt. Der Hörbuchklassiker ist zurück - zu Manns bald anstehendem 150. Geburtstag. golo
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<b>Barbara Kingsolver: Demon Copperhead. dtv, 26 Euro.</b> Wie das arme Amerika in die Opioid-Drogenkrise getrieben wurde, erzählt dieser Roman als moderne Version von Dickens’ „David Copperfield“. Wohl keine Donald-Lektüre. schl
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<b>Dürer e gli altri. Katalog der Ausstellung 2024 im Castello von Trient. 45 Euro. </b>Norden trifft Süden: Im Trentino der Renaissance begegnen sich Maler aus Deutschland und Italien und lernen voneinander. spi
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<b>Ernst Paul Dörfler: Das Liebesleben der Vögel. Hanser, 22 Euro. </b>„Nur wer als kräftiger Sänger auffällt, hat die Chance, von Weibchen wahrgenommen zu werden“, heißt es über Vögel, doch das gilt ja allgemein. ema
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<b>Uwe Johnson: Jahrestage. Der Audio Verlag, 60 Euro.</b> Für den Schauspieler Charly Hübner ist Uwe Johnson „eh der größte Schriftsteller des 20. Jahrhunderts“. Mit dieser Inbrunst gelesen, gibt es daran auch nicht den geringsten Zweifel. kir
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<b>Isabel Allende: Der Wind kennt meinen Namen. Suhrkamp Verlag, 26 Euro.</b> Die 7-jährige Anita flieht mit ihrer Mutter vor der Gewalt in El Salvador und wird Opfer des US-Grenzregimes. Eine Vorschau auf das Kommende. schl
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<b>Colm Tóibín: Brooklyn. dtv, 12 Euro. </b>„Long Island“ schreibt die Geschichte der Auswanderin Ellis Lacey fort. Auch die Vorgeschichte belegt, was Tóibín ungemein gut kann: Schicksale von innen heraus erzählen. uh
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<b>Sherlock Watson: Das Rätsel um die sechs Napoleons. Der Audio Verlag, 15 Euro.</b> Ein bisschen Eskapismus muss sein. Zum Beispiel mit diesem Fall um einen Banksy-ähnlichen Künstler und eine Szene, in der es nur ums Geld geht. msr
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<b>Ulla Lenze: Das Wohlbefinden. Klett-Cotta, 25 Euro.</b> Auch Rudolf Steiner hat einen Auftritt: In der Geschichte des Mediums Anna Brenner gehen Spiritismus, Wissenschaft und gesellschaftliche Reformbewegungen Hand in Hand. kir
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<b>Miranda July: Auf allen Vieren. Kiepenheuer&Witsch, 25 Euro.</b> Endlich ist ein Buch so gut wie alle sagen: Miranda July fängt das Gefühl ein, windschief im Leben zu stehen, zu hoffen, dass es keiner merkt, und sich ein wildes Wollen zu erlauben. ema
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<b>Neige Sinno: Trauriger Tiger. dtv, 24 Euro.</b> Sinno kreist ihren jahrelangen sexuellen Missbrauch tausendfach ein. Doch das Dunkel besteht fort. Ein ungeheuer wichtiges Buch – in Frankreich ein Bestseller. uh
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<b>Chukwuebuka Ibeh: Wünschen. S. Fischer, 24 Euro.</b> Queere Rechte sind selbst in westlichen Demokratien wieder gefährdet. Umso mehr in Afrika. Der nigerianische Autor erzählt einfühlsam von einem schwulen Coming-of-age. msr
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<b>Thomas Mann: Buddenbrooks. Fischer Taschenbuch, 18 Euro.</b> Und noch ein Tipp zum Jubeljahr des Meisterautors des 20. Jahrhunderts: Wer noch gar nichts gelesen hat – die „Buddenbrooks“ sind der ideale Einstieg in die Mann-Sucht. schl
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<b>Barbara Kingsolver: Demon Copperhead. dtv, 26 Euro.</b> Die Überlebensgeschichte eines Waisenjungen aus dem Hillbilly-Sozial- und Drogensumpf Virginias fesselt mehr als 800 Seiten lang – ungeschönt, bildstark, magisch. uh
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<b>Margaret Atwood, Douglas Preston: Vierzehn Tage. dtv, 25 Euro.</b> 36 amerikanische Autorinnen und Autoren schreiben über New Yorker im Corona-Lockdown – mit einem überraschenden Ende! loj
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<b>Joachim Meyerhoff: Man kann auch in die Höhe fallen. Kiepenheuer Witsch, 26 Euro.</b> Lebensklug, herrlich komisch: Meyerhoff setzt seine geniale autofiktionale Reihe fort. Der Sohn verbringt eine Auszeit bei seiner exzentrischen Mutter. uh
