Hannes Jaenike im TV-Einsatz für Meeresschildkröten

Der Mensch, dein Feind

Hannes Jaenicke macht sich zum 14. Mal für bedrohte Tierarten stark – diesmal ist er in der ZDF-Reihe „Im Einsatz für Meeresschildkröten“ unterwegs.

Hannes Jaenickes Tonfall ist in derSchildkröten-Folge scharf.

© dpa/Markus Strobel

Hannes Jaenickes Tonfall ist in derSchildkröten-Folge scharf.

Von Tilmann Gangloff

Angesichts von vierzehn Dokumentationen über bedrohte Tierarten liegt die Frage nahe: Gibt es eine Art, die Hannes Jaenicke besonders ans Herz gewachsen ist? Die diplomatische Antwort des Schauspielers: „Meine Lieblingstierart ist immer die, über die wir gerade unsere Filme machen“ – zur Zeit also Meeresschildkröten. Jaenicke hat mittlerweile mehr Auszeichnungen für sein ökologisches Engagement als für seinen Brotberuf bekommen. Die stets in Zusammenarbeit mit Eva-Maria Gfirtner und Judith Adlhoch (Buch und Regie) entstandenen Beiträge für die ZDF-Reihe „Im Einsatz für…“ (Eisbären, Elefanten, Delfine, Wölfe und mehr) sind dank seiner Mitwirkung als Plädoyer für Umwelt- und Naturschutz höchstwahrscheinlich effektiver als alle Broschüren und Appelle.

Im vergangenen Jahr hat Jaenicke gemeinsam mit dem Journalisten Fred Sellin in dem Buch „Die große Sauerei“ aufgedeckt, „wie Agrarlobby und Lebensmittelindustrie uns belügen und betrügen“. Die Ausführungen sind geprägt von einem fast schon heiligen Zorn. Auch der Tonfall der Reihe hat sich verändert, zumal seit dem ersten Film über die Orang-Utans 15 Jahre vergangen sind. Seither hat sich die Lage drastisch verschärft. Deshalb wandelt sich der Film über die Meeresschildkröten schließlich in eine Anklage gegen die Wirtschaft und ihre „gut geölte Plastiklobby“ und gegen die Politik: weil sie nicht verhindere, dass immer mehr Plastik hergestellt wird, das in die Meere gelangt, wo es sich zersetzt, von Fischen gefressen wird und schließlich auf unserem Teller landet. Zu den Stationen, die Jaenicke im Film aufsucht, gehört ein Labor in Florida, das sich auf die Erforschung einer rätselhaften Schildkrötenkrankheit spezialisiert hat. Es handelt sich um eine durch Viren verursachte Krebserkrankung. Die von Wucherungen übersäten Körper der Tiere sind kein schöner Anblick, aber die Reihe ist bekannt dafür, auch grausige Bilder zu zeigen. Eine düster verfremdete Collage, die unter anderem einen Menschen mit Mund/Nasenschutz zeigt, weckt Assoziationen zur Corona-Pandemie, auf die auch Jaenickes Kommentar anspielt: „Krankheiten, die sich in einem gestörten Klima ausbreiten, Viren, die sich unkontrolliert vermehren: Kommt uns das nicht bekannt vor?“ Mit der Frage, ob wir die Nächsten seien, sind Film und „Presenter“ beim eigentlichen Thema: „Wann verstehen wir endlich, dass alles, was wir unseren Mitlebewesen antun, wir uns am Ende selbst antun?!“

Unvergessliche Erlebnisse

Die Meeresschildkröten sind also im Grunde Zeugen der Anklage. Letztlich soll der Film dem Publikum klar machen, was tatsächlich auf dem Spiel steht: „unser eigenes Artensterben“. Deshalb geht es zwar in erster Linie um die Tiere, aber stets mit Bezug auf ihren Feind, den Menschen. Ein Video der Meeresbiologin Christiane Figgener, die seit 15 Jahren das Leben der Schildkröten vor der Küste Costa Ricas erforscht, hatte einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Diskussion über das Verbot von Plastikstrohhalmen: Der millionenfach aufgerufene kurze Film zeigt, wie sie eine Meeresschildkröte von einem Strohhalm befreit, der tief im Nasenloch des Tiers steckt.

Natürlich bieten Jaenicke, Gfirtner und Adlhoch neben anschaulichen Grafiken etwa über die Evolution dieser Meeresbewohner auch die zu erwartenden Bilder: frisch geschlüpfte Kröten, die über den Strand Richtung Meer wuseln, und eindrucksvolle Unterwasseraufnahmen der scheinbar tiefenentspannt und majestätisch dahin gleitenden Tiere. Einem sehr seltenen Exemplar ist Jaenicke beim Tauchen begegnet; ein garantiert unvergessliches Erlebnis. Kein Wunder, dass er den Film mit Zuversicht beenden wollte: Wenn die Wende jetzt gelinge, sagt der renommierte Ozeanograf Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung mit hoffnungsvollem Blick auf exponentiell wachsende Lösungen, dann sei dies „gerade noch rechtzeitig“.

Hannes Jaenicke: Im Einsatz für Meeresschildkröten: An diesem Dienstag, 9.5., um 22.15 Uhr im ZDF, ab sofort in der ZDF-Mediathek

Zum Artikel

Erstellt:
9. Mai 2023, 12:32 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen