Die Füenf begeistern im Backnanger Bürgerhaus
Das Quintett gastiert auf Abschiedstournee im restlos ausverkauften Haus. Die fünf völlig verschiedenen Einzelstimmen verschmelzen nicht nur akustisch zu einem Erlebnis. Vielmehr sorgt auch die perfekt ausgeleuchtete Bühnenshow mit vielen witzigen Tanzeinlagen und feinstem Wortwitz für zahlreiche Lacher.
Von Marina Heidrich
Backnang. Vor drei Jahren feierten Füenf in Backnang ein Vierteljahrhundert Bühnenpräsenz. Unter ungewöhnlichen Umständen: Mitten in der Pandemie wagte sich das Quintett – als einer der ersten Unterhaltungsacts überhaupt – auf die improvisierte Bühne im temporären Autokino auf dem Etzwiesenparkplatz. Ein Experiment, das die Jungs damals bravourös meisterten.
Drei Jahre später: Füenf stehen auf der Bühne im restlos ausverkauften Backnanger Bürgerhaus. Diesmal zeigen sie ihre Show nicht vor Windschutzscheiben, sondern Auge in Auge mit einem Publikum, das bereits ab dem ersten Ton begeistert dabei ist. Ein kleiner Wermutstropfen: Füenf sind auf ihrer Abschiedstournee. Nach über 28 Jahren und 13 Alben soll Schluss sein. Gut, es dauert noch bis Ende September 2024, bevor im Theaterhaus Stuttgart die finale Klappe fällt, aber der Auftritt am Freitagabend ist definitiv der letzte in Backnang. In Backnang startete die Band 1995 auch durch, im Nögge-Theater. Dort sah Wolle Kriwanek die Jungs und war begeistert. Die drei Gründungsmitglieder Christian Langer (Justice), Jens Heckermann (Pelvis) und Patrick Bopp (Memphis) bilden mit Kai Podack (Little Joe) und Francesco Cagnetta (Dottore Basso) ein einzigartiges Konglomerat, das unter den A-cappella-Gruppen herausragt. Fünf völlig verschiedene und hervorragende Einzelstimmen verschmelzen nicht nur akustisch zu einem Erlebnis. Auch die perfekt ausgeleuchtete Bühnenshow mit ironischen Tanzeinlagen und Wortwitz sorgt für Lacher, Musikcomedy vom Feinsten. Im Bürgerhaus präsentieren Füenf einen Querschnitt aus den vergangenen 25 Jahren und beziehen das Publikum mit ein. Sozusagen ein interaktives Konzert. Textsicher sind die Zuhörer schon beim allerersten Lied stimmlich dabei: „Sojabohnen! Grünkern! Brokkoli!“ ertönt aus den Zuschauerreihen das Echo beim Ernährungs-Medley. Der German Cha-Cha-Cha nimmt Aussprachesünden deutscher Touristen wie „Tschianti“ und „Gnotschi“ auf die Schippe, die leidenschaftliche Liebesbeziehung zu einem Thermomix oder das denglisch gekauderwelschte „Umdrehn brinx nix“ sind zum Niederknien komisch-schön. Echte Fiestastimmung kommt beim ultimativen Sommerhit „Aeroporte Seguridad“ auf, das Publikum lässt nach der Aufforderung von Pelvis den inneren Spanier in sich frei und beteiligt sich stehend und unter temperamentvollen „Ai-ai-ai!“-Rufen an der Choreografie. Und natürlich ist es in Backnang fast eine Selbstverständlichkeit, dass so gut wie jeder der Anwesenden bei Wolle Kriwaneks „I han a Ufo gseh“ und „Stroßaboh“ den kompletten Text kennt. Memphis, Pelvis und Justice bieten dem Publikum jeder je zwei Lieblingslieder zur Auswahl an; der Applaus legt fest, welches dann gesungen wird. Zwischendurch wird es kurz ernst, als Christian Langer um eine Spende in die Sammelbüchse am Ausgang bittet. Füenf engagieren sich seit über acht Jahren als Botschafter für Brot für die Welt und unterstützen unter dem Motto „Gitarren statt Gewehre“ ein Projekt im Kongo. Hier erhalten Straßenkinder und ehemalige Kindersoldaten eine zweite Chance durch eine qualifizierende Berufsausbildung im Instrumentenbau.
Noch vor Ablauf der Pausenzeit strömt das Publikum schon wieder in den Walter-Baumgärtner-Saal zurück; die Leute können den Beginn des zweiten Programmteils kaum erwarten. In völliger Dunkelheit kehren Füenf auf die Bühne zurück, dunkelblaues Licht sorgt für eine feierlich-düstere Stimmung. Ein mehrstimmiges Madrigal in bester Renaissancemanier ertönt – und entpuppt sich als „Sex bomb“ von Tom Jones. Eigentlich gibt es kaum ein Thema, zu dem Füenf nichts einfallen würde. Über eine höllisch groovende Beatbox von Little Joe performt Justice den Text „Neurodermitis“. Dottore Bassos sonore Stimme verleiht dem Titel „Siggi“, einem Cover von Falcos „Jeanny“, trotz des witzigen Texts absolutes Gänsehautfeeling, während seine Kollegen stimmlich einen Hintergrund von unglaublicher Dynamik schaffen. Der fiktive größte Hit von Patrick Lindner sorgt für Lachanfälle. Mit einem „Prost, Backnang!“ und einem Medley, das gleich 15 verschiedene Alkoholika in genauso vielen Liedern thematisiert, verabschieden sich Füenf. Allerdings nur kurz – denn ohne zwei Zugaben, die sich das Publikum mit stehenden Ovationen und unter lautem Trampeln erklatscht, können die fünf Künstler nicht von der Bühne. Und so kommen die Zuhörer noch einmal live in den Genuss der bei der SWR-Hitparade stets hoch platzierten Schwabenhymne „Mir im Süden“, bevor das Horst-Medley definitiv einen Schlusspunkt unter einen sensationell gelungenen Abend setzt.