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<b>Thomas Mann: Der Zauberberg. Der Audio Verlag, 26 Euro.</b> Die leicht gekürzte Lesung des Jahrhundertromans, gelesen von Gert Westphal, in einer Neuausgabe aus Anlass des 150. Geburtstags des Autors. spi
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<b>Jörg Fauser: Der Schneemann. Büchergilde Gutenberg, 28 Euro. </b>Diese von Jim Avignon schön bunt illustrierte Ausgabe von Fausers BRD noir könnte ein Grund sein, Mitglied bei der Büchergilde Gutenberg zu werden – im 100. Jahr ihres Bestehens. kir
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<b>Die Werkbundsiedlung am Weißenhof – Raumkunst und Visionen. AV Verlag, 24 Euro. </b>Warum wurde die Weißenhofsiedlung berühmt, bevor die Häuser von Le Corbusier und Co. überhaupt standen, wie wohnt es sich heute da? golo
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<b>Ann Kathrin Ast: Beat. Oktaven, 24 Euro.</b> Das Debüt der Stuttgarter Autorin über einen Musikstudenten auf Abwegen kombiniert Elemente des Künstler-, des Entwicklungs- und des Schauerromans. spi
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<b>Renate Müller-Buck: „… zitternd vor bunter Seligkeit“. Wallstein, 26 Euro.</b> Was man selbst noch in Venedig sucht, wird immer fragwürdiger. Was Friedrich Nietzsche einmal an dem einzigen Ort, den er liebte, empfunden hat, setzt dieses schöne Buch in ein dem Titel gemäßes Licht. kir
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<b>Hans Fallada: Kleiner Mann, was nun? Aufbau, 22,95 Euro. </b>Politische Probleme und eine Kaufhaus-Mentalität mit Verkaufsquoten und Personalberatern bilden in Berlin 1930 eine Angestelltenhölle aus der ein Klima des Neids erwächst. ema
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<b>Arno Geiger: Reise nach Laredo. Gelesen von Matthias Brandt. Hörbuch Hamburg. 26 Euro.</b> Ein sterbender König, der auf einer Traumreise die Essenz des Lebens erkennt. Brandt füllt die zeitlose Tiefe des Meisterwerks mit sanfter Stimme. uh
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<b>Nora Krug: Im Krieg. Penguin, 28 Euro.</b> Eine Ukrainerin und ein Russe schreiben Tagebuch, wie sie den Krieg erleben. Diese bitter-schöne Graphic-Novel bringt beide Seiten zusammen – nur durch den Falz getrennt. kir
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<b>Thomas Mann: Der Zauberberg. Audio Verlag, 26 Euro.</b> ...und noch ein Tipp zum anstehenden TM-Jubiläumsjahr 2025: alle Romane meisterhaft vorgelesen von Gert Westphal, neu aufgelegt. So schafft man es auch auf den „Zauberberg“. schl
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<b>Birgit Haustedt: Das schöne Gegengewicht der Welt. Suhrkamp, 13 Euro. </b>Rainer Maira Rilke und seine poetischen Momente in Venedig – für Fans der Lagunenstadt und des Dichters immer ein schönes Geschenk. loj
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<b>Didier Eribon: Eine Arbeiterin. Suhrkamp, 25 Euro.</b> Einer der führenden Intellektuellen Frankreichs erzählt mit soziologischem Blick das Leben seiner Mutter, die zu ihrem Tod Zwängen von Gesellschaft und Armut unterworfen ist. msr
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<b>Maren Kames: Hasenprosa. Suhrkamp, 25 Euro.</b> Man kann nicht anders, als dieser hakenschlagenden Prosa ins Kaninchenloch der Sprache zu folgen, über Sternenwolken, Seegurken und Opa Erich Anton hinweg. kir
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<b>Lion Feuchtwanger: Erfolg. Aufbau, 18 Euro.</b> Aus gegebenen Anlass: Der Aufstieg des Rupert Kutzner (alias Adolf Hitler), weil die Leute irgendwie unzufrieden sind – und deshalb halt mal was Radikales wählen. msr
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<b>Blaise Pascal: Gedanken. Suhrkamp, 9 Euro.</b> Das Elend der Welt beruhe darauf, dass der Mensch nicht ruhig dasitzen kann: Nicht nur das Wundern über das Phänomen hilft, das desaströse Heute besser zu begreifen. golo
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<b>Nicklas Brendborg: Gewohnheitstiere. Bastei, 24 Euro.</b> Wir wollen so gern den Verlockungen von Fast Food, TikTok und Insta widerstehen. Wie schafft es die Industrie, uns trotzdem wieder reinzuholen? Dieses Sachbuch erklärt es. schl
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<b>Yuval Noah Harari: Nexus. Penguin, 28 Euro.</b> Die Zukunft wird durch KI bestimmt. Aber wie? Dystopische Visionen des Historikers vom Endkampf zwischen Demokratien und autoritären Staaten um Informationsnetzwerke. msr
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<b>Jordan Mechner: Replay. First Second, 30,50 Euro.</b> Der Erfinder des legendären Videospiels „Prince of Persia“ hat die von der Naziverfolgung geprägte Geschichte seiner Familie als Graphic Novel verarbeitet. loj
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<b>Anna Heringer Dominique Gauzin-Müller: Form Follows Love. Birkhäuser, 38 Euro.</b> Dem Genie-Kult der männerdominierten Branche gibt die Architektur-Pionierin Heringer Kontra – was sie mit Liebe baut, macht die Welt besser. uh
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<b>Thomas Mann: Der Zauberberg. Audio Verlag, 26 Euro.</b> Wellness, Selbstfindung und seltsame Russen: 100 Jahre „Zauberberg“ und der Kuraufenthalt Hans Castorps ist aktueller denn je. Gert Westphals Lesung in gekürzter Form. ema
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<b>Charlotte Link: Dunkles Wasser. Blanvalet, 25 Euro.</b> Der fünfte Fall der dissozialen Ermittlerin Kate Linville geht wieder unter die Haut und setzt die Serie am Ende auf einen Neustart. Für Fans eine Pflichtlektüre! loj
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<b>Veith Selk: Demokratiedämmerung. Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, 23 Euro.</b> Eine düstere Zeitdiagnose: Wenn der Politikwissenschaftler an der Uni Darmstadt Recht hat, dann hat die Demokratie ihre besten Zeiten hinter sich. spi
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<b>Felix Lindner: Mit Thomas Mann durch das Jahr. Fischer Taschenbuch, 16 Euro.</b> Kein einziges Bild, dafür Lachtränen im Auge: Für jeden Tag des Jahres ein kurzes Zitat aus Manns Tagebüchern. Das ist herrlich komisch! schl
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<b>Hubert Wetzel: Amerika. Goldmann, 22 Euro.</b> Die Wähler in den Vereinigten Staaten haben Donald Trump wiedergewählt. Warum, ist in Wetzels Buch bereits vor der Wahl erschienenem und noch aktuellem Buch nachzulesen. loj
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<b>Jean-Philippe Toussaint: Das Schachbrett. Frankfurter Verlagsanstalt, 24 Euro.</b> Das Schachbrettmuster auf dem Boden seiner Schule ist Ausgangspunkt für lakonisch formulierte Gedanken über Spiel, Liebe und ja, den Tod. golo
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<b>Uwe Wittstock: Marseille 1940. DAV, 26 Euro.</b> Die Fortsetzung von „Februar 1933“ über die Flucht der deutschen Schriftsteller aus dem besetzten Frankreich ist als Audio-Version besonders eindringlich. loj
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<b>Richard Sennett: Der darstellende Mensch. Hanser Berlin, 32 Euro.</b> Soziologe Richard Sennett glaubt an nonverbale Kommunikation: Im Internet werden Zuschauer zunehmend zu Gefangenen der Darsteller. ema
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<b>Nina Freudenberger, Chris Mottalini: Mountain Houses. Prestel Verlag, 50 Euro.</b> Weltfluchtgedanken angesichts der derzeitigen Lage? Architektonisch beeindruckende Rückzugsorte in der Natur bewundern, ist hier machbar. golo
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<b>Helmut Newton: Berlin, Berlin. Taschen, 50 Euro.</b> 1932 kauft der zwölfjährige Helmut Neustädter in Berlin eine Boxkamera, schießt Bilder, muss dann fliehen. Aus ihm wird Helmut Newton. Wie prägte ihn seine Geburtsstadt? ema
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<b>Mathias Énard: Tanz des Verrats. Hanser Berlin, 25 Euro.</b> Erzählt werden zwei Geschichten, die sich ineinander spiegeln: ein Deserteur sucht eine Zukunft jenseits des Krieges, ein KZ-Häftling überlebt durch seine Liebe zur Mathematik. spi
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<b>Architekturen des Überlebens. Natalia Romik. Hatje Cantz, 34 Euro.</b> Die Künstlerin Natalia Romik hat Orte gesucht, die jüdischen Menschen als Versteck vor den Nationalsozialisten gedient haben. golo
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<b>Gunnar Hindrichs: Abseits des Krieges. C. H. Beck, 16 Euro.</b> Der an der Universität Basel lehrende Philosoph unternimmt in seinem Essay eine zeitlos aktuelle Dekonstruktion aller gängigen Rechtfertigungen des Krieges. spi